behandlung - Fachverband Sucht eV
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Leitbild und Positionen des FVS<br />
auch durch eine mit dem Ausbau (ganztägig)<br />
ambulanter Angebote verbundene<br />
zunehmende Komorbidität und Fallschwere<br />
von Patienten im stationären Bereich<br />
– zunehmend das Morbiditätsrisiko<br />
auferlegt würde.<br />
• Rehabilitationsleistungen sind hochkomplexe,<br />
personalintensive und auf den Patienten<br />
zugeschnittene individuelle medizinisch-therapeutischeDienstleistungen.<br />
Angesichts des Ärztemangels und zu<br />
erwartender deutlich zunehmender Personalengpässe<br />
im gesamten medizinischtherapeutischen<br />
Bereich ist es dringend<br />
notwendig, dass - auch im Vergleich zu<br />
anderen Sektoren des Gesundheitswesens<br />
- in der medizinischen Rehabilitation<br />
attraktive Arbeitsplätze vorgehalten werden<br />
können. Dies beinhaltet auch eine<br />
angemessene Honorierung der Mitarbeiter<br />
in den Rehabilitationseinrichtungen<br />
• Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA)<br />
ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen<br />
Selbstverwaltung der Ärzte,<br />
Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser<br />
und Krankenkassen in Deutschland.<br />
Er bestimmt in Form von Richtlinien<br />
den Leistungskatalog der Gesetzlichen<br />
Krankenversicherung (GKV) und legt damit<br />
fest, welche Leistungen der medizinischen<br />
Versorgung von der GKV erstattet<br />
werden. Darüber hinaus beschließt er<br />
Maßnahmen der Qualitätssicherung für<br />
den ambulanten und stationären Bereich<br />
des Gesundheitswesens.<br />
Aufgrund seines umfassenden Auftrags,<br />
der auch den Bereich der chronischen Erkrankungen<br />
und damit die medizinische<br />
Rehabilitation betriff t, ist eine Erweiterung<br />
des Gemeinsamen Bundesausschusses<br />
um eine entsprechende Anzahl von<br />
Vertretern der Spitzenverbände der Leistungserbringer<br />
der medizinischen Rehabilitation<br />
dringend erforderlich. Darüber<br />
hinaus sollten vom Gemeinsamen Bundesausschuss<br />
bestehende strukturelle<br />
Schnittstellenprobleme der Versorgung<br />
(z.B. Förderung der Frühintervention<br />
substanzbezogener Störungen durch niedergelassene<br />
Ärzte, Psychotherapeuten<br />
und Vermittlung in fachspezifi sche Beratungs-<br />
und Behandlungseinrichtungen,<br />
Verbesserung des Zugangs zu medizinischen<br />
Rehabilitationsleistungen durch<br />
ein vereinfachtes Verordnungsverfahren<br />
in der GKV, Förderung der nahtlosen Wei-<br />
ter<strong>behandlung</strong> und der Telemedizin im<br />
Bereich der Nachsorge) einer patientengerechteren<br />
Lösung zugeführt werden.<br />
• Darüber hinaus sei darauf verwiesen, dass<br />
die medizinische Rehabilitation betreffende<br />
grundsätzliche Regelungen im<br />
Rahmen des SGB IX zwischen den Rehabilitationsträgern<br />
und den Spitzenverbänden<br />
der Rehabilitationseinrichtungen zu<br />
treff en sind. Der Grundsatz der Partnerschaftlichkeit<br />
zwischen Leistungsträgern<br />
und Leistungserbringern sollte im SGB IX<br />
deutlich gestärkt werden. So sollte der §<br />
21 SGB IX dahingehend geändert werden,<br />
dass Rahmenverträge und indikationsspezifi<br />
sche Rahmenvereinbarungen<br />
grundsätzlich von den Rehabilitationsträgern<br />
und den jeweiligen Spitzenverbänden<br />
der Leistungserbringer in der medizinischen<br />
Rehabilitation bzw. den entsprechenden<br />
Arbeitsgemeinschaften der<br />
Leistungserbringerverbände zu vereinbaren<br />
sind. Gemäß dem Grundsatz der Partnerschaftlichkeit<br />
sollte auch der § 20 Abs.<br />
3 SGB IX zur Qualitätssicherung dahingehend<br />
geändert werden, dass die Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
für Rehabilitation<br />
entsprechende Empfehlungen mit den<br />
Verbänden behinderter Menschen einschließlich<br />
der Verbände der Freien Wohlfahrtspfl<br />
ege etc. und den auf Bundesebene<br />
maßgeblichen Spitzenverbänden der<br />
Leistungserbringer zu vereinbaren hat<br />
und die Entwicklung von Instrumenten<br />
und Programmen der Qualitätssicherung<br />
in allen Leistungsbereichen gemeinsam<br />
von Leistungsträgern und Leistungserbringern<br />
erfolgt.<br />
• Die Pluralität von Behandlungsangeboten<br />
und Angebotsstrukturen bildet die<br />
Grundlage dafür, dass eine Individualisierung<br />
und Flexibilisierung der Behandlung<br />
und das im SGB IX verankerte Wunschund<br />
Wahlrecht überhaupt erst realisiert<br />
werden kann. Von daher benötigen wir<br />
auch zukünftig diff erenzierte und passgenaue<br />
Behandlungsangebote in der medizinischen<br />
Rehabilitation. Der Zugang zu<br />
den passgenauen Leistungen der medizinischen<br />
Rehabilitationsleistungen sollte<br />
bedarfsgerecht gestaltet werden. Die<br />
Auswahl des Behandlungssettings (ambulante,<br />
stationäre, mobile Rehabilitation)<br />
ist am vorhandenen Rehabilitationsbedarf<br />
auszurichten. Ein genereller Vorrang<br />
einer bestimmten Leistungsform (s.<br />
§ 40 Abs. 1, 2 SGB V) sollte von daher zukünftig<br />
entfallen. Alle Leistungsformen<br />
müssen zudem auch weiterhin eine hohe<br />
Qualität aufweisen. Von daher wäre niemandem<br />
damit gedient, wenn durch Kostendruck<br />
oder Normierungsprozesse<br />
qualitativ hochwertige Behandlungsansätze<br />
und -konzepte in Richtung Einheitsangebot<br />
zurückentwickelt würden.<br />
• Die volkswirtschaftlichen Eff ekte der medizinischen<br />
Rehabilitation sind erheblich.<br />
Dies wird auch durch eine Studie des Rheinisch-Westfälischen<br />
Instituts für Wirtschaftsforschung<br />
(RWI) belegt: „Die Messung<br />
volkswirtschaftlicher Eff ekte gestaltet<br />
sich naturgemäß schwieriger als die<br />
Messung von Eff ekten auf der Individualebene.<br />
Auch gilt es, verschiedene Arten<br />
von Nutzen zu bewerten. Nutzen sind z.B.<br />
die Reduktion von Arbeitsunfähigkeitstagen,<br />
die Verlängerung der Berufsfähigkeit,<br />
weniger Arztbesuche, weniger Pfl egebedarf<br />
oder Teilhabe am sozialen bzw. beruflichen<br />
Leben. Eine vollständige Analyse<br />
und Darstellung ist aufgrund der sehr<br />
komplexen Zusammenhänge, Eff ekte und<br />
Wirkungsmechanismen nicht möglich.<br />
Stattdessen können für ausgewählte Rehabilitationsmaßnahmen<br />
einzelne volkswirtschaftliche<br />
Aspekte betrachtet und<br />
auf der Grundlage von makroökonomischen<br />
Modellen verschiedene Szenarien<br />
berechnet werden. Auf Basis des sozialmedizinischen<br />
Verlaufs zwischen 1997<br />
und 2002 (Rische 2006) beläuft sich der<br />
gesamte Nutzen für die DRV (Deutsche<br />
Rentenversicherung) auf schätzungsweise<br />
4,4 Mrd. € und die Kosten auf 2,7 Mrd. €.<br />
Prognos (2009) untersucht die Eff ekte auf<br />
das Bruttoinlandsprodukt und die Sozialversicherungen<br />
von fünf wichtigen Indikationen<br />
der DRV: Kardiologie, Pneumologie,<br />
Orthopädie (Rückenschmerzen),<br />
Psychosomatik und <strong>Sucht</strong>. In einem mittleren<br />
Szenario, das einen realistischen Bedeutungszuwachs<br />
der medizinischen Rehabilitation<br />
bis 2025 annimmt, wird für<br />
das Jahr 2005 ein volkswirtschaftlicher<br />
Nettoeff ekt von 5,8 Mrd. € (0,3 % des BIP)<br />
bei 1,1 Mrd. € Gesamtkosten für die Rehabilitation<br />
errechnet. Somit besteht bereits<br />
im Jahr 2005 ein Verhältnis von 1:5 zwischen<br />
Mitteleinsatz und volkswirtschaftlichem<br />
Nettoeff ekt. Bis 2025 ließe sich dieser<br />
Eff ekt sogar auf 23,2 Mrd. € (0,7 % des<br />
BIP) steigern.“ (Augurzky et al., 2011, S. 71)<br />
3. Ausgangslage zu substanzbezogenen Störungen<br />
Wenn wir die Frage nach der Priorität einzelner<br />
Gesundheitsziele aufgreifen, so können<br />
wir feststellen, dass <strong>Sucht</strong>erkrankungen<br />
und übermäßiger Substanzkonsum ein<br />
epidemiologisches, sozial- und gesundheitspolitisches<br />
Problem ersten Ranges dar-<br />
stellen. In Deutschland rechnet man in der<br />
Altersgruppe der 18 – 64-jährigen Erwachsenen<br />
mit (Kraus und Bühringer, 2008):<br />
Ca. 3,8 Mio. suchtkranken Personen, davon<br />
sind<br />
• ca. 1,3 Mio. alkoholabhängig<br />
• ca. 1,4 – 1,9 Mio. medikamentenabhängig<br />
und<br />
• ca. 183.000 Personen mit problematischem<br />
Konsum von illegalen Drogen<br />
(ohne Cannabis)<br />
14 <strong>Sucht</strong>Aktuell l 2 · 2012