Die gesamte Ausgabe 1/2010 als pdf-Datei - Senioren Zeitschrift ...
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Wie soll der Stadtteil gestaltet sein,<br />
damit man lange darin wohnen kann?<br />
Frank Oswald untersucht<br />
an der Frankfurter Goethe-Uni<br />
den Prozess des Alterns<br />
Das kleine „n” macht den Unterschied.<br />
<strong>Die</strong> Interdisziplinäre Alternswissenschaft<br />
an der Frankfurter<br />
Goethe-Universität befasst sich<br />
mit dem Prozess des Alterns und bleibt<br />
nicht bei einer Zustandsbeschreibung<br />
des Lebens im Alter stehen. Seit August<br />
leitet Prof. Dr. Frank Oswald <strong>als</strong> Inhaber<br />
einer Stiftungsprofessur den<br />
neuen Arbeitsbereich, der am Fachbereich<br />
Erziehungswissenschaften angesiedelt<br />
ist.<br />
Drei Aufgaben sieht er für die Professur,<br />
die für fünf Jahre von der BHF-<br />
Bank-Stiftung finanziert wird: Forschung<br />
und Lehre sowie Vernetzung<br />
beziehungsweise Koordination innerhalb<br />
verschiedener Disziplinen.<br />
In der Forschung geht es auch darum,<br />
interdisziplinär zu sein, <strong>als</strong>o Wissenschaftler<br />
verschiedener Disziplinen,<br />
die sich für Fragen der Gerontologie<br />
interessieren, ins Gespräch zu bringen.<br />
Zunächst könnten das kleine Gruppen<br />
aus etwa nur zwei Fachbereichen sein,<br />
bescheidet sich Oswald. Doch langfristig<br />
ist durchaus an eine breitere Basis<br />
gedacht. Und es ist wahrhaft ein breites<br />
Spektrum, das beim Thema Altern infrage<br />
kommt: Psychologen und Erziehungswissenschaftler,<br />
Soziologen und<br />
Mediziner, aber auch Ökonomen und<br />
Juristen.<br />
„Wir gehen von der eigenen Disziplin<br />
aus, denken dann in die Nachbardisziplinen<br />
und schauen dann über den<br />
Tellerrand”, sagt der Psychologe, der von<br />
der Universität Heidelberg kommt. Von<br />
dort bringt er auch verschiedene Projekte<br />
mit, die in Frankfurt weitergeführt<br />
werden – in enger Zusammenarbeit<br />
mit Professor Hans- Werner Wahl,<br />
Leiter der Abteilung für Psychologische<br />
Alternsforschung am Psychologischen<br />
Institut der Uni Heidelberg.<br />
Eines der Projekte heißt „Sentra”<br />
(Abkürzung von: Senior Tracking). Es<br />
erforscht den Einsatz von moderner<br />
Technik, um <strong>Senioren</strong> im Vorfeld von<br />
Demenz und mit leichter Demenz „verfolgen”<br />
zu können. Ziel ist es, den Be-<br />
Prof. Dr. Frank Oswald Foto: wdl<br />
troffenen so lange wie möglich ihre Mobilität<br />
und Lebensqualität zu erhalten<br />
und ihnen dennoch ausreichend Schutz<br />
zu bieten. „Wir wollen außerdem ausdrücklich<br />
alle Beteiligten dafür gewinnen,<br />
auch die damit verbundene ethische<br />
Diskussion zu führen”, sagt<br />
Oswald.<br />
In der Lehre, dem zweiten Aufgabenbereich,<br />
geht es um die Weiterqualifikation<br />
des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />
und ein Angebot an alle, die<br />
etwa im Rahmen des Themas „Lebenslanges<br />
Lernen” oder „Erwachsenenbildung”<br />
an gerontologischen Fragen Interesse<br />
haben.<br />
Als dritte Aufgabe schließlich soll der<br />
Arbeitsbereich mit seinen Mitarbeitern<br />
– neben Oswald noch die Erziehungswissenschaftlerin<br />
Dr. Ines Himmelsbach<br />
und der Psychologe Dr. Roman Kaspar<br />
– eine zentrale Infrastruktur für Forschung<br />
und Kommunikation schaffen,<br />
auf die weitere Projekte aufbauen können.<br />
Dabei soll an die erfolgreiche<br />
Vorarbeit des „Forum Alterswissenschaften<br />
und Alterspolitik” angeknüpft<br />
werden.<br />
Alltagsnahes Forschen<br />
Wichtig ist Oswald dabei, dass in<br />
Lehre und Forschung problemorientiert<br />
und alltagsnah agiert wird: „Wir<br />
forschen nicht für die Schublade.” Das<br />
gilt etwa für das Projekt „Insel” (Instrument<br />
zur praxisnahen Erfassung von<br />
Lebensqualität im stationären Kontext).<br />
Hierfür wurde ein Gesprächsleitfaden<br />
entwickelt, der es im Dialog mit<br />
Bewohnern wie auch Mitarbeitenden<br />
in Pflegeheimen möglich machen soll,<br />
Lebensqualität im Heim zu messen, um<br />
diese letztlich verbessern zu können.<br />
Ganz praxisnah und für Frankfurter<br />
<strong>Senioren</strong> besonders spannend kann<br />
auch ein Projekt werden, das – wenn<br />
die BHF-Bank-Stiftung die Finanzierung<br />
übernimmt – im April starten soll.<br />
Darin geht es um die Bedeutung des<br />
Wohnalltags im Stadtteil. Dabei kommt<br />
ein Spezialgebiet Oswalds, die ökologische<br />
Gerontologie, zum Tragen. <strong>Die</strong>se<br />
befasst sich mit Fragen des baulichen<br />
und sozialen Umfelds alter Menschen,<br />
ihrer Bedeutung für die Person und<br />
den Möglichkeiten ihrer Verbesserung.<br />
Insbesondere die im Alter wichtiger<br />
werdende emotionale Bindung an die<br />
nähere Umgebung und die damit verbundenen<br />
Folgen für das Altern im<br />
Stadtteil sollen eine Rolle spielen.<br />
Nach einer genauen Bestandsaufname<br />
etwa der Wohnverhältnisse alter<br />
Menschen, ihrer Alltagsaktivitäten und<br />
der Zugänglichkeit für sie wichtiger<br />
Orte soll dann geprüft werden, wie der<br />
Stadtteil gestaltet werden kann, damit<br />
die Bewohner dort so lange wie möglich<br />
verbleiben können. Dabei haben<br />
die Forscher vor allem die sogenannten<br />
Risikogruppen im Blick, <strong>als</strong>o etwa gehbehinderte,<br />
von Demenz bedrohte oder<br />
alleinlebende Menschen. Am Ende soll<br />
ein Anwendungskatalog herauskommen,<br />
der noch einmal mit den Betroffenen<br />
überarbeitet wird und im Idealfall<br />
<strong>als</strong> eine Art Arbeitsbuch für die Stadtteilgestaltung<br />
dienen kann.<br />
Dass dies nur in enger Zusammenarbeit<br />
mit den Betroffenen aber auch<br />
mit den Verantwortlichen der Stadt<br />
sowie weiteren engagierten kommunalen<br />
Akteuren erarbeitet werden kann,<br />
ist für Oswald selbstverständlich.<br />
Im Rahmen seiner internationalen<br />
Aktivitäten auf Kongressen und im Austausch<br />
mit anderen Universitäten will<br />
Oswald dann Frankfurt auch <strong>als</strong> wichtigen<br />
Standort der Alternsforschung bekannt<br />
machen. Lieselotte Wendl<br />
SZ 1/<strong>2010</strong><br />
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