Die gesamte Ausgabe 1/2010 als pdf-Datei - Senioren Zeitschrift ...
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Stadtplaner „Nahversorgung” heißt, im<br />
Kuhwald so ähnlich wie einst auf der<br />
Arche Noah der biblischen Legende. Von<br />
jeder Art sind ein oder zwei Exemplare<br />
vorhanden. So gibt es zum Beispiel<br />
einen Metzger, zwei Ärzte und einen<br />
Rechtsanwalt. Vor kurzem zog auch<br />
wieder ein Friseursalon hierher und<br />
gelischen Dreifaltigkeitsgemeinde katholische St. Pius Kirche Kuhwald-Apotheke Fotos (4): Christ<br />
3 Fragen<br />
Zusammen mit seiner Ehefrau betreibt<br />
Vehbi Koc seit rund zwei Jahren<br />
die Nahkauf-Filiale an der Friedrich-<br />
Naumann Straße. Der 39-Jährige<br />
führt damit die Geschäfte des einzigen<br />
Supermarkts der Siedlung. Unter<br />
seinen Kunden sind viele ältere<br />
Bewohner.<br />
SZ: <strong>Die</strong> Kuhwaldsiedlung scheint<br />
nicht gerade ein Traumstandort für<br />
Geschäftsleute zu sein. Warum sind<br />
Sie hergekommen?<br />
Liebe auf den<br />
zweiten Blick<br />
an: Vehbi Koc<br />
Erst kam die Liebe auf den zweiten<br />
Blick, dann schlug der Zufall zu. So ist<br />
Ute Pies an jenen Ort gekommen, den<br />
die heute 59-jährige am liebsten nicht<br />
mehr verlassen will. Dass es ihr einmal<br />
mit der Kuhwaldsiedlung so ergehen<br />
könnte, das dürfte die angehende Apothekerin<br />
kaum geahnt haben, <strong>als</strong> sie<br />
von Neustadt an der Weinstraße nach<br />
Frankfurt am Main reiste. Das Pharmaziestudium<br />
allein war der Grund für<br />
den Umzug ins Hessische. „Frankfurt<br />
ist eben eine Stadt auf den zweiten<br />
Blick“, sagt Pies. Dass sich gleich nach<br />
dem Studium die Möglichkeit ergab, zu<br />
die Apotheke ist längst eine Institution<br />
im Quartier.<br />
Und auch wenn die Verhandlungen<br />
über die Verlängerung von deren Mietvertrag<br />
noch laufen, ist Anneliese<br />
Scheurich zuversichtlich. Schließlich<br />
kennt sie nicht nur die Schlagkraft<br />
ihres eigenen Kampfgeistes. „Das Gute<br />
Vehbi Koc: Wir haben lange nach<br />
einem passenden Geschäft gesucht.<br />
Und wir fanden gut, was man uns<br />
hier angeboten hat. Für uns ist der<br />
Standort optimal. <strong>Die</strong> Messe ist in der<br />
Nähe, und in der Siedlung gibt es für<br />
uns keine Konkurrenz.<br />
SZ: Was bekommen Sie vom Alltag der<br />
Älteren im Kuhwald mit?<br />
Vehbi Koc: Das sind sehr sympathische<br />
Leute. Und hier ist es wie in<br />
einem kleinen Dorf. Viele, die zu uns<br />
kommen, benutzen eine Gehhilfe. In<br />
dem Fall sind wir behilflich, wenn<br />
jemand an irgendetwas in den<br />
Regalen nicht herankommt.<br />
bleiben, war Zufall. Was die frisch diplomierte<br />
Pharmazeutin dann auf die<br />
Beine stellte, das Produkt von Anstrengung<br />
und Können: Auf eigene Faust<br />
baute sie das frei gewordene Ladenlokal<br />
hinter der kleinen Einkaufszeile<br />
um. Vorher beherbergten die Geschäftsräume<br />
ein kleines Kaufhaus.<br />
Seitdem hält die Apothekerin hier die<br />
Geschäfte am Laufen. Aus der Apotheke<br />
ist eine Institution geworden. Pies kennt<br />
ihre Kundschaft mit Namen. Natürlich<br />
kommen viele <strong>Senioren</strong>. Das ist einer der<br />
Gründe, warum sie noch nie ernsthaft<br />
ans Wegziehen gedacht hat. Oder es trugen<br />
Erfahrungen, wie diese dazu bei:<br />
Eine Zeitlang hatte die Geschäftsfrau<br />
einem Kollegen in einer Durchgangs-<br />
an den Leuten hier ist: Sie belassen es<br />
nicht beim Schimpfen, sondern, wenn<br />
es ernst wird, sind sie auch bereit,<br />
etwas zu tun.” Sie sagt das, ohne zu<br />
lächeln. <strong>Die</strong> kleine Ein-Kilometer-Siedlung<br />
mit den ehrgeizigen Nachbarstadtteilen,<br />
sie ist eben tatsächlich: ein gallisches<br />
Dorf. Katrin Mathias<br />
SZ: Brauchen ältere Kunden einen<br />
anderen Service, <strong>als</strong> die jüngeren?<br />
Vehbi Koc: <strong>Die</strong> älteren Leute hier<br />
im Kuhwald sind traurig darüber,<br />
dass die Postfiliale weg ist. Für sie<br />
ist es besonders umständlich, bis<br />
zur nächsten Filiale zu gelangen.<br />
Deshalb bieten wir im Laden auch<br />
Briefmarken an. Außerdem gibt es<br />
einen Lieferservice und, falls<br />
Wünsche nach Produkten auftauchen,<br />
die wir nicht im Sortiment<br />
haben, versuchen wir diese auch zu<br />
erfüllen, durch Bestellungen oder<br />
einzelne Zukäufe bei Metro.<br />
Katrin Mathias<br />
apotheke ausgeholfen. Das war nichts<br />
für sie. <strong>Die</strong> Hektik, das Anonyme. Damit<br />
es nicht langweilig wird, dafür ist in der<br />
Kuhwaldapotheke genügend los. Seit<br />
einiger Zeit sieht man auch neue Gesichter,<br />
die zu den neuen Nachbarn am<br />
Rebstockpark gehören. Dazu kommt die<br />
Laufkundschaft zu Messezeiten.<br />
Und was sich sonst geändert hat in all<br />
den Jahren? Nicht viel, so die Chefin der<br />
Traditionsapotheke. „Hier sieht es noch<br />
genauso aus, wie dam<strong>als</strong>, <strong>als</strong> ich hier<br />
angefangen habe“, sagt sie, „nur dass<br />
die Häuser dam<strong>als</strong> grauer waren.“ Und<br />
so scheint durch die Sanierungsaktivitäten<br />
der Wohnungsbaugesellschaften<br />
auch der letzte Grund, hier wegzuziehen,<br />
Geschichte. Katrin Mathias<br />
SZ 1/<strong>2010</strong><br />
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