Zeitschrift SENIOREN - Senioren Zeitschrift Frankfurt
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Das Sozialdezernat informiert<br />
Aiqua<br />
Neue Ausbildungsmethode soll Fachkräftelücke in der Altenpflege schließen<br />
Frédéric Lauscher ist ganz begeistert:<br />
„Das ist wirklich innovativ.“<br />
Und Stadträtin Prof. Dr.<br />
Daniela Birkenfeld spricht gar von<br />
einem „Schatz“, der jetzt gehoben werden<br />
soll. Von Dezember an sollen rund<br />
80 Pflegehelfer in den stationären Einrichtungen<br />
des <strong>Frankfurt</strong>er Verbands<br />
für Alten- und Behindertenhilfe zu<br />
examinierten Altenpflegern ausgebildet<br />
werden. Was ist das Besondere daran?<br />
Die Menschen, die hier eine höhere Qualifikation<br />
erwerben und damit Aufstiegschancen<br />
und bessere Bezahlung erhalten,<br />
machen diese Ausbildung während<br />
ihrer Tätigkeit als Pflegehelfer. Aiqua<br />
(Arbeitsintegrierte Qualifizierung in der<br />
Altenpflege) heißt das Projekt und wurde<br />
von der Werkstatt <strong>Frankfurt</strong> entwickelt,<br />
die auf langjährige Erfahrung in der Ausbildung<br />
Erwachsener bauen kann.<br />
„Menschen, die keinen Berufsabschluss<br />
haben, sind viel öfter von Langzeitarbeitslosigkeit<br />
betroffen und haben keine<br />
Aufstiegsmöglichkeiten“, weiß Conrad<br />
Skerutsch, Geschäftsführer der Werkstatt<br />
<strong>Frankfurt</strong>. Dort hat man gute Erfahrungen<br />
damit gemacht, den Ausbildungsprozess<br />
in die praktische Arbeit einzubinden,<br />
und nicht die strikte Zweiteilung<br />
zwischen Theorie und Praxis einzuhalten,<br />
die in vielen Ausbildungsgängen<br />
üblich ist. „Das erhöht die Motivation<br />
und die Neugier“, ist seine Erfahrung.<br />
Ausbildung bei vollem Gehalt<br />
Frédéric Lauscher erwartet das auch<br />
bei den 80 Menschen, die sich für die<br />
neue Ausbildungsmöglichkeit entschieden<br />
haben. Denn viele seien alleine deshalb<br />
vor der Ausbildung zurückgeschreckt,<br />
weil ihnen das Lernen mit Vorträgen<br />
und Seminaren schwerfällt. Bei<br />
anderen hätten familiäre und private<br />
Gründe oder Geldmangel dazu geführt,<br />
dass sie die Ausbildung abgebrochen<br />
oder gar nicht erst angefangen hätten.<br />
Was auch immer die Gründe waren, der<br />
<strong>Frankfurt</strong>er Verband erwartet nun eine<br />
Anzahl von Altenpflegern, die später in<br />
seinen Einrichtungen mit dazu beitragen<br />
können, dass die vorgeschriebene<br />
50-Prozent-Quote eingehalten werden<br />
kann. Die Pflegehelfer werden für die<br />
Ausbildung zu 20 Prozent freigestellt<br />
und erhalten weiter ihr volles Gehalt.<br />
„Lernaufträge” helfen denken<br />
Das Lernen in der Praxis bedeutet<br />
aber nicht, dass sie nur zuschauen und<br />
nachmachen, was ihnen erfahrene Altenpfleger<br />
vorgeben. Vielmehr erhalten sie<br />
jeweils sogenannte Lernaufträge. Sie müssen<br />
zu einem bestimmten Thema selbst<br />
recherchieren und eine „Hypothese“<br />
entwickeln, wie Conrad Skerutsch sagt.<br />
Wichtig sei nicht, dass diese dann unbedingt<br />
völlig korrekt ist. Vielmehr sollten<br />
die Auszubildenden lernen, „selbst zu<br />
denken“. Die Recherche könne in Büchern,<br />
im Internet oder bei der Befragung von<br />
Fachkräften erfolgen. Ihre Hypothese<br />
werde dann in der Praxis unter Anleitung<br />
von Lehrkräften oder anderen Fachkräften<br />
überprüft und erprobt. Eingesetzt<br />
werden dabei natürlich auch die<br />
Lehrkräfte der Altenpflegeschule, die der<br />
<strong>Frankfurt</strong>er Verband seit 1970 betreibt,<br />
und in der jährlich 25 Altenpfleger ausgebildet<br />
werden. Aber auch die Fachkräfte<br />
vor Ort würden darin geschult,<br />
die Auszubildenden anzuleiten.<br />
Europäischer Sozialfonds<br />
unterstützt das Projekt<br />
800.000 Euro aus dem Europäischen<br />
Sozialfonds hat das Land Hessen zu diesem<br />
Modellprojekt beigesteuert. Die<br />
Stadt, lobt Skerutsch, habe durch ihre<br />
Unterstützung bei den Verhandlungen<br />
mit dem Ministerium wesentlich dazu<br />
beigetragen, dass das Projekt nun verwirklicht<br />
werden könne.<br />
Und so zeigt sich Sozialdezernentin<br />
Birkenfeld erfreut darüber, dass dieses<br />
Projekt möglicherweise in Zukunft<br />
auch als Vorbild für andere dienen<br />
könne. Denn der Fachkräftemangel in<br />
der Altenpflege sei bekannt. Sie wirbt<br />
für den Beruf, der „längst nicht so<br />
schlecht bezahlt und körperlich so<br />
anstrengend ist, wie manche denken“.<br />
Zahlreiche Hilfsmittel könnten heute<br />
die Arbeit in der Altenpflege erleichtern.<br />
Und eine examinierte Kraft verdiene<br />
im ersten Berufsjahr immerhin<br />
rund 2.400 Euro. Bedenke man dann<br />
noch die Aufstiegschancen, so sei die<br />
Entscheidung für die Ausbildung eine<br />
mit Zukunft, sagte Birkenfeld.<br />
Auch für Migranten sei diese Ausbildung<br />
eine Möglichkeit, hier beruflich<br />
besser Fuß zu fassen. Menschen, deren<br />
Abschluss aus der Heimat in Deutschland<br />
nicht anerkannt werde, könnten<br />
nun eine berufliche Qualifikation erwerben.<br />
Einige der Teilnehmer an dem<br />
Projekt, die etwa zwischen 30 und 49<br />
Jahre alt sind, könnten auch zunächst<br />
ihren fehlenden Hauptschulabschluss<br />
nachholen, um dann in die Ausbildung<br />
einzusteigen, sagte Lauscher.<br />
Lieselotte Wendl<br />
Kurzinformation<br />
Wer kann gut zuhören?<br />
Die Evangelische Telefonseelsorge<br />
<strong>Frankfurt</strong>, eine Einrichtung des Diakonischen<br />
Werkes <strong>Frankfurt</strong>, sucht ehrenamtliche<br />
Mitarbeiter. Menschen, die gut<br />
zuhören und sich auf die Anliegen der<br />
Anrufenden einstellen könnten, seien<br />
für diese Aufgabe geeignet, sagt Leiterin<br />
Pfarrerin Irene Derwein. Interessenten<br />
sollten mindestens 25 Jahre alt und körperlich<br />
und seelisch belastbar sein.<br />
Eine einjährige Ausbildung bereitet die<br />
ehrenamtlichen Helfer auf ihre Aufgabe<br />
vor. An einem wöchentlichen Abendtermin<br />
sowie an zwei Wochenenden<br />
werden ihnen Methoden der Gesprächsführung<br />
vermittelt und Themen wie<br />
Trauer, Depression, Sucht, Beziehung<br />
und Stärkung von Ressourcen behandelt.<br />
Auch die Selbsterfahrung in der<br />
Gruppe steht auf dem Ausbildungsprogramm.<br />
Eingesetzt werden die ausgebildeten<br />
Helfer nach einem Jahr in jeweils<br />
drei individuell planbaren Schichten<br />
pro Monat, wovon eine in der Nacht<br />
liegt. Die Ausbilderinnen, Supervisorin<br />
Pfarrerin Anette Bill und Diplom-Psychologin<br />
Silvia Ehlert-Lerche, begleiten<br />
die Ehrenamtlichen auch später in<br />
Supervisionen und weiteren Fortbildungen.<br />
Interessenten erhalten weitere Informationen<br />
unter Telefon 0 69/28 28 90<br />
oder unter www.ev-telefonseelsorgefrankfurt.de.<br />
wdl<br />
SZ 4 / 2011<br />
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