Amazonien: Stadt, Land, Fluss - FDCL
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Piraten ohne Kopftuch und Augenklappe: Auf illegal abgeholzten Flächen weidende Rinder<br />
nisationen sowie sozialen Bewegungen vorausgegangen.<br />
Im Lauf der 1990er Jahre schlossen<br />
sich 114 Organisationen zu der „Bewegung für<br />
die Entwicklung der Transamazônica und Xingu“<br />
(Movimento Pelo Desenvolvimento da Transamazônica<br />
e Xingu - MDTX) zusammen, um sich<br />
vereint für den Schutz dieser Ökosysteme einzusetzen.<br />
Die konzertierte Öffentlichkeits- und<br />
Lobbyarbeit endete schließlich 2002 erfolgreich<br />
mit der Deklarierung als Naturschutzreservat<br />
durch das brasilianische Umweltministerium.<br />
Die Bundesregierung traf allerdings keine präventiven<br />
Schutzmaßnahmen vor zukünftigen<br />
Zerstörungen, sodass Großgrundbesitzer und<br />
Holzhändler auf ihren Booten ungehindert in die<br />
Naturreservate eindringen und Holzabschlag oder<br />
Brandrodung betreiben konnten. Nach Aussage<br />
des <strong>Land</strong>arbeiters Piauí wurden Inspektionsteams<br />
der IBAMA regelmäßig durch lokale Radiosender<br />
angekündigt, was den Holzfällern genügend Zeit<br />
zum Verschwinden ließ. Schließlich kam der brasilianische<br />
Staat seiner Präsenzpflicht nach und entsandte<br />
eine Gruppe von Fachkräften mit Ärzten,<br />
Rechtsanwälten, Richtern, Staatsanwälten und<br />
Kriminalbeamten in unterversorgte entlegene Gebiete.<br />
Den Bewohnern aus der Region Iriri bot sich<br />
im Juli 2005 erstmals Gelegenheit, vor Ort ärztliche<br />
Hilfe in Anspruch nehmen zu können und<br />
Aufklärung über ihre Rechte zu erhalten.<br />
Staatliche Hilfeleistungen für benachteiligte<br />
Menschen und Vorkehrungen zum Naturschutz<br />
auf Betreiben von Umweltorganisationen sind<br />
zwar nützliche Einzelaktionen, können jedoch<br />
allein nicht zur Lösung der strukturellen Probleme<br />
beitragen. Zahlreiche <strong>Land</strong>arbeiter und Menschenrechtsaktivisten<br />
haben nach diesen Aktionen<br />
über das besonders repressive Vorgehen der<br />
Großgrundbesitzer berichtet.<br />
Es fehlen verlässliche Rahmenbedingungen für<br />
eine langfristig angelegte Politik, die unter anderem<br />
die permanente Etablierung von staatlichen<br />
Schutz- und Ordnungsorganen sowie von öffentlichen<br />
Gesundheits- und Bildungseinrichtungen<br />
vorsehen muss und die den von ihren Grundstücken<br />
gewaltsam vertriebenen Menschen wieder<br />
ein Stück <strong>Land</strong> in Terra do Meio zusichert, das sie<br />
bewirtschaften können. Viele dieser <strong>Land</strong>arbeiterfamilien<br />
fristen bis heute ein trostloses Dasein in<br />
den Peripherien der Städte Altamira und São Felix<br />
do Xingu und wünschen sich nichts sehnlicher,<br />
als in ihre Heimat zurückkehren zu können.<br />
Autorenteam Justiça Global<br />
Übersetzung Sven Hilbig<br />
Gekürzter Textausschnitt (S.73-79 ) aus: <strong>FDCL</strong><br />
(Hrsg.) // Menschenrechtsverletzungen im Amazonas<br />
– <strong>Land</strong>konflikte und Gewalt im Grenzgebiet<br />
von Pará, Lusophonie, 2005