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Klinoskop 4/2010 - Klinikum Chemnitz

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4<br />

Neuartiges Verriegelungssystem für die Marknagelung<br />

Chirurgie kooperiert mit <strong>Chemnitz</strong>er Wissenschaftlern<br />

Knochenbrüche waren schon immer<br />

nicht nur schmerzhafte, sondern oft auch<br />

langwierige Verletzungen. Eine sichere Stabilisierung<br />

des betroffenen Knochens ist<br />

ausschlaggebend für den Heilungsprozess.<br />

Schon lange waren äußere mechanische<br />

Schienungen in der Anwendung, um möglichst<br />

früh mit einer Belastung beginnen zu<br />

können. Der therapeutische Effekt wog die<br />

damit verbundenen Einschränkungen der<br />

Mobilität auf.<br />

Die Behandlung von Knochenbrüchen erreichte<br />

eine neue Qualität, als Gerhard<br />

Bruno Gustav Küntsche im November 1939<br />

erstmals eine Marknagelung an einer<br />

menschlichen Femurfraktur durchführte.<br />

Er demonstrierte erfolgreich, wie die<br />

Bruchstücke über eine innere metallische<br />

Schiene, dem so genannten Marknagel,<br />

vereinigt werden konnten. Damit war eine<br />

äußere Schienung nicht mehr erforderlich.<br />

Diese Schienung brachte deutlich mehr<br />

Stabilität, beeinträchtigte weniger die Lebensqualität<br />

und ließ in noch kürzerer Zeit<br />

den Beginn der Belastung des Knochens zu.<br />

Aber es sollte noch drei Jahre dauern, bis<br />

die Marknagelung im Jahr 1942 als Operationsmethode<br />

akzeptiert wurde. Heute gehört<br />

die Marknageloperation zur gängigen medizinischen<br />

Praxis bei Brüchen der großen<br />

Röhrenknochen.<br />

Einbringen des Marknagels<br />

Was für den Operateur ein Routineeingriff<br />

ist, erscheint dem medizinischen Laien<br />

überaus beeindruckend: Das Einbringen<br />

des Marknagels in den Markraum des betroffenen<br />

Knochens. Mit Spezialwerkzeug,<br />

das einem Heimwerker zwar vertraut vorkommt,<br />

aber für den chirurgischen Einsatz<br />

den hohen Anforderungen zur Sterilisierbarkeit<br />

entsprechen muss, wird zunächst<br />

im Bereich der anatomischen Achse des<br />

Tibiaschaftes medial zum verlängerten<br />

Markkanal ein Führungsspieß in die proximale<br />

Tibia eingedreht. Der Spieß dient der<br />

Führung des Öffnungsfräsers und seine<br />

richtige Positionierung wird mittels einer<br />

C-Bogenaufnahme kontrolliert.<br />

Nun wird mit einer konischen Fräse in die<br />

proximale Tibia gebohrt und damit der<br />

Markkanal geöffnet. Anschließend wird ein<br />

Führungsdraht mit Kugelspitze durch den<br />

Markkanal bis in den Bereich der distalen<br />

Epiphyse vorgeschoben und die Fraktur repositioniert.<br />

Für die Positionskontrolle des<br />

Drahtes, der durch seine mittige Lage eine<br />

Verletzung der Kortikalis vermeiden hilft,<br />

kommt erneut der C-Bogen zum Einsatz.<br />

Nun folgt schrittweise das Aufbohren des<br />

Markkanales. In mehreren Bohrgängen mit<br />

zunehmenden Bohrkopfdurchmessern wird<br />

die Bohrung des Markraums vorgenommen,<br />

bis der gewünschte Markkanaldurchmesser<br />

erreicht ist. Im Anschluss wird der<br />

Marknagel in die Tibia eingebracht, der<br />

Führungsdraht aus dem Nagel gezogen. Die<br />

Kontrolle im distalen Bereich und der Repositionierung<br />

der Fraktur erfolgt durch eine<br />

C-Bogenaufnahme.<br />

Proximale Verriegelung<br />

mit dem Implantat<br />

Nachdem der Marknagel eingebracht und<br />

der Knochen repositioniert ist, erfolgt die<br />

proximale Verriegelung. Ziel ist es, durch<br />

eine Schraubverbindung quer zur Marknagelachse<br />

den Knochen fest mit dem Implantat<br />

zu verbinden, um spätere Verdrehungen<br />

oder Verschiebungen des Marknagels innerhalb<br />

des Markraumes auszuschließen. Dazu<br />

wird ein Bohrführungsansatz als mechanische<br />

Zielhilfe an die Bohrführung montiert.<br />

Nun lässt sich eine Bohrhülse einführen,<br />

die exakt in Richtung der am Marknagel<br />

vorhandenen Verriegelungslöcher zielt.<br />

Man kann also am Bein eine kleine Inzision<br />

vornehmen, die Bohrhülse bis auf den<br />

Knochen vorschieben und passgenau zum<br />

Verriegelungsloch den Knochen vorbohren,<br />

um schließlich die dafür vorgesehenen<br />

Schrauben einzudrehen. Bei Bedarf kann<br />

der Verriegelungsprozess röntgenologisch<br />

überwacht werden. Aufgrund der Nähe<br />

des proximalen Verriegelungsloches zum<br />

Marknagelschaft ist der Bohrführungsansatz<br />

so stabil, dass praktisch keine Abweichungen<br />

bei der Verriegelung auftreten. Die<br />

ordnungsgemäße Position der Schrauben<br />

lässt sich zum Abschluss röntgenologisch<br />

bestätigen.<br />

Distale Verriegelung<br />

der Bruchstücke<br />

Um die Bruchstücke gegeneinander fest zu<br />

positionieren, ist eine weitere distale Verriegelung<br />

notwendig. Dieser Operationsabschnitt<br />

erweist sich aber als wesentlich<br />

aufwendiger. Im Gegensatz zur proximalen<br />

Verriegelung ist die Lage des vorgesehenen<br />

Verriegelungsloches im Marknagel nicht<br />

durch mechanische Hilfsmittel zu ermitteln.<br />

Verschiedene rein mechanische Lösungen<br />

brachten bislang nicht die erhoffte<br />

Zielgenauigkeit. Die Entfernungen bis zum<br />

Dr.-Ing. habil. Heidrun Steinbach, Leiterin des Instituts<br />

<strong>Chemnitz</strong>er Maschinen- und Anlagenbau e. V., erklärte<br />

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) auf<br />

dem diesjährigen AiF-Tag der Arbeitsgemeinschaft<br />

industrieller Forschungsvereinigungen die Vorzüge der<br />

<strong>Chemnitz</strong>er Erfindung. Fotos (4): ICM<br />

distalen Verriegelungsende lassen sich<br />

mittels äußerer Führung nicht mit ausreichender<br />

Stabilität fertigen. Zusätzlich kann<br />

sich der Marknagel beim Einbringen geringfügig<br />

verbogen haben, so dass das Zielloch<br />

im Marknagel von außen nicht rekonstruiert<br />

werden kann. Geringe Abweichung der tatsächlichen<br />

Lage von der erwarteten Lage<br />

gefährden die Stabilität der Verriegelung,<br />

wenn die Schraube durch den Knochen nicht<br />

passgenau das Verriegelungsloch trifft.<br />

Komplikationen vermeiden<br />

Um derartige Komplikationen zu vermeiden,<br />

positioniert man den C-Bogen so, dass die<br />

distalen Löcher des Nagels als kreisrund<br />

auf dem Monitor dargestellt werden. Erst<br />

wenn die Skalpellspitze mit der Achse des<br />

distalen Nagellochs übereinstimmt, erfolgt<br />

das Setzen des Inzisionspunktes. Jetzt kann<br />

die Bohrmaschine angesetzt werden. Die<br />

Prozedur ist wieder die gleiche. Zunächst<br />

wird der Bohrer schräg zum Röntgenstrahl<br />

auf den Knochen gehalten, um die Position<br />

der Bohrerspitze per Bildwandler kontrollieren<br />

zu können. Erst wenn diese mit der Achse<br />

des Nagelloches übereinstimmt, erfolgt<br />

das senkrechte Anstellen der Bohrmaschine

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