Amazonien: Stadt, Land, Fluss - FDCL
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gen lassen, sondern ebenso auch Unternehmen<br />
und Agrarbetriebe sowie deren Repräsentanten.<br />
Die <strong>Land</strong>konflikte in <strong>Amazonien</strong> sind aber<br />
gerade dadurch verursacht, dass Agrarbetriebe<br />
immer weiter vordringen, sich <strong>Land</strong> zu Unrecht<br />
aneignen und dabei auch nicht davor zurückschrecken,<br />
darauf wirtschaftende Menschen zu<br />
vertreiben. Latifundien durften über einen Umweg<br />
schon in der Ursprungsversion der Regierungsmaßnahme<br />
anerkannt werden, was von<br />
den sozialen Bewegungen bereits im Februar<br />
stark kritisiert wurde. Die in der MP genannte<br />
Obergrenze von 15 Fiskalmodulen (Grundbesitz<br />
über 15 Fiskalmodulen gilt als Großgrundbesitz.<br />
Das Fiskalmodul wird von den Kommunen<br />
festgelegt und variiert je nach Bodennutzung,<br />
klimatischen Bedingungen und potenziellem<br />
Einkommen des <strong>Land</strong>es.) kann durch Statthalter<br />
ohnehin ohne weiteres umgangen werden,<br />
so dass eine einzige Person oder ein einziges<br />
Unternehmen sich letztlich so viel <strong>Land</strong> eintragen<br />
lassen kann, wie sie/es bezahlen kann und<br />
Statthalter aufbringt.<br />
Auch wurde die Regelung ausgehebelt, dass<br />
die Begünstigten über keine weiteren <strong>Land</strong>titel<br />
in Brasilien verfügen dürfen. Für die Unzahl<br />
kleiner posseiros (Menschen, die <strong>Land</strong> bereits<br />
über einen längeren Zeitraum für ihren Eigenbedarf<br />
bewirtschaften) wäre eine solche Regelung<br />
nicht notwendig gewesen, denn sie verfügen<br />
<strong>Amazonien</strong>: Waldrodung und Satellitenkontrolle<br />
<strong>Amazonien</strong> als Gebiet teilen sich Brasilien, Französisch-Guayana, Surinam, Guyana, Venezuela,<br />
Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien. Allein der brasilianische Teil <strong>Amazonien</strong>s (genannt Amazônia<br />
Legal) erstreckt sich über neun Bundesstaaten (Acre, Amapá, Amazonas, Mato Grosso,<br />
Pará, Rondônia, Roraima, Tocantins und Teile des Bundesstaates Maranhão) bei einer Fläche von<br />
5.217.423 km². Hierzulande erscheint <strong>Amazonien</strong> in den Medien eigentlich immer nur dann,<br />
wenn es um die neuesten Daten zur Abholzung des Waldes geht. Diese sind in der Tat erschreckend:<br />
Allein in Brasilien wurden in den letzten 40 Jahren schätzungsweise 17 Prozent des brasilianischen<br />
Amazonasregenwaldes vernichtet – schätzungsweise, denn so ganz genau weiß das<br />
niemand – trotz aller moderner Satellitentechnik. Ein Beispiel: Das brasilianische Nationale Institut<br />
für Weltraumforschung (INPE) veröffentlichte Anfang Juni 2008 die Auswertung der damals<br />
neuesten Satellitenbilder. So waren allein im April 2008 1.132 Quadratkilometer Regenwald<br />
gerodet worden, etwa acht Mal so viel wie im März 2008, als noch rund 148 Quadratkilometer<br />
gerodet worden waren. Das Institut wies aber auch explizit darauf hin, dass möglicherweise<br />
erheblich mehr Regenwald abgeholzt wurde. Denn: Im März waren den Angaben zufolge 78<br />
Prozent des Regenwaldes durch Wolken verdeckt, im April waren es 53 Prozent. Und die Wolken<br />
verhindern detailgenaue Messungen.<br />
Die aktuellen DETER-Daten von Juni 2009 zeichnen ein ähnliches Bild: In ganz <strong>Amazonien</strong><br />
wurden 578 km² gerodet – im Vergleich dazu wurden im Mai 123 km² gerodet: eine Steigerung<br />
um 370 Prozent. Jedoch auch hier wurde sogleich auf die Wolkenlage hingewiesen: Im Zeitraum<br />
des Monats Juni 2009 konnten 43 Prozent des gesamten Amazonasgebiets vom Satellitensystem<br />
DETER wegen der Wolkenbedeckung nicht erfasst werden. Bundesstaaten wie Amapá, o<br />
Amazonas e Roraima – so der Juni-Bericht von DETER – konnten zu je 96 Prozent, 70 Prozent<br />
und 94 Prozent nicht erfasst werden – wegen der Wolken.<br />
In Brasilien werden zur Zeit zwei Statistiken zur Messung der Entwaldung verwendet: das<br />
DETER-Satellitensytem (Sistema de Detecção de Desmatamento em Tempo Real) kann mit seiner<br />
Auflösung Waldrodungen ab einer Größe von 25 Hektar erfassen, das PRODES-System (Projeto<br />
Monitoramento do Desmatamento na Amazonia Legal) erzielt genauere Daten, benötigt aber eine<br />
Analysezeit von bis zu einem Jahr. Und selbst bei einer noch genaueren Satellitenerfassung ist<br />
nie abschließend klar, in welchem Zustand sich ein Waldgebiet befindet: Die tendenzielle Menge<br />
an Baumkronen kann im Optimalfall (wenig Wolken) zwar erfasst werden, aber das sagt nicht<br />
zwangsläufig etwas über die Qualität des Baumbestandes und des Waldes aus. Und bei der<br />
schieren Größe <strong>Amazonien</strong>s wird leicht einsichtig, dass ein umfassendes Monitoring vor Ort<br />
schlicht nicht möglich sein kann.<br />
Christian Russau<br />
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