Die Papa - Liste - Väter & Karriere
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Kapitel A 5.1: Erwachsene erinnern sich an ihren Vater<br />
Tanja Dückers<br />
„Der längste Tag des<br />
Jahres“<br />
Aufbau-Verlag<br />
ISBN:<br />
978-3-351-03068-1<br />
D: 18,90 €<br />
A: 19,50 €<br />
34,30 sFr<br />
Fünf erwachsene Geschwister erinnern sich an ihren Vater, dessen Todesnachricht<br />
sie gerade erhalten haben. In jedem Kapitel beschreibt die<br />
Autorin die Situation, in der die beiden Töchter und die drei Söhne vom<br />
Tod ihres 62-jährigen Vaters erfahren. So unterschiedlich die Geschwister<br />
leben – vom „braven Familienleben mit Kindern“ bis zum Aussteiger, der<br />
als alleinerziehender Vater in der Wüste lebt – entsteht ein faszinierendes<br />
Familienportrait. Der Vater Paul Kadereit hatte in der Wirtschaftswunderzeit<br />
eine Zoohandlung mit Reptilien aufgebaut, die er schließlich wegen Insolvents<br />
schließen mußte. Am Todestag erinnern sich die Erwachsenen an<br />
die Eigenarten ihres Familienoberhauptes, der alle seine Energie in das<br />
Geschäft und in seine Bienenzucht steckte. <strong>Die</strong> inzwischen erwachsenen<br />
Kinder erinnern sich an den fernen Vater, von dem es jetzt Abschied zu<br />
nehmen gilt. Lediglich einen Sohn, den Jüngsten, erreicht die Nachricht<br />
erst zwei Monate später in der Mojawe-Wüste in Kalifornien. Gerade als<br />
der alleinerziehende Vater eines siebenjährigen Sohnes wieder Kontakt zu<br />
seiner Familie aufnehmen wollte, bekommt er von seiner Mutter die Todesanzeige<br />
und einen Brief mit Familienfotos.<br />
Ein schönes kleines Buch für die Generation zwischen eigenen Kindern<br />
und den alternden Eltern. Durch die Perspektive der fünf Kinder gelingt es<br />
der Autorin, für Erwachsene einen differenzierten Zugang zum Thema „Erinnerung<br />
an den eigenen Vater“ zu finden. <strong>Die</strong> unterschiedlichen Lebensumstände<br />
und Situationen der Fünf und ihre Empfindungen sensibilisieren<br />
die mittlere Generation für ihren individuellen Umgang mit Tod und Trauer<br />
in der eigenen Familie. Wir haben diese 200 Seiten im Urlaub mit großem<br />
Interesse gelesen und der eigenen Beziehung zum Vater bzw. zum<br />
Schwiegervater gedanklich nachgespürt. Als mein Vater vor acht Jahren<br />
starb, lebte mein Bruder in Südafrika, ich konnte erst einige Tage nach der<br />
Trauerfeier mit ihm telefonieren. Sehr lesenswert, meint CMS.<br />
Peter Härtling<br />
„Nachgetragene<br />
Liebe“<br />
Dtv<br />
ISBN:<br />
978-3-423-11827-9<br />
D: 8,50 €<br />
A: 8,80 €<br />
15,20 sFr<br />
"Zwischen meiner Geburt<br />
(1933) und dem<br />
Tod meines Vaters am<br />
21. Juli 1945 lagen 12<br />
Jahre. Es blieb uns wenig<br />
Zeit".<br />
Der Schriftsteller Peter Härtling schrieb diese autobiographische, zeitgeschichtlich<br />
aufschlußreiche Erzählung, die in seine Kindheit, Familie und<br />
Heimat zurückführt, um Gestalt und Wesensart des früh verstorbenen Vaters<br />
wiederzufinden. Was zu Lebzeiten nicht möglich war, wird hier - die<br />
Vergangenheit vergegenwärtigend - mit begreifender Liebe nachgetragen.<br />
Ich habe zu diesem Taschenbuch für lesegewohnte Erwachsene eine<br />
Gastrezension von Lothar Hitzges aus Schweich gefunden:<br />
„In unseren Köpfen sammelte sich Unrat; wir meinten, es sei die Welt.",<br />
schreibt der Autor zu dem was Hitlerdeutschland ihm in seiner Jugend<br />
vermittelte. Das Buch mit den Schilderungen eines zehnjährigen Jungen,<br />
der mit seiner Familie, aber insbesondere mit seinem Vater hadert, ist ergreifend.<br />
Während die Familie, akademisch gebildet und unbeeindruckt<br />
von der damaligen Propaganda, ein schweres Leben in Mähren führt, erfährt<br />
der Junge eine demagogische Gehirnwäsche in Schule und von<br />
gleichaltrigen Kameraden. Was kann es schöneres geben, als im Knabenalter<br />
Krieg zu spielen, ein Held zu sein und zu den Siegern zu gehören.<br />
<strong>Die</strong>s ist für einen jungen Heranwachsenden eine sehr große Versuchung.<br />
<strong>Die</strong> Entzweiung mit der Familie, in der es möglicherweise sogar Verschwörer<br />
gegen alles gibt, was ihm jetzt heilig ist, ist somit vorprogrammiert.<br />
<strong>Die</strong> Entfremdung des Kindes zum Vaters schmerzt nicht nur den Autor<br />
sehr. Besonders auch deshalb, weil der allzu frühe Tode des Vaters, eine<br />
Korrektur, eine Aufarbeitung nicht mehr zulässt. Deshalb kann es vermutlich<br />
zu diesem bemerkenswerten Buch. Eine Annäherung an einen Vater<br />
mit den Augen eines inzwischen erwachsen gewordenen Sohnes. Eines<br />
Sohnes, der die Welt nun aus dem richtigen Blickwinkel zu betrachten gelernt<br />
hat und der etwas sein möchte, was ein verführerisches System unterband,<br />
nämlich Sohn.