Klinoskop 4/2010 - Klinikum Chemnitz
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6<br />
Kalibrierung vor der OP<br />
Vor der Operation wird das System mit wenigen<br />
Handgriffen kalibriert. Auf diese Weise<br />
werden alle notwendigen geometrischen<br />
Abmessungen „angelernt“. Dies erfolgt ganz<br />
einfach vor der Operation, indem das System<br />
mit dem Marknagel so verbunden wird,<br />
wie es auch nach eingebrachtem Marknagel<br />
verbunden sein wird. Spannt man nun<br />
anstelle des Spiralbohrers einen Messstift<br />
in das Bohrfutter und führt diesen in das<br />
anzuvisierende Verriegelungsloch ein, so ist<br />
die notwendige Bohrrichtung fixiert und wird<br />
auf Knopfdruck zwischengespeichert. Diese<br />
Kalibrierung ist unabhängig von der späteren<br />
Lage des Beines, kann flexibel auf das<br />
verwendete Implantat reagieren und schließt<br />
Fehleinstellungen der geometrischen Daten<br />
praktisch aus.<br />
Abb. 2: Darstellung auf dem Zielmonitor<br />
Grafik: Medizin & Service GmbH<br />
Nur eine<br />
Röntgenaufnahme<br />
Allerdings beruht die Monitordarstellung<br />
auf den Kalibrierdaten vor der Operation.<br />
Unter realen Bedingungen verbiegt sich der<br />
Marknagel beim Einbringen geringfügig.<br />
Deshalb wird mit Hilfe einer einfach anzuschließenden<br />
Justierhilfe und einer einzigen<br />
Röntgenaufnahme eine Abweichung der<br />
tatsächlichen Lage von der erwarteten Lage<br />
erkannt und quantifiziert. Diese Korrektur<br />
wird in die Software zur Berechnung der<br />
räumlichen Lage von Bohrer und Marknagel<br />
eingegeben, so dass die Zielführung auf dem<br />
Monitor in der beschriebenen Weise erfolgen<br />
kann. Weitere Röntgenaufnahmen sind nicht<br />
notwendig, die bislang praktizierte wiederholende<br />
röntgenologische Kontrolle entfällt.<br />
Die Methode wird<br />
schnell beherrscht<br />
Der Messstift wird durch einen Spiralbohrer<br />
ersetzt, und nun könnte zielführend gebohrt<br />
werden. Sind beide Kameras aktiviert, kann<br />
die Bohrung beginnen. Auf einem Zielmonitor<br />
wird sowohl die Lage des Marknagels in der<br />
senkrechten Draufsicht – also in der dem<br />
Operateur bislang vertrauten Röntgenrichtung<br />
– dargestellt als auch der Bohrer<br />
angezeigt. In der Darstellung ist der Bohrer<br />
als braune Linie und die Bohrerspitze<br />
als roter Punkt dargestellt. Wenn sich der<br />
rote Punkt exakt über dem Verriegelungsloch<br />
befindet und die Linie nur noch als<br />
Punkt erscheint, ist die Ausrichtung des<br />
Bohrers gelungen. Es war während der<br />
Forschungsarbeit immer wieder beeindruckend,<br />
wie schnell selbst ungeübte<br />
Personen die Handhabung der Bohrmaschine<br />
zur Ausrichtung der Bohrrichtung<br />
beherrschten.<br />
Vorteile für den Operateur<br />
Die optische Navigation mittels der Kamera-Marker-Module<br />
hat gegenüber bekannten<br />
Lösungen den wesentlichen Vorteil,<br />
dass die Anordnung der Module die<br />
gewohnten Prozessabläufe der Operation<br />
nicht beeinträchtigen. Die angebrachten<br />
Module stören weder die Handhabung der<br />
Bohrmaschine noch den Arbeitsbereich<br />
des Operateurs. Und selbst wenn eine unterstützende<br />
Handbewegung des OP-Personals<br />
zwischen die Kameras gelangt und<br />
die Zielführung am Monitor unterbricht,<br />
wird diese sofort wieder angezeigt, wenn<br />
die Blickrichtungen der Kameras wieder<br />
frei sind.<br />
Diese neuartige Entwicklung eines einfachen<br />
und sicheren Systems zur Bohrmaschinenpositionierung<br />
und -führung unter<br />
Kontrolle eines bildgebenden Verfahrens<br />
für die distale Verrieglung weist die folgenden<br />
Vorteile auf:<br />
• Prozesssichere und genaue Erkennung<br />
der Lage des Marknagels und seiner<br />
Verriegelungsbohrung,<br />
• Verminderung der Strahlenbelastung<br />
für Patient und Operateur,<br />
• Reduzierung der individuellen<br />
menschlichen Einflüsse auf das<br />
Operationsergebnis,<br />
• Verkürzung der Operationsdauer<br />
und Vermeidung von<br />
Wiederholungsbohrungen.<br />
Dr. Norman Bitterlich (Medizin & Service GmbH) bei<br />
der Erprobung der distalen Verriegelung und weiteren<br />
Tests unter realen Bedingungen des OP-Saals.<br />
Tests mit Rinderknochen<br />
Das neuartige, innovative distale Verriegelungsverfahren<br />
wurde bereits unter<br />
OP-Bedingungen an einem Rinderknochen<br />
getestet und steht nun vor der Überführung<br />
vom Demonstrator zu einem marktfähigen<br />
Produkt. Hierfür wurden bereits Kontakte zu<br />
Herstellern von Marknägeln geknüpft, die<br />
dieses Verfahren als hoch interessant und<br />
innovativ erachteten.<br />
Dr. Jens Biedermann,<br />
Dr. Norman Bitterlich<br />
Medizin & Service GmbH<br />
Dipl.-Ing (FH) Andreas Grundmann<br />
Institut <strong>Chemnitz</strong>er Maschinen-<br />
und Anlagenbau e. V.<br />
Dr. med. Jens Wutzler<br />
Klinik für Orthopädie, Unfall- und<br />
Handchirurgie, <strong>Klinikum</strong> <strong>Chemnitz</strong> gGmbH