Allianz für eine nachhaltige Beschaffung - DSTGB VIS
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Expertengruppe Statistik/Monitoring<br />
I. Einleitung<br />
„Die 2009 eingeführte Berücksichtigung vergabefrem-<br />
der Aspekte wird in ihren Wirkungen geprüft und<br />
gegebenenfalls korrigiert.“ heißt es im Koalitionsver-<br />
trag von 2009. Die Wirksamkeit (unter-)gesetzlicher<br />
Maßnahmen, die die Nachhaltigkeit des öffentlichen<br />
Einkaufes betreffen, kann aber tatsächlich nur anhand<br />
valider Daten geprüft werden.<br />
Die erforderlichen Daten jedoch liegen nicht vor. Wie<br />
die Expertengruppe Statistik/Monitoring bereits im<br />
Vorjahr aufgezeigt hat, handelt es sich dabei um ein<br />
grundsätzliches Problem in Deutschland. Es existiert<br />
weder <strong>eine</strong> Gesamtstatistik der öffentlichen Beschaf-<br />
fung, noch sind Statistiken zu Teilfragen verfügbar.<br />
Die geltenden EU-Vergaberichtlinien verpflichten die<br />
EU-Mitgliedstaaten, und damit auch Deutschland,<br />
zwar, zum 31. Oktober <strong>eine</strong>s jeden Jahres den Wert<br />
sowie die Anzahl der vergebenen Aufträge an die Eu-<br />
ropäische Kommission zu melden, jedoch betrifft<br />
diese Verpflichtung weitgehend nur den Oberschwel-<br />
lenbereich. Der Unterschwellenbereich wird lediglich<br />
<strong>für</strong> oberste Bundesbehörden abgebildet, indem deren<br />
Auftragsvolumina geschätzt werden.<br />
Der Mangel explizit an Daten zur <strong>nachhaltige</strong>n Be-<br />
schaffung in Deutschland zeigte sich auch im Zusam-<br />
menhang mit der Beantwortung der Großen Anfrage<br />
der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Ute Koczy, Viola<br />
von Cramon-Taubadel u. a. und der Fraktion<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Öffentliche Be-<br />
schaffung durch die Bundesregierung nach sozialen,<br />
ökologischen und entwicklungspolitischen Kriterien“<br />
(BT-Drucksache 17/7426).<br />
Nachdem die Expertengruppe Statistik/Monitoring<br />
2011 hauptsächlich die Datenlage in der Europäischen<br />
Union sowie bei Bund, Ländern und Kommunen<br />
untersucht sowie die gesetzlichen Vorschriften zur<br />
118<br />
Erhebung statistischer Daten geprüft hatte, entschied<br />
sie sich 2012 <strong>für</strong> <strong>eine</strong>n pragmatischen Untersuchungs-<br />
ansatz. Dieser umfasst drei Arbeitsschritte:<br />
� Definition <strong>nachhaltige</strong>r öffentlicher <strong>Beschaffung</strong>,<br />
� Festlegung <strong>eine</strong>s Musterwarenkorbes, der <strong>eine</strong>m<br />
Monitoring <strong>nachhaltige</strong>r öffentlicher <strong>Beschaffung</strong><br />
zu Grunde gelegt werden kann,<br />
� Untersuchung und Darstellung praktischer Lö-<br />
sungsansätze.<br />
II. Definition <strong>nachhaltige</strong>r öffentlicher Be-<br />
schaffung<br />
II.1. Nachhaltigkeit<br />
Bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde der<br />
Begriff der Nachhaltigkeit als theoretisches Konzept<br />
entwickelt. Hans Carl VON CARLOWITZ verwendete<br />
ihn 1713 erstmals <strong>für</strong> den Bereich der Forstwirtschaft.<br />
In der Praxis orientierte man sich an Aspekten der<br />
Nachhaltigkeit sogar schon seit dem 15. Jahrhundert<br />
in einigen Gegenden auf dem Gebiet des heutigen<br />
Deutschlands. Für die Forstwirtschaft war Nachhal-<br />
tigkeit gleich bedeutend mit <strong>nachhaltige</strong>r Nutzung der<br />
Forste. In den Wäldern sollte nur so viel Holz einge-<br />
schlagen werden, wie nachwächst. Außerdem sollte<br />
anderen natürlichen Flächen durch die Waldbewirt-<br />
schaftung kein Schaden zugefügt werden.<br />
Nachteilig an dem damaligen Verständnis von Nach-<br />
haltigkeit beziehungsweise von <strong>nachhaltige</strong>r Waldbe-<br />
wirtschaftung war insbesondere, dass es sehr eindi-<br />
mensional war. Die Aspekte der Wirtschaftlichkeit –<br />
Die Wälder sollten vornehmlich produktiv sein und<br />
bleiben! – und der Nutzbarkeit des Holzes standen<br />
klar im Vordergrund. Wechselwirkungen mit anderen<br />
natürlichen Systemen wurden nicht genügend berück-<br />
sichtigt. Weil insbesondere darauf geachtet wurde,<br />
dass stets <strong>eine</strong> ausreichende Menge schlagbaren Hol-<br />
zes zur Verfügung stand, vernachlässigte man bei der<br />
Waldbewirtschaftung zum Beispiel das Erfordernis