Zeitschrift SENIOREN - Senioren Zeitschrift Frankfurt
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Früher und heute<br />
<strong>Frankfurt</strong> und seine Plätze<br />
Klaus-Mann-Platz: ein Platz voller Gegensätze<br />
Das Mahnmal wurde zur Erinnerung an die Verfolgung der Homosexuellen in der Zeit des<br />
Nationalsozialismus und zur Mahnung an unsere Zeit aufgestellt.<br />
Dieser Platz steckt voller Gegensätze.<br />
Wie <strong>Frankfurt</strong>, diese durch<br />
und durch schräge Stadt“, so<br />
beschrieb vor einigen Jahren Jean-<br />
Christoph Ammann, damals Leiter des<br />
Museums für moderne Kunst, einen seiner<br />
Lieblingsorte: den Klaus-Mann-Platz.<br />
Weniger als Platz im herkömmlichen<br />
Sinne wahrnehmbar denn als Verbreiterung<br />
der Schäfergasse am Zusammentreffen<br />
mit Vilbeler Straße, Großer<br />
Friedberger Straße und Alter Gasse, liegt<br />
der Klaus-Mann-Platz in einem Winkel<br />
zwischen Schul-Turnhalle, Kino und<br />
Hotel. Geschäfte und Kneipen in vorwiegend<br />
Bauten unserer Zeit und nur in<br />
wenigen Altbau-Reminiszenzen bilden<br />
den weiteren Rahmen. Sein Mittelpunkt,<br />
von der Straße durch Bäume getrennt,<br />
ist das Mahnmal zur Erinnerung an die<br />
Verfolgung der Homosexuellen in der<br />
Zeit des Nationalsozialismus und zur<br />
Mahnung an unsere Zeit.<br />
Die „Initiative Mahnmal Homosexuellenverfolgung“<br />
setzte sich seit 1989 für<br />
eine solche Gedenkstätte ein, die Stadt<br />
unterstützte das Projekt, Spenden realisierten<br />
es. Dieser Platz, der zuvor als Parkplatz<br />
diente, wurde als Standort ausgesucht,<br />
weil er „im Zentrum homosexueller<br />
Kultur und Subkultur“ liege, wie die<br />
Magistratsvorlage von 1992 als Hauptgrund<br />
angibt. In den Straßen rund um<br />
diesen Platz finden sich spezifische<br />
Einrichtungen von der Bar zur Buchhandlung,<br />
von Treffs bis zu Informationsstellen<br />
der Aids-Hilfe <strong>Frankfurt</strong>, und<br />
es finden Feste statt. Dies alles bildet<br />
56 SZ 4 / 2011<br />
das schwul-lesbische Quartier, das „Rosa<br />
Dreieck“ – benannt nach dem rosafarbenen<br />
Stoff-Dreieck, das in der nationalsozialistischen<br />
Zeit homosexuelle Häftlinge<br />
der Konzentrationslager tragen mussten.<br />
Ein gefallener Engel<br />
Der Entwurf für dieses Mahnmal, das<br />
im Dezember 1994 als erstes seiner Art<br />
in Deutschland enthüllt wurde, stammte<br />
von der Kölner Künstlerin Rosemarie<br />
Trockel. Buchsbaumhecken und Betonbänke<br />
bilden eine Kreuz-Kreisform, in<br />
deren Mitte ein „gefallener Engel“ als<br />
Symbol für Homosexualität steht. Der<br />
Engel ist Abguss eines Gipsmodells ei-<br />
Dem Engel wurde der Kopf abgeschlagen und<br />
leicht verdreht wieder aufgesetzt, auch ein Flügel<br />
ist beschädigt. Fotos (2): Oeser<br />
ner Statue für das Westportal des Kölner<br />
Doms, der Kopf wurde aber abgeschlagen<br />
und leicht verdreht wieder aufgesetzt,<br />
auch ein Flügel beschädigt. 1995<br />
erhielt der Platz seinen Namen nach<br />
dem Schriftsteller Klaus Mann, dem 1906<br />
geborenen und 1949 durch Freitod aus<br />
dem Leben geschiedenen Sohn von<br />
Thomas Mann. In der Weimarer Republik<br />
und aus dem Exil kämpfte er gegen die<br />
Nationalsozialisten und verheimlichte nie<br />
seine Homosexualität.<br />
Dieser Platz, der nun seit 1995 Klaus-<br />
Mann-Platz heißt, war genau 100 Jahre<br />
zuvor durch den Abriss der dort stehenden,<br />
damals als zu klein und nicht repräsentativ<br />
empfundenen alten Peterskirche<br />
entstanden. Das preußische Kultusministerium<br />
hatte von seinem Vetorecht<br />
Gebrauch gemacht, dann aber nachgegeben.<br />
Proteste aus Bürgerkreisen blieben<br />
aus. Diese alte Peterskirche stammte<br />
von 1417/1419 und hatte eine Kapelle ersetzt,<br />
die für die Bewohner der Neustadt,<br />
namentlich Gärtner und Handwerker,<br />
und an dem wichtigen Verkehrsweg<br />
Richtung Friedberg gelegen, vom Ratsherr<br />
Peter Apotheker 1381 gestiftet worden<br />
war. Sie bestand nur aus einem Schiff<br />
mit einem Chor, auf dem ein Dachreiter<br />
saß. Später waren noch zwei Kapellen<br />
angebaut worden, von denen die eine<br />
als Erbbegräbnisstätte der Patrizierfamilie<br />
Glauburg diente.<br />
Friedhof der Protestanten<br />
1452/53 erhielt die von der Bartholomäusstiftskirche<br />
abhängige Peterskirche<br />
den lang ersehnten Taufstein und einen<br />
eigenen Friedhof, der, 1503/08 erweitert<br />
und 1510/11 mit Backoffens Kreuzigungsgruppe<br />
geschmückt, nach Übergang der<br />
Kirche an den evangelischen Glauben<br />
der Friedhof der Protestanten wurde.<br />
1641 nochmals erweitert, fanden nach<br />
Schließung des Domfriedhofs seit 1811<br />
auch die Katholiken dort ihre letzte<br />
Ruhe. 1828 wurde er nach Anlage des<br />
Hauptfriedhofs geschlossen. Die neue<br />
Peterskirche, die in den 1890er Jahren<br />
auf einer Terrasse an der Bleichstraße<br />
entstand, der Durchbruch der Stephanstraße,<br />
die Liebfrauenschule und spätere<br />
Bauten dezimierten den Peterskirchhof