Amazonien: Stadt, Land, Fluss - FDCL
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Rinderauftrieb in <strong>Amazonien</strong><br />
den großen Einfluss des Sektors auf die Entwicklungsdynamiken<br />
in <strong>Amazonien</strong> zu verstehen,<br />
zumal wenn sich dies mit neuen Tendenzen verbindet<br />
– wie Modernisierung und Intensivierung<br />
der <strong>Land</strong>wirtschaft in anderen <strong>Land</strong>esteilen. Noch<br />
attraktiver wird das Viehzuchtgeschäft in <strong>Amazonien</strong>,<br />
wenn die Bodenpreise berücksichtigt werden.<br />
Kostete im Jahre 2006 ein Hektar Viehweide<br />
im Südosten Brasiliens über 4.000 Reais (heute in<br />
etwa 1.400 Euro), waren es im selben Zeitraum<br />
für einen Hektar in <strong>Amazonien</strong> nur<br />
770 Reais (275 Euro).<br />
Noch fehlen systematische<br />
Studien, die die Dynamik der Flächennutzung<br />
in den letzten Jahren<br />
untersuchen. Doch zeichnen<br />
zahlreiche Reportagen und Interviews<br />
ein deutliches Bild: „Das<br />
Rind wird nach Norden gehen. Der<br />
Druck wird immer stärker werden, dort neue Weiden<br />
anzulegen“, so Marcelo de Carvalho Dias,<br />
Tierfutterhändler aus Barreto in São Paulo, gegenüber<br />
der brasilianischen Wirtschaftszeitung<br />
Valor Econômico. Er führt weiter aus, dass „die<br />
Viehzücher hier in São Paulo dazu tendieren, ihr<br />
<strong>Land</strong> an die Zuckerrohrindustrie zu verpachten.<br />
Sie nehmen das Geld und züchten Vieh in <strong>Amazonien</strong>.<br />
Es gibt Regionen in <strong>Amazonien</strong>, die sind<br />
fruchtbar wie Riberão Preto in São Paulo.“<br />
In seiner einflussreichen Studie für die Weltbank<br />
hatte Sergio Margulis bereits 2003 darauf<br />
hingeweisen, dass die Produktivität der Rinderzucht<br />
in <strong>Amazonien</strong> zwar stark schwankt, aber<br />
in vielen Regionen deutlich über der von klassischen<br />
Rinderzuchtgebieten wie São Paulo liegt.<br />
Das alte Klischee von einer zurückgebliebenen,<br />
wenig produktiven Rinderzucht in <strong>Amazonien</strong><br />
muss also dringend revidiert werden. Nicht die<br />
geringe Produktivität der Rinderzucht in <strong>Amazonien</strong><br />
ist das Problem, sondern ihre ökonomische<br />
Rationalität samt Inwertsetzungsdenken.<br />
Es lohnt sich eben, Vieh in Ama-<br />
„Es ist nur logisch,<br />
dass die Viehzucht<br />
da ist. Die Viehzucht<br />
ist das ökonomische<br />
Modell, das<br />
Ergebnisse bringt.”<br />
zonien zu produzieren. Nicht umsonst<br />
haben die großen Schlachthofketten<br />
in den letzten Jahren<br />
massiv in <strong>Amazonien</strong> investiert<br />
– so beispielsweise der brasilianische<br />
Konzern Bertin, der in<br />
der <strong>Stadt</strong> Maraba im Amazonasbundesstaat<br />
Pará mittels großzügigem<br />
Weltbankkredit einen Megaschlachthof<br />
mit einer Schlachtkapazität von 5.400 Rindern<br />
pro Tag errichten konnte. Und die größte<br />
Schlachthofkette Brasiliens, JBS-Friboi, hat sich<br />
mittlerweile zu einem multinationalen Player<br />
entwickelt und ist zum zweitgrößten Rindfleischexporteur<br />
der Welt aufgestiegen.<br />
Viehzucht in <strong>Amazonien</strong> ist in der Regel big<br />
business. Die meisten Entwaldungen sind großflächig,<br />
die Viehfarmen riesig. Dennoch wird seit<br />
vielen Jahren auch die Beteiligung von Kleinbauern<br />
und -bäuerinnen sowie WaldnutzerInnen