neuer Krankheitserreger - Sonnenzeitung
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THEMA<br />
Gentechnik: <strong>neuer</strong><br />
<strong>Krankheitserreger</strong><br />
Im „Gentechnik Musterland“ USA befürchtet Wissenschafter<br />
Don Huber den „Kollaps der landwirtschaftlichen Infrastruktur“.<br />
Auch Europa ist vor den Folgen der Genmanipulation nicht gefeit.<br />
Klaus Faißner<br />
Mehr als die Hälfte aller weltweit<br />
genmanipulierten Saaten gehen in<br />
den USA auf. Dementsprechend wird<br />
regelmäßig auf das „Mutterland der<br />
Gentechnik“ verwiesen, um Kritikern<br />
den Wind aus den Segeln zu<br />
nehmen. Kaum thematisiert wird hingegen<br />
die Tatsache, dass die meisten<br />
US-Amerikaner gar nicht wissen, was<br />
sie essen. Eine Kennzeichnungspflicht<br />
für Gentechnik-Nahrungsmittel gibt<br />
es, obwohl von 96 Prozent der Bevölkerung<br />
gefordert, nicht. Nun meldete<br />
sich ein Top-US-Wissenschaftler mit<br />
massiven Warnungen zu Wort. In<br />
einem Brief an US-Landwirtschaftsminister<br />
Tom Vilsack ersuchte Don<br />
Huber von der Purdue University/<br />
Indiana Mitte Jänner 2011 „um ein<br />
sofortiges Moratorium für die Freigabe<br />
von sogenannten ‚Roundup-Ready-Pflanzen‘,<br />
da durch ihren Einsatz<br />
Pflanzen- und Tierkrankheiten bereits<br />
‚epidemische Ausmaße‘ erreichen.“<br />
Unter dem Ausdruck „Roundup<br />
Ready“ werden die genmanipulierten<br />
Pflanzen des Gentechnikkonzerns<br />
Monsanto zusammengefasst, „Roundup“<br />
ist das dazugehörige Totalpflanzengift<br />
mit dem Wirkstoff Glyphosat.<br />
Ein zeitlich befristetes Gentechnik-<br />
Verbot also in jenem Land, das voll<br />
auf diese Technologie setzt?<br />
Völlig <strong>neuer</strong> Mikropilz<br />
Vor allem ein aus der Gentechnologie<br />
resultierender <strong>Krankheitserreger</strong><br />
verdiene umgehende Zuwendung,<br />
um einen allgemeinen Kollaps unserer<br />
entscheidenden landwirtschaftlichen<br />
Infrastruktur zu verhindern, so Huber.<br />
Der Erreger kommt vor allem bei<br />
gentechnisch veränderten Roundup-<br />
Ready-Sojabohnen und -Mais vor<br />
und ist laut Huber für weitreichende<br />
Ernteausfälle in den vergangenen<br />
beiden Jahren verantwortlich. Der<br />
neue Erreger hat Ähnlichkeiten mit<br />
Zeitbombe Gensoja Spitzen-Forscher warnt<br />
44<br />
Anfeindungen setzte sich Andrés Carrasco,<br />
Leiter des Labors für Molekulare Embryologie<br />
an der Medizinischen Universität Buenos<br />
Aires aus, als er den vielen Berichten über die<br />
steigende Zahl von Krankheiten und Geburtsfehlern<br />
bei Menschen in landwirtschaftlichen<br />
Gebieten nachging: Der Wissenschafter wies<br />
in Tests nach, dass schon gering dosiertes<br />
Glyphosat – ein Totalpflanzengift, das im Zusammenhang<br />
mit der Gentechnik stark eingesetzt wird – bei Frosch- und<br />
Hühnerembryos Missbildungen hervorruft. Carrasco zeigte damit auf,<br />
dass viele argentinische Landbewohner vom Genuss von mit Spritzmitteln<br />
behandeltem Gensoja krank wurden. Dasselbe Gensoja, das in ganz<br />
Europa in Massen an Schweine, Hühner und Rinder verfüttert wird.<br />
© Privat<br />
einem Mikro-Pilz, ist in der Lage<br />
sich fortzupflanzen und fördert<br />
Krankheiten sowohl bei Pflanzen als<br />
auch bei Tieren. Weiters bestätigten<br />
Labortests ein „breit gefächertes“<br />
Vorkommen im Viehbestand und<br />
einen Zusammenhang mit verstärkten<br />
Fehlgeburten und Unfruchtbarkeit<br />
Das Ende vieler Milchbetriebe?<br />
Huber warnte US-Landwirtschaftsminister<br />
Tom Vilsack, letztendlich<br />
vergeblich, davor, gentechnisch<br />
veränderte Luzerne für den Anbau<br />
und als Tierfutter zuzulassen. Zeigt<br />
der <strong>Krankheitserreger</strong> hier ähnliche<br />
Auswirkungen wie beim Genmais,<br />
kann dies die Luzernenproduktion<br />
unprofitabel und in Folge ebenso die<br />
Endprodukte wie Tierfutter und auch<br />
Milch unsicher machen. Der Verlust<br />
der Luzerne, der wertvollsten Futterpflanze<br />
der USA, könnte den sich<br />
abmühenden Milch- und Rindermast-<br />
Huber gilt als international<br />
anerkannter Experte<br />
für Pflanzenkrankheiten,<br />
deren Wechselbeziehungen<br />
mit Nährstoffen<br />
oder Spritzmitteln sowie<br />
deren bestmögliche<br />
Verhinderung bzw.<br />
Bekämpfung. Er ist seit<br />
rund 50 Jahren auf diesem Gebiet tätig, wirkte<br />
weltweit bei Forschungsprojekten mit und ist Autor<br />
oder Ko-Autor von rund 400 Fachpublikationen.<br />
Derzeit forscht er zum Thema „National Plant Disease<br />
Recovery System“ (NPDRS) in enger Zusammenarbeit<br />
mit dem US-Landwirtschaftsministerium.