Amazonien: Stadt, Land, Fluss - FDCL
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terhalb der Armutsgrenze. Im Jahr 2000 erlangte<br />
die Firma Aguas do Amazonas (AdoA), eine Tochterfirma<br />
des französischen Wasserkonzerns Suez,<br />
eine 30-jährige Konzession für die Versorgung der<br />
<strong>Stadt</strong> Manaus, mit der Option auf eine 15-jährige<br />
Verlängerung. Der Verkauf wurde später vielfach<br />
kritisiert. Es wurde Korruption bei der Aushandlung<br />
des Vertrags vermutet und bemängelt, dass<br />
der Prozess intransparent war und unter dem völligen<br />
Ausschluss der Öffentlichkeit zustande kam.<br />
„Es existiert eine komplette Freiheit der Konzerne.<br />
In Manaus haben sie den Bürgermeister gekauft<br />
und einige Abgeordnete und haben einen extrem<br />
flexiblen Vertrag dafür bekommen“, bestätigt Luis<br />
Fernando.<br />
Zudem war Manaus Saneamento erst kurz zuvor<br />
gegründet worden, um so die lukrative städtische<br />
Versorgung von der ärmeren ländlichen<br />
Vozes da Amazônia<br />
Versorgung abspalten zu können. Die Versorgung<br />
der <strong>Stadt</strong> Manaus wurde zudem zu einem vierfach<br />
geringeren Preis verkauft, als vorher geschätzt<br />
worden war. Zurzeit werden etwa 80 Prozent der<br />
Bevölkerung mit Trinkwasser versorgt – zumindest<br />
werden ihnen Rechnungen ausgestellt. Auch<br />
kommt das Wasser wenige Stunden am Tag zu<br />
unregelmäßigen Zeiten. „Die Firma versucht vor<br />
allem die Rechnungen einzutreiben, anstatt die<br />
Wasserversorgung zu verbessern“, berichtet Graciela<br />
Rodriguez vom Institut EQÜIT, das 2008 eine<br />
Studie über die Auswirkungen der Privatisierung<br />
auf die AnwohnerInnen herausgebracht hat.<br />
Nun hat sich der Konzern ein neues Modell einfallen<br />
lassen: „Die Rechnungen werden von einer<br />
Gemeinschaft gestellt und nicht mehr von dem Betrieb<br />
selber. Nun sind es die eigenen Freunde, Kollegen,<br />
Nachbarn, die Druck auf die Anwohnerinnen<br />
und Anwohner ausüben, ihre Wasserrechnungen<br />
zu bezahlen. Das tun sie auch mit der Drohung,<br />
sonst das Wasser abzustellen. Diese Menschen,<br />
die vielleicht kurzfristig arbeitslos waren, sind nun<br />
praktisch Angestellte der Firma AdoA. Das hat<br />
große Probleme in den <strong>Stadt</strong>bezirken verursacht“,<br />
erzählt die Wissenschaftlerin konsterniert.<br />
In der armen Region der zona l`este (östliches<br />
Manaus) zum Beispiel trinken 63 Prozent der Menschen<br />
notgedrungen Wasser aus den öffentlichen<br />
Brunnen und täglich werden es mehr. „Viele bauen<br />
auch eigene Brunnen und verkaufen dieses Wasser<br />
an andere Familien in der Nachbarschaft. Dieses<br />
Wasser ist gar nicht kontrolliert. Die Bevölkerung<br />
wächst gerade in den armen Regionen und das<br />
Problem der Abwasserentsorgung ist überhaupt<br />
nicht gelöst“, erzählt Graciela Rodriguez besorgt.<br />
Die Firma AdoA stellt Rechnungen nach Blocktarifen,<br />
die nach Verbrauch und Nutzerkategorie gestaffelt<br />
sind. Dies sind private Haushalte, Industrie<br />
Was ist für Dich <strong>Amazonien</strong>?<br />
Was ist charakteristisch für die Region?<br />
„<strong>Amazonien</strong> ist ein wundervoller Ort zum Leben: wir<br />
führen hier ein ruhiges Leben, mit reiner Luft und viel<br />
Wasser. Aber wir brauchen mehr Leute mit mehr Bewusstsein<br />
dafür, unsere natürlichen Reichtümer zu<br />
schützen.“<br />
Sandra Maria de Matos Cardoso<br />
Rede de Mulheres em Comunicação (Amapá)<br />
Stimmen aus <strong>Amazonien</strong><br />
und öffentlicher Sektor. Die Preise steigen je nach<br />
Kategorie und mit dem Verbrauch an. Die Haushalte<br />
haben zum Beispiel einen Minimaltarif von 82<br />
Litern pro Person und Tag. Die Idee der Blocktarife<br />
war ursprünglich, eine Quersubventionierung vor<br />
allem der ärmeren Haushalte mit wenig Verbrauch<br />
von den Großverbrauchern im kommerziellen Sektor<br />
zu ermöglichen. Doch die Struktur der WassernutzerInnen<br />
in Manaus stand dem von Beginn an<br />
entgegen. 92 Prozent der Wasserrechnungen gehen<br />
an die Haushalte, von denen sich wiederum 83<br />
in den unteren zwei Konsumkategorien bewegen.<br />
Die industriellen Nutzer hatten oft schon eigene<br />
Brunnen auf dem Gelände, so dass ihre Wasserentnahme<br />
nicht über AdoA abgerechnet wird.<br />
Die Tarife werden jährlich der Inflation angepasst,<br />
was eine jährliche Preissteigerung von circa<br />
10 Prozent bedeutet. Das gilt aber häufig nicht für<br />
die lokalen Löhne, für die Menschen wird also das<br />
Wasser immer teurer. Zusätzlich kam es zu zwei