Die gesamte Ausgabe 1/2010 als pdf-Datei - Senioren Zeitschrift ...
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Früher und Heute<br />
Zum 100.Todestag von<br />
54 SZ 1/<strong>2010</strong><br />
Leopold Sonnemann<br />
Als Leopold Sonnemann, der am 30. Oktober 1909<br />
starb, auf dem jüdischen Friedhof an der Rat-Beil-<br />
Straße in Frankfurt am Main beerdigt wurde, sprach<br />
kein offizieller Vertreter der Stadt. Angesichts Sonnemanns<br />
vielseitigem und nachhaltigem Wirken scheint dies erstaunlich,<br />
fast unverständlich. Auch die Nachwelt war sich seiner<br />
im Wesentlichen nur <strong>als</strong> Gründer der „Frankfurter Zeitung“<br />
bewusst. Immerhin wurde eine Straße nach ihm benannt.<br />
Aus Anlass des 100. Todestags erinnert jetzt eine eindrucksvolle<br />
Ausstellung im Historischen Museum an Leopold Sonnemann:<br />
an sein Leben, an das breite Spektrum seines Wirkens<br />
für die Stadt, an den Mentor des modernen Frankfurt.<br />
Leopold Sonnemann wurde am 29. Oktober 1831 in Höchberg<br />
bei Würzburg geboren. Ausschreitungen gegen Juden<br />
in Höchberg und restriktive Maßnahmen Bayerns veranlassten<br />
seinen Vater, Baumwollweber Meyer Sonnemann, mit<br />
seiner Familie auszuwandern. 1840 zog er nach Offenbach,<br />
wo freie Niederlassung und Ausübung des Gewerbes erlaubt<br />
waren, übernahm aber in Frankfurt, dem Wirtschaftszentrum,<br />
die Tuchhandlung S. H. Strauß und Söhne. Leopold<br />
Anzeige<br />
Leopold Sonnemann um 1870,<br />
Frankfurter Societäts Druckerei.<br />
Foto: Horst Ziegenfusz<br />
Sonnemann wuchs in<br />
einem streng religiösen<br />
Elternhaus auf. Er musste<br />
seit 1845 im väterlichen<br />
Geschäft mitarbeiten, daher<br />
sich selbst weiterbilden und<br />
bis zum Umzug der Familie 1849<br />
nach Frankfurt täglich zu Fuß zwischen beiden Städten pendeln.<br />
<strong>Die</strong> Nationalversammlung 1848/49 prägte sein gesellschaftspolitisches<br />
Weltbild.<br />
1853 übernahm Leopold Sonnemann, inzwischen Frankfurter<br />
Bürger, mit seinem Schwager das väterliche Geschäft<br />
und wandelte es in ein Bankunternehmen um. Das führte<br />
ihn zusammen mit Heinrich Bernhard Rosenthal 1856<br />
zur Gründung des „Frankfurter Geschäftsberichts“, aus<br />
dem bald die „Frankfurter Handelszeitung“, 1859 die „Neue<br />
Frankfurter Zeitung“ mit nun auch politischen Kommentaren<br />
und letztendlich 1866 die „Frankfurter Zeitung<br />
und Handelszeitung“ hervorgingen. Außerdem gründete<br />
Sonnemann die – heute noch bestehende – Frankfurter<br />
Societäts-Druckerei.<br />
Frankfurter Bürger<br />
Leopold Sonnemann machte die „Frankfurter Zeitung“<br />
zur führenden liberalen, durchaus einflussreichen und meinungsbildenden<br />
Tageszeitung. Sonnemann hatte das Prinzip<br />
der „kollegialen Redaktion“ ohne Chefredakteur eingeführt.<br />
In seinem Sinne führten seine Enkel, Heinrich und<br />
Kurt Simon, die Zeitung weiter. Sie waren Söhne seines einzigen<br />
Kindes, der Tochter Therese. 1934 mussten sie ihrer<br />
jüdischen Herkunft wegen emigrieren. 1943 musste die<br />
Frankfurter Zeitung auf Anweisung der Reichsregierung ihr<br />
Erscheinen einstellen.<br />
Antipreußisch und radikal demokratisch<br />
<strong>Die</strong> antipreußische und radikal demokratische Ausrichtung<br />
hatten Sonnemann und der „Frankfurter Zeitung“<br />
immer wieder Verbote, Inhaftierungen und Prozesse eingebracht.<br />
1866 waren die Sonnemanns nach Stuttgart geflohen.<br />
Auch antisemitischen Angriffen waren sie ausgesetzt.<br />
Sonnemanns politische Tätigkeit begann 1859 mit der<br />
Beteiligung an der Gründung des Nationalvereins und an<br />
der Arbeiterbewegung. 1868 gehörte er zu den Gründern der<br />
demokratischen Deutschen Volkspartei. Von 1871 bis 1884<br />
mit kurzer Unterbrechung hatte er das Frankfurter Mandat<br />
im deutschen Reichstag inne. Als Mitglied der Frankfurter<br />
Stadtverordnetenversammlung 1869 bis 1880 und 1887 bis<br />
1904 war Leopold Sonnemann an kommunalpolitischen Entscheidungen<br />
auf dem Weg Frankfurts zur modernen Großstadt<br />
in nahezu allen Bereichen, von der Wirtschaft und dem<br />
Verkehr über die Kultur bis zum Sozialen, maßgeblich