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3 Diskurs ü<strong>ber</strong> die Prostitution und Rolle des Staates<<strong>br</strong> />

3.1 Wissenschaftlichkeit, Moral und Ideologie<<strong>br</strong> />

Ein generelles Problem von Studien und Statistiken ü<strong>ber</strong> die Prostitution sowie ü<strong>ber</strong> den Menschenhandel<<strong>br</strong> />

sind die fehlenden und mangelhaften Daten. 91 Zusätzlich sind einzelne Studien ideologisch gefärbt,<<strong>br</strong> />

so dass deren Ergebnisse von vornherein mit grosser Vorsicht einzuschätzen sind.<<strong>br</strong> />

Die Diskussionen rund um Prostitution und Menschenhandel werden in der Gesellschaft von verschiedenen<<strong>br</strong> />

Interessengruppen mit gegenläufigen Argumenten und moralischen Bewertungen geführt. Vielfach<<strong>br</strong> />

kommt es zu einer Vermengung zwischen moralischen Fragen zur Würde der Frau und Fragen<<strong>br</strong> />

der Kriminalitätsbekämpfung. U.a. wird vertreten, dass die Prostitution Ausdruck eines patriarchalen<<strong>br</strong> />

Herrschaftsverhältnisses zwischen Mann und Frau und die Prostitution per se frauenverachtend sei. In<<strong>br</strong> />

der öffentlichen Debatte wird je nach Position entweder die Prostitution als das eigentliche Grundübel<<strong>br</strong> />

verurteilt, ohne welches es keinen Menschenhandel gäbe, oder a<strong>ber</strong> es wird die Prostitution als Bereich<<strong>br</strong> />

verteidigt, in dem Frauen arbeitsrechtlichen und sozialen Schutz benötigen wie in anderen Berufen<<strong>br</strong> />

auch.<<strong>br</strong> />

3.2 Freiwilligkeit<<strong>br</strong> />

Ein fundamentaler Punkt in der Diskussion ü<strong>ber</strong> Prostitution und Menschenhandel ist die Frage, inwieweit<<strong>br</strong> />

Prostitution freiwillig ausgeübt wird bzw. ü<strong>ber</strong>haupt freiwillig ausgeübt werden kann. Manche<<strong>br</strong> />

Staaten, wie Schweden, lehnen eine Unterscheidung zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Prostitution<<strong>br</strong> />

beziehungsweise sexueller Ausbeutung radikal ab. Dahinter steht die Grundannahme, dass die<<strong>br</strong> />

Prostitution eine patriarchale Institution ist, die den Männern einen weitgehend unbeschränkten Zugriff<<strong>br</strong> />

auf den weiblichen Körper und die weibliche Sexualität ermöglicht. Prostitution wird sowohl als<<strong>br</strong> />

Ursache als auch Folge der Ungleichbehandlung von Frauen in der Gesellschaft verstanden.<<strong>br</strong> />

Viele Gegner der Prostitution bestreiten kategorisch, dass Prostitution jemals das Resultat einer freien<<strong>br</strong> />

Entscheidung sein kann. Wer glaubt, dass die Prostitution die Menschenwürde verletzt, kommt schnell<<strong>br</strong> />

zum Schluss, dass die Prostitution nie freiwillig ist.<<strong>br</strong> />

Wenn die Frage der Freiheit oder Unfreiheit im Rahmen der Prostitution aufgeworfen wird, so ist nach<<strong>br</strong> />

Schweizerischem Rechtsverständnis von Prostitution und Menschenhandel massgebend, dass man darü<strong>ber</strong><<strong>br</strong> />

entscheiden kann, wem man einen sexuellen Dienst gegen Entgelt leistet, welchen sexuellen<<strong>br</strong> />

Dienst man unter welchen Bedingungen leistet und wann man aufhören wird, sexuelle Dienste gegen<<strong>br</strong> />

Entgelt zu leisten. Ob der ursprüngliche Entscheid, sich zu <strong>prost</strong>ituieren auch freiwillig war, ist nicht<<strong>br</strong> />

unbedingt aussagekräftig: Es ist möglich, dass einem angeworbenen Opfer von Menschenhandel eine<<strong>br</strong> />

Tätigkeit in der Prostitution im Zielland in Aussicht gestellt wird und die Person mit einer solchen Tätigkeit<<strong>br</strong> />

sogar einverstanden ist. Entsprechen die Arbeitsbedingungen nicht den Erwartungen des Opfers,<<strong>br</strong> />

wird es trotzdem von Drittpersonen zur Prostitution gezwungen und ist es nicht in der Lage, der<<strong>br</strong> />

Situation zu entfliehen, kann trotzdem eine sexuelle Ausbeutung beziehungsweise Menschenhandel<<strong>br</strong> />

91<<strong>br</strong> />

Ersichtlich wird die mangelnde Generalisierbarkeit von Ergebnissen bei der Beschreibung des Erhebungsverfahrens für eine 2003 in Deutschland<<strong>br</strong> />

veröffentlichte Studie: Die Prostituierten, welche für die Länderstudie zu Deutschland befragt wurden, wurden allesamt in einer einzigen<<strong>br</strong> />

Stadt (Hamburg) kontaktiert. Dies ü<strong>ber</strong> persönliche Kontaktaufnahme in einer Drogenanlaufstelle, in einem Berufsbildungsprogramm für<<strong>br</strong> />

aussteigewillige Prostituierte, sowie indirekt ü<strong>ber</strong> ein Inserat in einer Lokalzeitung sowie Verweise durch die befragten Prostituierten auf<<strong>br</strong> />

andere Prostituierte. Die Resultate dieser Studie sind damit auf einen geographischen Ort und schwergewichtig auf drogenabhängige und/oder<<strong>br</strong> />

aussteigewillige Prostituierte beschränkt. Das Resultat, dass viele dieser Prostituierten aussteigen wollen, erscheint hier wenig ü<strong>ber</strong>raschend.<<strong>br</strong> />

Hingegen ist aufgrund der Auswahl der Interviewpartner die Generalisierbarkeit der Studie auf alle Formen der Prostitution (und ihre Aussagefähigkeit<<strong>br</strong> />

für ganz Deutschland) nicht gegeben. Kritiker werfen der Autorin deshalb unter anderem vor, absichtlich die schlimmsten<<strong>br</strong> />

Beispiele auszuwählen, um ihren ideologisch <strong>ber</strong>eits vordefinierten Standpunkt gegen die Legalisierung der Prostitution zu stützen.<<strong>br</strong> />

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