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Amazonien: Stadt, Land, Fluss - FDCL

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„Wir müssen Belo Monte unbedingt<br />

verhindern“<br />

Ein Interview mit Antonia Melo von der Stiftung Leben,<br />

Produzieren und Schützen<br />

Die 59-jährige Antonia Melo kam in den<br />

1950er Jahren in den Bundesstaat Pará. Seit<br />

20 Jahren ist sie in verschiedenen sozialen Bewegungen<br />

aktiv. Im Gespräch äußert sie sich<br />

zum Widerstand gegen das geplante Staudamm-<br />

und Wasserkraftprojekt Belo Monte<br />

und zu möglichen Entwicklungsalternativen<br />

der Region am Rio Xingu.<br />

Die Stiftung, bei der Sie mitarbeiten, verfolgt<br />

das Ziel, eine nachhaltige Entwicklung<br />

in der Region Altamira voranzutreiben, gemeinsam<br />

mit Kleinbauern an der Transamazônica,<br />

den Frauen in der <strong>Stadt</strong> Altamira,<br />

<strong>Fluss</strong>anwohnern und indigenen Gemeinden.<br />

Inwiefern steht das Staudammprojekt diesem<br />

Ziel entgegen?<br />

Die Regierung hat zwar ankündigt, eine Summe<br />

von fast sieben Milliarden Reais (rund 2,3 Milliarden<br />

Euro, Anm.d. Red.) öffentlicher Gelder<br />

zu investieren, um die Staudämme von Belo<br />

Monte zu bauen. Doch weder wurde vorher<br />

die <strong>Land</strong>frage noch die Ansiedlung von Kleinbauern<br />

geklärt. Hunderte Familien warten bisher<br />

vergeblich auf <strong>Land</strong> und Unterstützung.<br />

Der Staat hat sich hier in Altamira noch nicht<br />

im geringsten um Infrastruktur, Sozial- oder<br />

Umweltpolitik gekümmert. Es ist eine Schande.<br />

Denn um eine Verbesserung der Situation<br />

der Menschen von Altamira zu erreichen, ist<br />

es unabdingbar, dass eine ganzheitliche Politik<br />

entwickelt und umgesetzt wird. Die muss<br />

Bildung, Gesundheit, eine <strong>Land</strong>reform und die<br />

<strong>Land</strong>regulierung einschließen. Vor allem die<br />

Kleinbauern brauchen technische Begleitung,<br />

Kredite und Fortbildung.<br />

Welche sozialen Auswirkungen befürchtet<br />

Ihr, wenn das Wasserkraftwerk Belo Monte<br />

kommt?<br />

Der Bau von Belo Monte würde alles in Frage stellen,<br />

was wir bisher erreicht haben. Wir setzen<br />

uns seit 15 Jahren für die Entwicklung der kleinbäuerlichen<br />

<strong>Land</strong>wirtschaft ein. Für uns bedeutet<br />

das Wasserkraftwerk den Verlust des <strong>Land</strong>es für<br />

sehr viele Familien. Es führt dazu, dass neue Gebiete<br />

für Ackerland gerodet werden. Es bedeutet<br />

zudem, dass zehntausende Menschen hierher<br />

kommen werden, um dem Geist der angeblich<br />

durch die Staudämme geschaffenen Arbeitsplätze<br />

nachzujagen. Die Folgen wären eine zunehmende<br />

Armut, die umliegende Orte werden<br />

aufgebläht, das dünne soziale Netz zerreißt und<br />

die ländliche Bevölkerung, Indigene und <strong>Fluss</strong>anwohner<br />

werden hier stranden. Wir wissen aus<br />

dem Beispiel des Tucuruí-Staudamms (gebaut<br />

1984 im Bundesstaat Pará, Anm. d. Red.), dass<br />

ein derartiges Projekt der lokalen Bevölkerung<br />

nicht nützt.<br />

Welche ökologischen Auswirkungen sind zu<br />

erwarten?<br />

Es ist eine kaum kalkulierbare Katastrophe. Der<br />

Xingu wird sich komplett verändern, da der Wasserfluss<br />

durch zwei Kanäle kontrolliert werden<br />

soll, für deren Konstruktion hunderte Millionen<br />

Kubikmeter Erdreich und Felsgestein ausgehoben<br />

werden müssen. Fische und Wasservögel werden<br />

massiv betroffen sein, wie wir bereits in Tucuruí<br />

beobachten konnten. Am oberen Teil des Xingu<br />

wird es konstante Überschwemmungen geben,<br />

während der Xingu unterhalb der Staumauern<br />

zum Rinnsal wird. Teile der Volta Grande do Xingu<br />

(unter staatlichem Naturschutz stehendes Gebiet,<br />

Anm. d. Red.) werden somit trocken fallen<br />

und damit wird der Schiffsverkehr zum Rio Bacajá<br />

unterbrochen, dem einzigen Zugang zu den Gemeinden<br />

der <strong>Fluss</strong>anwohner und Indigenen.<br />

Es gibt aber noch ein weiteres Problem. Da<br />

der Xingu sechs Monate im Jahr Niedrigwasser<br />

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