wenn ein Makler besonders oft vorkommt.Damit wird die Behauptung bestätigt, dassdiese, auch im realen Leben echten Maklernach einem Drehbuch agieren, wo Schauspielerund Prominente die Wohnungssuchendenmimen. Manchen Fan und Maklerkollegenentrüstet das. Doch im Filmgeschäftzählt nur, ob etwas möglichst echtund lebensnah geschrieben ist – das gilt fürdie hohe wie für die triviale Kunst. Was sieunterscheidet, ist die reflektierende, hinterfragendeEbene durch Zweideutigkeit,die im erwähnten Miller-Stück andauerndda ist. In der Soap ist man mitten im Gescheheneiner Pseudorealität, wo im zwischenmenschlichenBereich ein QuäntchenÜbertreibung in der emotionalen Reaktionfür Extraunterhaltung oder eine PortionVorurteil und Provokation für Spannungsorgen. Wie etwa im Fall des schwulenMaklers Axel Hartmann, der im Kameragesprächmit dem „Zuschauer“ für seinenattraktiven Wohnungssuchenden in Düsseldorfschwärmt, bis auch jener sagt:„Ganz schön spitz, der Bursche!“ Und jederweiß, da wird es gleich funken. Die Vorurteilerichten sich meist gegen Familienmit kleinen Kindern, gegen Tänzerinnen,Partyleute, Künstler, Musiker, Arbeitslose,sprich solche Randgruppentypen, die fürein unruhiges Haus, Kurzzeitmieten undUnordnung sorgen könnten, was vomEigentümer unerwünscht ist. Am Endewird das Vorurteil aber stets relativiert undein passendes Objekt für den Kandidatengefunden. Weil diese Makler eben einfühlsamerund wohlwollender sind als die meistenMenschen. Besonderes Vertrauen gewinnendie Makler aber, weil sie jeweilszwei gut ausgewählte Wohnungen zeigen,die tatsächlich zum Verkauf oder zur Vermietungstehen. Über Online-Direktanbietersind solche erst nach 50 Besichtigungenzu finden. Als Einschaltimpuls für die Sendunggilt generell der Blick in die Wohnungenund der Wunsch zu wissen, welcheQualität wie viel kostet. Deshalb legen dieMakler großen Wert darauf, dass die finanziellenEinschätzungen in puncto Mieteund Kaufpreis der jeweiligen Marktlageentsprechen. Dabei bildet sich der Zuschauereine Sicherheit darüber, was erkünftig haben will, wenn er sich einmaletwas „Besseres“ leisten kann ... Undschließlich ist es auch immer wieder horizonterweiternd,von den Hürden bei derKaufentscheidung zu erfahren: Sei es, dasses möglich ist, ein teures Haus zu kaufenund dennoch eine Grundstückserbpachtvon 440 Euro pro Monat auf 99 Jahre zahlenzu müssen. Oder dass man beim Hauskaufdie Infrastruktur der Gegend beachtensoll, die möglicherweise durch Verbesserungzu einer Wertsteigerung führt. Dassman dabei Grunderwerbssteuer, Nebenkosten,Grundbucheintragung und Maklerkostenvon drei Prozent zu zahlen hat. Oderdass man einfach nur einen Grund kaufenund selbst ein Haus bauen sollte, wenn eseinem wirklich gefallen muss. Oder mankauft ein altes Haus, aus dem man etwasEigenes machen kann. Denn das Selbermachengleicht einer Selbstfindung:„Wir hatten viele schöne Tage“, sagt Sohn Biffbei Willy Lomans Beerdigung. „Wenn er voneiner Reise zurückkam oder sonntagsbeim Arbeiten am Haus an der Treppe,beim Ausbau des Kellers, der Adaptierungdes neuen Badezimmers oderbeim Mauern der Garage. Weißt du, ichglaube, in der Veranda steckt mehrvon ihm als in all seinen Verkäufen,die er je gemacht hat. Ja, mit seinemHandwerkszeug war er durchaus einglücklicher Mann.“CARY GRANT & BAUEN. ArthurMiller war zu seiner Zeit nichtder Einzige, der sich mit der wennschon nicht lebenslangen, dann zumindestsubstanzraubenden Verpflichtung„Eigenheim“ auseinandersetzte.1948 war die Screwball-Komödie mit Cary Grant „Nurmeiner Frau zuliebe“ nach dem Roman„Mr. Blandings Builds HisDream House“ ein wahrer Kassenschlager.Heute gibt es sie als DVDnoch immer unter „Cary Grant Edition3“ bei Studiocanal/Kinowelt. Darinkauft sich der vierköpfige New YorkerFamilienvater und Werbemann Jim Blandingsein 200 Jahre altes Bauernhaus inConnecticut, weil es ihm ad hoc vernünftigererscheint, für 10.000 Dollar ein Haussamt Grund in der Umgebung der Stadt zukaufen, anstatt für 7.000 seine viel zu enge,nur gemietete Innenstadtwohnung umbauenzu lassen. Nachdem er unwissenderweiseallein für den üblichen Quadratmeterpreisdas Dreifache bezahlt hat, kommter mit seiner Frau Muriel und Freund BillCole, einem Rechtsanwalt, zur Besichtigungbeim Haus an. Da fällt ein Ziegel vom Dach:Bill: „Ihr seid ja zwei, da kann es einer stützen,sonst fällt es noch um. Was hat denn der Architektfestgestellt, als er das Dach geprüft hat?“20 FOKUS APRIL 2013
Jim: „Was soll denn ein Architekt hier? EinNeubau ist es ja nicht.“Bill: „Nein, aber ziemlich baufällig. Ich würdedir einen Gefallen tun: Einer meiner Klientenist der Konstruktionsarchitekt Joe Apollonio.Er hat die George-Washington-Brücke praktischallein gebaut.Jim: „Ich danke dir sehr, aber wir brauchenkeine Brücke.“Bill: „Apollonio hat der Regierung geraten, dasWrack der ,Normandie‘ nicht zu heben. Hätteman auf ihn gehört, wäre die Stadt um fünfMillionen reicher.“Jim: „Du hast mein Wort. Hebe ich jemals die,Normandie‘, kommt kein anderer in Frage alsApollonio.“Jim betritt das Haus, man hört einen Balkenherabfallen.Er ruft: „Muriel, Muriel!“Muriel: „Es ist doch besser, du schickst unsMr. Apollonio.“Die professionellen Ratgeber und Fachleutesind es, die die Doku-Serien „Zuhause imGlück“ auf RTL II mit bis zu 10 Prozent Marktanteilbei den 12- bis 49-jährigen Sehern inDeutschland und „Pfusch am Bau“ auf ATVmit durchschnittlich 9,4 Prozent Marktanteilin Österreich zu wahren Quotenrennern machen.„Schnäppchenhäuser“, wo sich die Leutewie Jim Blandings mit kleinem Budget alteHäuser kaufen, um sie amateurhaft, aber mitviel Leidenschaft und Kämpferwillen selbstzu sanieren, ist dagegen ein Sorgenkind vonRTL II. Dabei sind die privaten Schicksale undGeldsorgen der Hauskäufer und Saniererbei der Erfüllung des Traums vom geliebtenEigenheim mindes tens so dramatisch wie beiden bei den Erfolgsserien.Muriel: „Das Haus ist hübsch, nicht wahr,Mr. Apollonio?“Apollonio: „Hmhm.“Jim: „Ich möchte, dass die Veränderungen, dieman durchführt, möglichst nicht den ländlichenCharakter stören.“Apollonio: „Hmhm.“Muriel: „Aber sie müssen ja sein.“Apollonio: „Hm.“Jim: „Äh, was ist Ihre fachmännische Meinung?“Apollonio schaut mit dicker Zigarre auf dasHaus: „Einreißen.“Jim: „Einreißen?!“Apollonio: „Das Holzwerk ist schlecht unddie Tragbalken sind schlecht. Ich rate Ihnen,stecken Sie kein Geld mehr in das Haus. ReißenSie es ab!“Jim: „Ich danke Ihnen vielmals!“Apollonio: „Hat nichts zu sagen, ich schickeIhnen meine Rechnung ins Büro.“PFUSCH. Fast dasselbe musste ein 62-jährigerWiener Bauherr vom BausachverständigenGünther Nussbaum in „Pfusch amBau“, ab 22. <strong>April</strong> 2013 wieder auf ATV, zurKenntnis nehmen, der einen „so seriös wirkendenjungen Mann“, der mittlerweile imGefängnis sitzt, ohne Vergleichsoffert einesZweitanbieters um 150.000 Euro mit derEntkernung seines Hauses in Richtungwärmegedämmten Großraums beauftragthatte. Beim Innenausbau war er dann stutziggeworden und holte sich schon vor demATV-Prüfer ein Gutachten bei der FirmaRigips ein, wo er von einem Profi erfuhr:Die Makler agieren nach Drehbuch. Echt sind dieWohnungen und ihr Preis. Aber was ist schon„echt“? – Dass Menschen verkaufen müssen!VOX-Serienhit: die Makler-Doku-Soap „Mieten, Kaufen, Wohnen“„So einen Scheiß haben ich noch nie gesehen.Sie sind gestraft genug. Ich verrechneIhnen nichts, weil ich dafür so lange schreibenmüsste, dass Sie noch mal 2.500 Eurozahlen könnten.“ Das Dilemma all diesergeprellten Häuslbauer ist ja, dass für sie nurein Sachverständiger von Nutzen ist, wenndessen Gutachten über einen Rechtsanwaltzu einem Schadenersatz führt. Geht diePfuschfirma in Konkurs oder ist sie unauffindbar,sind die Ausgaben verloren. Deshalbsiegt für den Zuschauer die Erkenntnis,nur auf Firmen mit erstklassigemLeumund und Preisvergleich zu setzen undsich selbst vorab sehr genau mit dem Bauwesenzu befassen. Learning by doing beimHausneubau betreibt hingegen Jim Blandingsund wird dabei von den zusätzlichenKosten und unprofessionellen Arbeitern inden Wahnsinn getrieben – so sehr, dass ihndie offenen Rechnungen, Hypotheken undRatenzahlungen längerfristig sogar arbeitsunfähigmachen. Er schreit nur noch:„Ich hasse dieses Haus.“ Jeder Mensch, der sichein Haus baut, ist verrückt! Vom ersten Tagan, stehst du auf einer Liste der Gimpel undIdioten. Du denkst, du wirst dir ein Haus bauen,und endest im Armenhaus. Und wenn es mirschon so geht: Was machen die Menschen, dienicht so viel verdienen? Was machen jungeMenschen, die ein Heim gründen wollen? Es isteine Verschwörung gegen jeden jungen Mannund jedes junges Mädchen, die verliebt sind!Etwas von einem erlösenden Lotteriegewinnhat für die gestraften Romantiker unterden hilflosen Hausbesitzern daher jedesHappy-End in „Zuhause im Glück“: Wenndie liebevolle Innenarchitektin Eva Brennerund der sympathische Architekt John Kosmallaals Retter in der Familiennot auftreten,indem sie die in Schimmel, Rohbauoder unbeheizten Häusern lebenden Menschenfür acht Tage ausquartieren und währenddessenin Windeseile mittels Computerentwurfspersönlichkeitsnah gestalteteWunderräume zwischen Schönheit undFunktionalität schaffen. Für den Zuschauerspannend sind die Vorher-Nachher-Verwandlungsowie die neuesten Tipps, wieman etwas gestalten und verbessern kann.Allein in einer Sendung ist zu erfahren, wiesich Wände abreißen und neben neuen Flureneinziehen, wie sich Nischenzimmer-Highlights mit Metalltapeten und Fotodruckensetzen lassen, wie man Kinderräumedurch Trennwände in farbenfrohethematische Erlebniszonen verwandelt,dass man neue Türen einschäumt statt siezu montieren, wozu aber wieder alte Türöffnungenvergrößert werden müssen, dassGegenstände wie ein Globus zu Lampenwerden können, wie eine barrierefreie Luxusduschemit Kieselwandfliesen gegossenwerden muss, damit das Wasser abfließenkann, und dass mit Strom betriebene Infrarotheizwände,die auch noch einen nützlichenDesignschmuck wie einen Spiegeloder eine Schreibtafel abgeben, günstigerund energieeffizienter sind als Gas und Öl.Bei so viel Glück weint die beschenkteFamilie meist am Ende. Übrigens: Auch Mr.Blandings wird noch ein richtig zufriedenerMensch in seinem letztendlich schönen,geliebten Heim. Schon vor 65 Jahren! APRIL 2013FOKUS 21