Die gesamte Ausgabe 1/2010 als pdf-Datei - Senioren Zeitschrift ...
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Titel: Ältere Menschen im modernen Frankfurt<br />
Mehrfamilienhäuser kennt jeder.<br />
Jetzt entstehen auch Mehrgenerationenhäuser.Einrichtungen,<br />
in denen Menschen verschiedenen<br />
Alters Angebote finden und sich gegenseitig<br />
helfen. 500 Projekte fördert der<br />
Bund fünf Jahre lang mit 40.000 Euro<br />
pro Jahr. In Hessen gibt es 28 Mehrgenerationenhäuser<br />
– je eins in allen Landkreisen<br />
und kreisfreien Städten. Beispiel<br />
Eschborn im Main-Taunus-Kreis.<br />
Das Herzstück des Hauses ist das Café<br />
Vis-À-Vis. In einer von Bürotürmen<br />
geprägten Stadt mit 20.000 Einwohnern<br />
und 30.000 Pendlern, in der es<br />
außer einer Eisdiele kein Café mehr<br />
gibt, erfüllt das Vis-À-Vis seit Herbst<br />
2008 eine doppelte Funktion: Das Café<br />
ist Treffpunkt für die Bürger der Stadt<br />
und zugleich der Generationen. Ein<br />
Begegnungsort für alle, mitten an der<br />
Hauptstraße gelegen, in einer umgebauten<br />
Pfarrscheuer und behindertengerecht<br />
zugänglich. In einer Ecke des<br />
hellen Raumes sitzen Kinder auf einem<br />
Teppich und spielen, ein ehrenamtliches<br />
Team kümmert sich um die Gäste.<br />
„Hier treffen <strong>Senioren</strong>, die bei uns Englisch<br />
lernen, beispielsweise auf Mütter,<br />
die bei uns einen Babytreff besuchen“,<br />
beschreibt Beate Baum-Dill den generationsübergreifenden<br />
Moment. Es kommt<br />
zum Austausch und gegenseitigem<br />
Kennenlernen.<br />
Das Café sei stets gut besucht, sagt die<br />
Leiterin des Anfang 2008 eröffneten<br />
Mehrgenerationenhauses. Zugleich sei<br />
es Türöffner für weitere Aktivitäten:<br />
Yoga, Sprachkurse, Internetcafé, <strong>Senioren</strong>nachmittag<br />
und eine Ausbildung<br />
zum <strong>Senioren</strong>helfer, der pflegende Angehörige<br />
entlastet, umfasst das breit<br />
gefächerte Programm für <strong>Senioren</strong>.<br />
Angebote, die die evangelische Kirchengemeinde<br />
und die Evangelische<br />
Familienbildung <strong>als</strong> Träger von Anfang<br />
an mit in das Haus einbrachten. „Manche<br />
<strong>Senioren</strong> suchen den Kontakt zu anderen<br />
und Anregungen für ihre Freizeit“,<br />
beobachtet Baum-Dill.<br />
Das Mehrgenerationenhaus bietet<br />
aber noch mehr. Es fördert den Austausch<br />
und das Miteinander zwischen<br />
Jung und Alt. Etwa bei gemeinsamen<br />
Ausflügen sowie eingerichteten Mittagstischen.<br />
Oder beim Mehrgenerationenspaß:<br />
„Dabei haben <strong>Senioren</strong> die<br />
Gelegenheit, gemeinsam mit Kindern<br />
6 SZ 1/<strong>2010</strong><br />
Foto: Oeser<br />
Begegnungsort für alle<br />
Im Mehrgenerationenhaus in Eschborn sollen Kontakte zwischen Jung und Alt gefördert werden.<br />
kreativ zu werden oder ihr Wissen weiterzugeben,<br />
beispielsweise wie man Getreidesträuße<br />
bindet“, erläutert Baum-<br />
Dill. Das Angebot richtet sich an alle<br />
Menschen, die ganz unabhängig von<br />
ihrem Alter Freude am gemeinsamen<br />
Erleben und Tun haben und „wird sehr<br />
gut angenommen“.<br />
Nicht alle Versuche, Generationen<br />
zusammen zu bringen, klappen auf Anhieb.<br />
„Gerade in den vielen jungen<br />
Familien, die in Eschborn leben, gibt es<br />
einen riesigen Bedarf an Ersatz-Großeltern“,<br />
beobachtet die Leiterin. Allerdings<br />
gäbe es bei Älteren eine gewisse<br />
Hemmschwelle. Versuche, Junge und<br />
Alte bei einem zweimal im Jahr stattfindenden<br />
Großeltern-Enkel-Rendezvous<br />
im Mehrgenerationenhaus zusammenzubringen,<br />
waren bislang nicht von<br />
großem Erfolg gekrönt. Es kamen nur<br />
wenige <strong>Senioren</strong>. Manche schreckten<br />
vor der Vorstellung der Verantwortung<br />
zurück. Andere hätten selbst Enkelkinder<br />
oder einfach andere Interessen.<br />
Gleichzeitig würden die „jüngeren Alten“<br />
mit Angeboten regelrecht überschüttet.<br />
Zeit für Kinder bliebe da nicht.<br />
Doch Beate Baum-Dill gibt nicht so<br />
schnell auf und hegt weitere Pläne, wie<br />
sie stete Kontakte zwischen Jungen<br />
und Alten vermitteln und fördern kann.<br />
„Das Ziel des Mehrgenerationenhauses,<br />
sich gegenseitig im Alltag zu helfen wie<br />
in einer Großfamilie, ist sehr hochgesteckt.<br />
Es braucht viel Zeit um so wahrgenommen<br />
zu werden.“<br />
Einen etwas anderen Schwerpunkt verfolgt<br />
Frankfurts Mehrgenerationenhaus,<br />
das vom Verein „Kinder im Zentrum<br />
Gallus“ (KIZ) 2007 gegründet wurde.<br />
Der Verein, der vor 30 Jahren von spanischen<br />
Migranten und Studierenden<br />
der Goethe-Universität Frankfurt am<br />
Main initiiert wurde, setzt sich seit vielen<br />
Jahren besonders dafür ein, die<br />
Bildungschancen der Kinder von<br />
Zuwanderern zu verbessern.<br />
In einem Stadtteil wie dem Gallus, in<br />
dem rund die Hälfte der Bewohner<br />
Migranten sind, ist es kein Wunder,<br />
dass sich das Mehrgenerationenhaus in<br />
der Idsteiner Straße vor allem für die<br />
Integration der Bewohner im Stadtteil<br />
einsetzt. So wird der Schulstart von<br />
Kindern durch Ausflüge und Info-Veranstaltungen<br />
gefördert, erhalten Frauen,<br />
die sich selbstständig machen wollen,<br />
Unterstützung, gibt eine Frau Nähkurse,<br />
während die Kinder in der Kita<br />
des Hauses gut versorgt werden. Schließlich<br />
erhalten die Menschen im Gallus in<br />
einem Familienrestaurant günstiges<br />
und gesundes Essen.<br />
Geplant sind demnächst auch Angebote<br />
für <strong>Senioren</strong> und Tagespflegeplätze<br />
für ältere Migranten. Ein erster Schritt<br />
ist bereits getan: <strong>Die</strong> Beratungs- und<br />
Vermittlungsstelle Gallus der AWO bietet<br />
in der Idsteiner Straße jeden Montag<br />
von 13.30 bis 15.30 Uhr eine Sprechstunde<br />
an. Sie berät in Fragen rund um<br />
das Thema Älterwerden wie etwa häusliche<br />
Versorgung und Umgang mit<br />
Behörden. Judith Gratza<br />
Eschbornhaus, Hauptstraße 20,<br />
Telefon 0 61 96/9 31 48 23.<br />
Kiz im Gallus, Idsteiner Straße 91,<br />
Telefon 0 69/75 84 66 66.