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Amazonien: Stadt, Land, Fluss - FDCL

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Gesetz besagt, das Wasser ein öffentliches Gut<br />

ist. Aber es fehlt an Regelwerk und Implementierung,<br />

es gibt keine Strukturen und keine Geldmittel<br />

für Studien. Es gibt absolut keine Kontrolle.<br />

Das Bundesamt für Wasserresourcen müßte<br />

diese Vorgaben umsetzen, aber es tut es nicht.<br />

Im Amazonasgebiet wird viel Soja angebaut,<br />

und der Sojaanbau braucht viel Wasser. Wie<br />

sehen Sie die Problematik der Sojaplantagen<br />

in <strong>Amazonien</strong> in Bezug auf die Wasserfrage<br />

und darüber hinaus?<br />

Sojaanbau und auch der Anbau von Zuckerohr<br />

haben wachsende Auswirkungen auf den Wasserhaushalt.<br />

Beide schreiten täglich tiefer in<br />

die Bundesstaaten <strong>Amazonien</strong>s hinein, so zum<br />

Beispiel in Acre und Tocantins. Der Bundesstaat<br />

Mato Grosso wollte sich kürzlich aus dem<br />

Rechtsgebiet <strong>Amazonien</strong> herausziehen, da es<br />

für dieses Gebiet eine Verordnung zum Schutz<br />

des Regenwaldes gibt. 80 Prozent des Waldes<br />

sind geschützt und dürfen nicht gefällt werden.<br />

Das macht Sojaplantagen illegal. Und die Holzfällungen<br />

zu legalisieren und um weiter mit der<br />

Pflanzung fortfahren zu können, wollte der Governeur<br />

von Mato Grosso, der Sojabaron Blairo<br />

Maggi, den Bundesstaat von „Amazônia Legal“<br />

unabhängig machen, um diese Regelung zu umgehen.<br />

Die sozio-ökologischen Folgen des Sojaanbaus<br />

sind ihm egal, die Art der Produktion<br />

ist ihm nicht wichtig, auch nicht die Auswirkungen<br />

auf die Biodiversität. Es gibt auch keine<br />

Kontrolle in der Region. Wenn die Holzhändler<br />

Einschlagslizenzen beantragen, dann geben<br />

sie einfach ein Drittel der Fläche an, schlagen<br />

aber alles Holz ein. Man kann in Mato Grosso<br />

Lastwagen hinter Lastwagen fahren sehen, alle<br />

mit illegalem Holz beladen. Mit den Holzfällern<br />

stirbt der Wald, die Viehzüchter kommen und<br />

danach das Soja.<br />

Gibt es Übereinkommen zwischen den Holzfällern<br />

und den Sojaanbauern?<br />

Nein, es gibt keine Übereinkommen, aber es gibt<br />

stillschweigende Zusammenarbeit zwischen den<br />

staatlichen Behörden, den Holzfällern und denen,<br />

die danach davon profitieren. Ohne Kontrolle<br />

über den Holzeinschlag gibt es keine Kontrolle<br />

über die Viehhaltung und den Ausbau der<br />

Sojaplantagen.<br />

Der Ruf nach einem anderen Entwicklungsmodell<br />

war auf dem Sozialforum in Belém<br />

sehr laut zu hören. Was denken Sie, könnten<br />

die Zivilbevölkerung und die sozialen Bewegungen<br />

in Europa dazu beitragen, um dieses<br />

Bestreben zu unterstützen?<br />

Die Geschichte fängt nicht hier in <strong>Amazonien</strong><br />

an. Es geht um internationale Firmen und Konzerne,<br />

die nach <strong>Amazonien</strong> kommen und seine<br />

Ressourcen ausbeuten. Die lokale Bevölkerung<br />

muss gestärkt und ihr Wissen wertgeschätzt<br />

werden. Wir brauchen neue Technologien, Ressourcen,<br />

Kredite, Sozialstrukturen, eine funktionierende<br />

Mikroökonomie. Wir brauchen eine<br />

andere sozio-ökologische Kultur, die neues<br />

und altes Wissen verbindet und die Integration<br />

der Gemeinden fördert. Es müssen neue<br />

Einkommensquellen für die lokale Bevölkerung<br />

geschaffen werden, die im Moment keine Alternativen<br />

haben, als dort zu arbeiten, wo sie Arbeit<br />

finden. Es gibt viel Wissen, was nicht zum<br />

Vorteil der lokalen Gemeinden genutzt wird,<br />

das verloren geht zugunsten kurzfristiger Ausbeutung.<br />

<strong>Amazonien</strong> hat eine starkes Potential<br />

und seine Menschen verfügen über viel Wissen.<br />

Sie müssen Protagonisten sein – eine langfristige,<br />

nachhaltige Entwicklung mit ihnen und für<br />

sie: eine Entwicklung, die ihre Wurzeln in der<br />

Geschichte <strong>Amazonien</strong>s hat.<br />

Interview: Kim Weidenberg<br />

Anmerkungen der Redaktion<br />

(1) Der Bundesstaat Acre liegt an der westlichen<br />

Außengrenze des brasilianischen Amazonasgebiets<br />

an der Grenze zu Bolivien und Peru.<br />

Mit Tocantins wiederum bezieht sich Novoa auf<br />

Ostamazonien. Damit ist aufgezeigt, wie umfassend<br />

die Problematik von Soja und Zuckerrohranbau<br />

für <strong>Amazonien</strong> ist. Im allgemeinen<br />

zieht der Sojaanbau vom so genannten mittleren<br />

Westen, dem Zentrum Brasiliens, gen Norden.<br />

(2) Der Rechtsraum „Amazônia Legal“ erstreckt<br />

sich über weite Teile der neun nördlichen<br />

Bundesstaaten Brasiliens. Juristisch ist<br />

er insofern bedeutsam, als dass diverse Bundesgesetze<br />

Rechtsvorgaben für diesen Raum<br />

beschreiben.<br />

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