WIRTSCHAFT & FINANZENText Gerhard GangelbergerFoto ShutterstockANLEIHEN – EINE ÜBERSICHTVIELSEITIGEFINANZINSTRUMENTEAnleihen sind aus dem modernen Staats- und Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken.(Stückelung mal ausgegebene Stücke) bezeichnet das Gesamtnominale.Die der Stückelung entsprechenden Wertpapiere werdenauch als Teilschuldverschreibung bezeichnet. Ausgabekurs,Tilgungskurs, Börsekurs und Kupon werden in Prozent vomNennwert ausgedrückt. Der Ausgabekurs und der Tilgungskurskönnen genau dem Nennwert entsprechen (pari), unter demNennwert liegen (unter pari) oder über dem Nennwert liegen(über pari). Bei einem Kurs unter pari spricht man auch voneinem Abschlag (Disagio), bei einem Kurs über pari von einemAufgeld (Agio).ANLEIHEN ALS FORDERUNGSPAPIERE. Ein Beteiligungspapierverschafft dem Inhaber ein Eigentumsrecht, er ist amUnternehmen beteiligt. Beträchtlichen Chancen auf Wertzuwächsesteht das Verlustrisiko gegenüber. Ein Forderungspapierverbrieft das Recht auf Kapitalrückzahlung und Verzinsung. DerKäufer des Wertpapiers überlässt dem Gläubiger einen bestimmtenGeldbetrag auf bestimmte Zeit. Der Ertrag ist beschränkt,gleichzeitig ist zumeist auch das Risiko geringer. Das typischeBeteiligungspapier ist die Aktie, das typische Forderungspapierdie Anleihe. Weitere Bezeichnungen für Anleihen sind Schuldverschreibungen,Obligationen, Rentenwerte oder Bonds.WESENTLICHE MERKMALE DER ANLEIHEN. Die meisten Anleihenhaben eine im Vorhinein festgelegte Laufzeit. Zu Beginnder Laufzeit wird dem Emittenten, der die Anleihe begibt, durchdie Investoren das Kapital zur Verfügung gestellt, indem dieInvestoren die Anleihe zeichnen. Während der Laufzeit wird dieAnleihe verzinst. Am Ende der Laufzeit erfolgt die Rückzahlung(Tilgung) der Anleihe. Die Zahlung der Zinsen an den Investorfindet bei den meisten Anleihen einmal jährlich statt (= jährlicherKupontermin). Manche Anleihen weisen auch eine halbjährlicheoder vierteljährliche Verzinsung auf. Die Stückelungeiner Anleihe bezeichnet die kleinstmögliche Einheit, die gehandeltwerden kann. Für Publikumsanleihen lautet die Stückelungmeist auf 100, 500 oder 1.000 Euro, für Angebote an institutionelleInvestoren oft 50.000 Euro oder darüber. ÖsterreichischeBundesanleihen werden mit einer Stückelung von 1.000 Eurooder einem Vielfachen davon emittiert. Die Summe aller StückeGESCHICHTE DER ANLEIHEN. Anleihen entstanden bereits immittelalterlichen Italien. Italienische Staaten deckten so ihrenkriegsbedingten Finanzbedarf. Venedig, Genua, Florenz, Mailandund andere verfügten über ein hochentwickeltes Bankwesenund auch der Adel war mehr kommerziell als feudal orientiert.In diesen Zentren der Hochfinanz konnten sich neueFormen der Staatsfinanzierung bevorzugt entwickeln. MitAnleihen konnte auch das damals kirchliche, auch im weltlichenRecht verankerte Zinsverbot umgangen werden. Weiters musstensich Staaten und Herrscher nicht mehr in Abhängigkeit voneinigen wenigen Finanziers begeben, wie Karl V. in die der Fugger,und diesen Staatsvermögen, eigenes Familienvermögen undpolitische Macht übertragen, sondern konnten sich an ein größeresPublikum wenden. In der Neuzeit nahmen die Anleihenimmer mehr zu, boten immer wieder neue Finanzierungsmöglichkeiten,führten aber auch zu immer stärkeren Staatsverschuldungen,aber auch zu Umschuldungen durch Begebungneuer Anleihen wie zu Staatsentschuldungen durch Staatsbankrottund Hyperinflation.RECHTLICHE GRUNDLAGEN. Allgemein gelten Kapitalmarktgesetz(KMG), Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG), Bankwesengesetz(BWG), Börsegesetz (BörseG), Depotgesetz (DepotG),Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) und Finanzmarktaufsichtsgesetz(FMAG). Für Bundesanleihen gilt das Bundesgesetzüber die Verwaltung und Koordination der Finanzundsonstigen Bundesschulden, auch Bundesfinanzierungsgesetz.Auf Sonderformen der Anleihen beziehen sich Aktiengesetz(AktG), Hypothekenbankgesetz (HypBG), Pfandbriefgesetz(PfandbriefG) und Bankschuldverschreibungsgesetz. Die Mündelsicherheitist im ABGB geregelt.74 FOKUSAPRIL 2013
Bundesanleihen und alle Anleihen, für die die Republik Österreich haftet, sind mündelsicher.EINTEILUNG NACH EMITTENTEN. Die am meisten gehandeltenAnleihen sind sogenannte Government Bonds (Anleihen deröffentlichen Hand). Diese können Bundesanleihen der RepublikÖsterreich, Länderanleihen und Gemeindeanleihen sein. BankingBonds oder Bankanleihen werden von Kreditinstitutenbegeben. Die Kreditinstitute stellen das aufgebrachte Kapitalihrerseits Kreditnehmern zur Verfügung. Anleihen von Wirtschaftsunternehmen,auch Corporate Bonds, Unternehmensanleihenoder Industrieanleihen genannt, werden als Finanzierungsalternativebei Unternehmen zunehmend populärer. FürUnternehmen ist insbesondere vorteilhaft, dass bestehende Kreditliniennicht belastet werden, das aufgenommene Kapital erstam Ende der Laufzeit zurückzuzahlen ist, aber gleichzeitig keineUnternehmensanteile abgegeben werden müssen.WEITERE EINTEILUNGSKRITERIEN. Zinsstruktur und Zinsfälligkeit:fix verzinste (Straight Bond) und variabelverzinslicheAnleihen (Floater), Nullkuponanleihen (endfällig). VerbriefteRechte: Wandelanleihen, Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen.Emissionswährung und Ort der Emission: Doppelwährungsanleihen,Mischwährungsanleihen, Inlandsanleihen,Auslandsanleihen. Art der Sicherstellung: Anleihen, die miteinem Deckungsstock oder öffentlichen Haftungen unterlegtsind (fundierte/mündelsichere Wertpapiere), nicht fundierteAnleihen, nachrangige Anleihen.BUNDESANLEIHEN. Bundesanleihen werden von der RepublikÖsterreich nach österreichischem Recht begeben, um den staatlichenGeldbedarf durch Fremdfinanzierung zu decken. Genauergesagt, sie werden durch die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur(OeBFA) im Namen und auf Rechnung der RepublikÖsterreich begeben. Diese ist keine Behörde, sondern eineGmbH, die sich zu 100 Prozent im Eigentum der RepublikÖsterreich befindet. Bundesanleihen stellen am Kapitalmarktdie am meisten gehandelte Anleihenart dar. Auch im Vergleichzu Aktien spielen heimische Bundesanleihen eine wichtigeRolle. Das im Umlauf befindliche Volumen an Bundesanleihenübersteigt sogar die Marktkapitalisierung inländischer Aktienper Mitte 2011 um nahezu das Doppelte. Sie bieten diehöchste Sicherheit und befinden sich zu rund drei Viertel inausländischem Besitz. Das unterstreicht das große Vertrauender ausländischen Investoren in die ausgezeichnete BonitätÖsterreichs.SONDERFORMEN DER ANLEIHEN. Gewinnschuldverschreibungenverbriefen eine Beteiligung am Gewinn des emittierendenUnternehmens. Die Gewinnbeteiligung wird meist mit einerfesten Verzinsung gekoppelt. Wandelanleihen gewähren demZeichner neben einer fixen Verzinsung das Recht, die Schuldverschreibungwährend ihrer Laufzeit gegen eine Aktie oder andereWertpapiere umzutauschen. Der Inhaber der Wandelanleihe hatfolgende Wahlmöglichkeiten: Er kann die Schuldverschreibungbis Ende der Laufzeit behalten und sie dann einlösen oder zueinem im Vorhinein fixierten Termin die Anleihe gegen Aktientauschen oder vor Ende der Laufzeit die Anleihe verkaufen. DieOptionsanleihe verbrieft zusätzlich zu den Forderungen gegenden Emittenten die Option auf den Erwerb bestimmter Wertpapierezu einem im Vorherein fixierten Preis. Über Schuldverschreibungund Optionsschein kann einzeln verfügt werden.Pfandbriefe sind in der Regel festverzinsliche Schuldverschreibungen,zu deren Deckung Pfandrechte an Liegenschaften bestimmtsind. Diese Hypotheken dienen den Pfandbriefzeichnernals Deckungsstock. Neben den von der Republik Österreich begebenenBundesanleihen gibt es noch von dazu konzessioniertenKreditinstituten ausgegebene Kommunalobligationen, die imUnterschied zu Pfandbriefen durch Kredite an inländische Körperschaftendes öffentlichen Rechts (Bund, Land, Gemeinde)oder an andere Personen gegen eine Haftung solcher Gebietskörperschaftengedeckt sind.SICHERHEIT DER ANLEIHEN. Bundesanleihen und alle Anleihen,für die die Republik Österreich haftet, sind immer mündelsicher.Pfandbriefe und Kommunalobligationen sind mündelsicher,wenn sie alle dazu im ABGB angeführten Kriterien erfüllen.Fundierte Bankanleihen (mit einem Deckungsstock unterlegt)sind mündelsicher, wenn dieser Deckungsstock unbelastet ist undausschließlich aus mündel sicheren Wertpapieren besteht. SonstigeBank- und Industrie anleihen sind nicht mündelsicher. Sie bietenjedoch mehr Sicherheit als Aktien, da im Falle eines Konkursesdie Inhaber von Anleihen anteilig aus der Konkursmasse befriedigtwerden, während die Aktionäre leer ausgehen. Das Fachteam für Buchhaltung,Bilanzierung und LohnverrechnungDie Experten in der Personalberatungund PersonalentwicklungDie Spezialisten für alle Steuerfragenrund um ImmobilienDie Hausverwaltung undSteuerberatung aus einer Handwww.argos.at1050 Wien, Schönbrunner Straße 53Tel.: 01/545 08 00 Fax: 01/545 08 00-8E-Mail: kohler@argos.atAPRIL 2013FOKUS 75