24.11.2012 Aufrufe

Zeitschrift SENIOREN - Senioren Zeitschrift Frankfurt

Zeitschrift SENIOREN - Senioren Zeitschrift Frankfurt

Zeitschrift SENIOREN - Senioren Zeitschrift Frankfurt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Früher und heute<br />

„Ich mach die Wag / groß unde klein /<br />

Mit allerley Gwicht in gemein”<br />

(Aus einem Vers von Hans Sachs, 1586 in <strong>Frankfurt</strong> erschienen)<br />

Mindestens 150 Jahre alt ist diese Waage. Sie steht im Schaufenster in der Fahrgasse und<br />

wurde vom Waagenbauunternehmen David Disqué gebaut. Fotos (3): Oeser<br />

Hin und wieder verlaufen sich<br />

schon mal Touristen ins Geschäft<br />

von Waagen-Jordan in<br />

Domnähe und möchten Fotos machen<br />

von dem „fantastic antique shop“ oder<br />

ein Souvenir aus Good Old Germany<br />

kaufen. Wenn Inhaberin Diana Braun<br />

dann den kleinen Irrtum aufklärt, freut<br />

sie sich zugleich darüber, dass sich in<br />

den Schaufensterauslagen seit Jahrzehnten<br />

kaum etwas verändert hat und<br />

dies offenbar sehr attraktiv wirkt.<br />

Der Charme alter Zeit<br />

Hier in der Fahrgasse findet sich noch<br />

ein Stückchen altes <strong>Frankfurt</strong> mit dem<br />

Charme vergangener Tage. Kein Wunder,<br />

dass mancher einen Antik-Laden vermutet<br />

angesichts der historischen, von<br />

Hand gearbeiteten rustikalen Waagen aus<br />

dunklem Holz mit den schweren gusseisernen<br />

Gewichten. Eine davon hat<br />

noch der Firmengründer David Disqué<br />

selbst gebaut.<br />

Ältester Fachbetrieb<br />

Das 1838 gegründete Unternehmen<br />

Disqué-Jordan gilt als der älteste urkundlich<br />

nachgewiesene Fachbetrieb des<br />

Waagenbaus in <strong>Frankfurt</strong>. Wahrscheinlich<br />

handelte es sich bei der Gründerfamilie<br />

– wie der französisch klingende<br />

54 SZ 4 / 2011<br />

Name vermuten lässt – ursprünglich um<br />

vertriebene Hugenotten.<br />

In einer 1963 zum Jubiläum des<br />

125-jährigen Bestehens der Firma erschienenen,<br />

hübsch illustrierten Broschüre<br />

liest sich der Werdegang der „Firma Albert<br />

Jordan vormals Disqué“ wie ein interessantes<br />

Kapitel der Stadtgeschichte.<br />

Energische Witwe<br />

Wie daraus hervorgeht, kam der junge<br />

David Disqué (1811–1888) schon früh, als<br />

14-jähriger Lehrling, zur Waagenmacherei<br />

und wurde bereits als 27-Jähriger zum<br />

Meister ernannt. 1838 erteilte ihm „der<br />

hochwohllöbliche Rat der Stadt <strong>Frankfurt</strong>“<br />

die Genehmigung zur Einrichtung<br />

einer eigenen Werkstatt. In der Folge<br />

führten verschiedene Generationen das<br />

Geschäft, darunter auch die als „energisch<br />

und äußerst sparsam“ bekannte<br />

Witwe Johanna Henriette Disqué.<br />

Im Jahr 1939 trat Albert Jordan als<br />

Teilhaber ein und wurde 1945 Alleininhaber.<br />

Er musste schwierige Zeiten durchleben.<br />

Denn im Krieg waren die alten<br />

Geschäftsräume bis auf die Grundmauern<br />

zerstört worden. Aber tatkräftig betrieb<br />

er den erneuten Aufbau und konnte sie<br />

in den 50ern wieder in die Fahrgasse<br />

verlegen.<br />

Einzige Frau in der Branche<br />

Heute nun führt Diana Braun in siebter<br />

Generation – zwar nicht der Familie,<br />

sondern in der „Geschäfts-Dynastie“<br />

– das traditionsreiche Unternehmen<br />

fort. Eigentlich hatte sie nach eigener<br />

Aussage zunächst mit Waagen „nicht viel<br />

am Hut“. Doch nachdem 2006 ihr Vater<br />

ganz unerwartet im Alter von 58 Jahren<br />

verstarb, stand es für sie fest, dass sie<br />

seine Nachfolge antreten würde. Mit viel<br />

Energie arbeitete sich die junge blonde<br />

Frau in die fremde Materie ein und ist<br />

heute nicht nur die erste weibliche Chefin<br />

nach rund 80 Jahren, sondern auch die<br />

einzige Frau in der mittlerweile sehr verkleinerten<br />

Branche.<br />

Natürlich ist inzwischen vieles anders<br />

geworden und die Zeit nicht – wie<br />

scheinbar in den Schaufenstern – stehen<br />

geblieben. Heute wird nicht mehr wie<br />

einst alles per Hand zusammengesetzt.<br />

Einzelteile liefern jetzt große Hersteller<br />

aus Japan. „Es gibt auch kaum noch mechanische<br />

Waagen“, sagt Diana Braun,<br />

„heute geht fast alles elektronisch.“<br />

Diana Braun: Herrin der Waagen<br />

Vom 50-Tonner bis<br />

zu Mikrogrammen<br />

Gewogen wird aber noch immer und<br />

fast alles vom 50-Tonnen-Fahrzeug bis<br />

zu Mikrogramm-Mengen in Pharmazie<br />

und Medizin. Zum Kundenkreis von<br />

Waagen-Jordan zählen neben einigen alten<br />

treuen Privatkunden auch Apotheken

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!