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behandlung - Fachverband Sucht eV

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Folgendes Resümee kann aus dem Modellprojekt<br />

gezogen werden (vgl. Missel et al.,<br />

2011):<br />

• Die Entgiftung in der Rehabilitationsfachklinik<br />

ist erfolgreich (planmäßige Entlassungen,<br />

katamnestische Erfolgsquoten).<br />

• Die Antrittsquote zur Entwöhnung beträgt<br />

98,8 %.<br />

• Die Entfernung zwischen Wohnort und<br />

Rehabilitationsfachklinik kann überbrückt<br />

werden.<br />

• Sektorengrenzen können überwunden<br />

werden.<br />

• Die Entgiftung in der Rehabilitationsklinik<br />

ergibt eine deutliche Kostenersparnis.<br />

Das Modellprojekt wurde zwischenzeitlich<br />

auch auf Versicherte der DRV Bund (KV-Versicherung<br />

bei der DAK) und auf Versicherte<br />

der BKK Bahn ausgeweitet.<br />

Von daher sollte die Durchführung von Entzugs<strong>behandlung</strong>en<br />

unmittelbar vor Antritt<br />

einer bewilligten stationären medizinischen<br />

Rehabilitationsmaßnahme in dafür<br />

geeigneten Rehabilitationseinrichtungen<br />

im Rahmen stationärer Kompaktleistungen<br />

als eine Form der Regel<strong>behandlung</strong> eingeführt<br />

werden.<br />

4.3 Ambulante Beratungs- und<br />

Behandlungsstellen<br />

In Deutschland existiert ein breites Angebot<br />

von ca. 1300 ambulanten Beratungsstellen<br />

und -diensten für <strong>Sucht</strong>kranke (vgl.<br />

Leune, 2012), von denen ein Teil auch als<br />

ambulante Rehabilitationseinrichtung zugelassen<br />

ist. Darin sind Haupt- und Nebenstellen<br />

wie auch Sozialpsychiatrische Dienste<br />

enthalten. Insgesamt wurden im Rahmen<br />

der Deutschen <strong>Sucht</strong>hilfestatistik 2010,<br />

welche auf den Daten von 777 ambulanten<br />

Beratungs- und Behandlungsstellen beruht,<br />

313.661 Betreuungen (Stichprobe aus<br />

„Zugängen“ und „Beendern“) im ambulanten<br />

Bereich (71,7 % Männer, 28,3 % Frauen)<br />

erfasst. Davon entfi elen 295.228 (74,8 %<br />

Männer, 25,2 % Frauen) auf Klienten mit<br />

eigener Symptomatik und 18.433 (23,1 %<br />

Männer, 76,9 % Frauen) auf Bezugspersonen.<br />

Die Hauptdiagnosen in der ambulanten<br />

Betreuung sind in Abb. 30 aufgeführt.<br />

Abb. 30: Hauptdiagnosen in der ambulanten<br />

Betreuung<br />

F10 Alkohol 53,4 % N = 85.673<br />

F11 Opioide 17,0 % N = 27.299<br />

F12 Cannabinoide 13,2 % N = 21.116<br />

F63 Pathologisches<br />

Glücksspielen<br />

4,5 % N = 7.294<br />

F15 Stimulantien 3,0 % N = 4.851<br />

F14 Kokain 2,2 % N = 3.507<br />

F17 Tabak 1,1 % N = 1.701<br />

Die weiteren Hauptdiagnosen mit geringer<br />

Inanspruchnahme sind F50 Essstörungen<br />

(0,9 %) und F19 Andere psychotrope Substanzen<br />

(0,6 %) (Pfeiff er-Gerschel, 2011).<br />

Bei der Mehrzahl der Klienten im ambulanten<br />

Bereich mit substanzbezogenen Störungen<br />

wird ein Abhängigkeitssyndrom<br />

diagnostiziert. Lediglich bei einigen Substanzen<br />

überwiegt der schädliche Gebrauch.<br />

Das Durchschnittsalter bei Betreuungsbeginn<br />

liegt bei 37,3 Jahren (Alkohol 41,3 Jahre,<br />

Heroin 34,0 Jahre, Cannabinoide 27,4<br />

Jahre, Amphetamine 27,2 Jahre).<br />

Die Dauer der Störung ist insgesamt gesehen<br />

recht hoch. Sie beträgt im Bereich Alkohol<br />

15,0 Jahre, bei Heroin 13,1 Jahre, bei<br />

Methadon 9,3 Jahre, bei Cannabinoiden<br />

11,1 Jahre, bei Barbituraten 13,6 Jahre, bei<br />

Benzodiazepinen 11,4 Jahre, bei Kokain<br />

10,9 Jahre, bei Amphetaminen 8,7 Jahre.<br />

Von daher ist festzustellen, dass auch im<br />

ambulanten Bereich eine erhebliche Zeitdauer<br />

vergeht, bis entsprechende Beratungsleistungen<br />

in Anspruch genommen<br />

werden. Auch zeigt sich, dass ein hoher Teil<br />

der Klienten arbeitslos ist. Insgesamt sind<br />

dies 40,8 %, davon 5,5 % arbeitslos am Tag<br />

vor Betreuungsbeginn nach SGB III (ALG 1)<br />

und 35,3 % arbeitslos nach SGB II (ALG 2).<br />

16,3 % der Klienten haben einen Migrationshintergrund,<br />

davon sind 10,3 % selbst<br />

migriert und 6,0 % in Deutschland als Kind<br />

von Migranten geboren.<br />

Die Beratungsstellen befi nden sich mit<br />

86 % zum überwiegenden Teil in Trägerschaft<br />

der Verbände der freien Wohlfahrtspfl<br />

ege oder anderer gemeinnütziger Organisationen,<br />

lediglich 9,3 % der Einrichtungen<br />

haben einen kommunalen bzw. öff entlich-rechtlichen<br />

Träger und nur ein kleiner<br />

Teil (2,4 %) befi ndet sich in privater Trägerschaft.<br />

Ambulante Beratungs- und Behandlungsstellen<br />

leisten einen wichtigen Beitrag zur<br />

<strong>Sucht</strong>krankenhilfe. Hinsichtlich der regionalen<br />

Verteilung der Beratungsstellen, der<br />

personellen Besetzung wie auch des Angebotsspektrums<br />

bestehen allerdings erhebliche<br />

Unterschiede.<br />

Das Leistungsspektrum von <strong>Sucht</strong>beratungsstellen<br />

ist in der Regel umfangreich<br />

und umfasst u. a. Kontaktaufnahme, Beratung,<br />

Betreuung, Nachsorge, Unterstützung<br />

der Selbsthilfe, Prävention, Vernetzung<br />

und Kooperation, Dokumentation<br />

und Statistik.<br />

Hinsichtlich der Art der Betreuung überwiegt<br />

über alle Hauptdiagnosen hinweg<br />

die ambulante <strong>Sucht</strong>beratung mit 86,3 %,<br />

gefolgt von der ambulanten Entwöhnungs<strong>behandlung</strong><br />

mit 9,7 %. Weitere Leistungen,<br />

welche in einer nennenswerten Fallzahl erbracht<br />

werden, sind die psychosoziale Be-<br />

Sonderausgabe<br />

gleitung bei Substituierten mit 7,2 % sowie<br />

ambulante sozialtherapeutische Maßnahmen<br />

mit 2,2 %. Keine Weitervermittlung erfolgt<br />

in 68,7 % (N=74.459) der Fälle, bezogen<br />

auf Klienten mit der Hauptdiagnose<br />

„Alkoholbezogene Störung“ (F10) beträgt<br />

diese 67,0 %. Hinsichtlich der Weitervermittlung/Verlegung<br />

(N=34.001) sind von<br />

besonderer Bedeutung bezogen auf alle<br />

vermittelten/verlegten Klienten (in Klammern<br />

sind die jeweiligen Vergleichswerte<br />

für F10-Diagnosen aufgeführt):<br />

• Selbsthilfegruppen 23,9 % (F10-Diagnose<br />

32,5 %)<br />

• Ärztliche oder Psychotherapeutische Praxis<br />

10,4 % (F10-Diagnose 9,3 %)<br />

• Behandlungsstelle/Fachambulanz 13,8 %<br />

(F10-Diagnose 12,2 %)<br />

• Krankenhaus(Abteilung) 9,2 % (F10-Diagnose<br />

7,0 %)<br />

• teilstationäre Rehabilitationseinrichtung<br />

2,8 % (F10-Diagnose 3,3 %)<br />

• stationäre Rehabilitationseinrichtung<br />

35,9 % (F10-Diagnose 34,4 %).<br />

Indikationsübergreifend zeigt sich folgendes<br />

Bild hinsichtlich der Anzahl der Kontakte<br />

bei planmäßiger Beendigung der <strong>Sucht</strong>beratung:<br />

• 2 – 5 Kontakte 35,7%<br />

• 6 – 10 Kontakte 23,0 %<br />

• 11 – 29 Kontakte 26,1 %<br />

• 30+-Kontakte 15,3 %<br />

Bei der unplanmäßigen Beendigung überwiegen<br />

2 – 5 Kontakte mit 51,8 %.<br />

Hinsichtlich der Problematik am Tag des<br />

Betreuungsendes wird der Behandlungserfolg<br />

wie folgt eingeschätzt:<br />

• erfolgreich 26,6 %<br />

• gebessert 36,7 %<br />

• unverändert 33,6 %<br />

• verschlechtert 3,1 %<br />

Abb. 31 gibt hierzu einen indikationsbezogenen<br />

Überblick.<br />

Die Kategorien „erfolgreich“, „gebessert“,<br />

„unverändert“, „verschlechtert“ erlauben<br />

natürlich nur eine grobe Einschätzung des<br />

Betreuungserfolges, von Interesse wäre es<br />

mittel- und längerfristige Entwicklungen<br />

nach Beendigung der Betreuung genauer<br />

zu untersuchen.<br />

Insgesamt sind ca. 45 % der ambulanten<br />

Stellen auch im Zuge der Vereinbarung „Abhängigkeitserkrankungen“<br />

(früher „Empfehlungsvereinbarung<br />

Ambulante Reha <strong>Sucht</strong>“)<br />

als Behandlungsstelle für ambulante medizinische<br />

Rehabilitationsleistungen zugelassen<br />

(vgl. Leune, 2011). Während anfangs die<br />

Behandlung von suchtkranken Menschen<br />

nahezu ausschließlich in den Händen von<br />

Fachkliniken lag, hat in den letzten Jahren<br />

die Bedeutung der ambulanten Rehabilitation<br />

deutlich zugenommen.<br />

<strong>Sucht</strong>Aktuell l 2 · 2012 25

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