Amazonien: Stadt, Land, Fluss - FDCL
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„Es geht darum,<br />
den Erdölverbrauch zu reduzieren“<br />
Esperanza Martínez von Oilwatch über die Aussichten,<br />
Ecuadors größtes Erdölvorkommen unberührt zu lassen<br />
Seit knapp 35 Jahren wird die Wirtschaft Ecuadors<br />
von der Erdölförderung angetrieben. Die<br />
Umweltschäden sind immens. Im letzten Jahr<br />
kam dann ein revolutionärer Vorschlag: Das<br />
so genannte ITT-Ölfeld und größte Vorkommen<br />
des <strong>Land</strong>es im Yasuní-Nationalpark soll<br />
nicht angetastet werden. Als Kompensation<br />
solle die internationale Gemeinschaft jedoch<br />
einen finanziellen Beitrag in Höhe der Hälfte<br />
der entfallenden staatlichen Einnahmen<br />
leisten. Kommt diese Finanzierung nicht zustande,<br />
soll das Vorkommen parallel für die<br />
Erschließung durch Erdölfirmen ausgeschrieben<br />
werden. Die Lateinamerika Nachrichten<br />
sprachen mit Esperanza Martínez über den<br />
Stand der Diskussion.<br />
Wie kam es zu der Idee, Geld für die Nicht-<br />
Förderung von Erdöl zu verlangen?<br />
Die Idee stammte von lokalen Gemeinden im Widerstand<br />
gegen die Erdölfirmen, anderen gesellschaftlichen<br />
Gruppen und Nichtregierungsorganisationen<br />
wie Acción Ecológica und Oilwatch. Sie<br />
alle sind schon seit langer Zeit der Meinung, dass<br />
die Entwicklung Ecuadors hin zu einem post-fossilen<br />
Energiemodell notwendig ist. Vor etwa zehn<br />
Jahren entstand der Vorschlag für ein „Moratorium<br />
gegen die Ausweitung der Erdölfront“. Das zentrale<br />
Argument war, dass es nicht nötig sei, weiter nach<br />
Erdöl zu suchen, da man nicht einmal die bereits<br />
entdeckten Reserven aufbrauchen kann, ohne die<br />
ökologische Tragfähigkeit der Erde zu überschreiten.<br />
Auf der Basis des Prinzips der gemeinsamen, aber<br />
differenzierten Verantwortung wurde das folgende<br />
Konzept entwickelt: Entweder eine Kompensation<br />
für die Nicht-Förderung des Rohöls einzufordern,<br />
oder – und das war die ursprüngliche Idee – das<br />
Erdöl unter der Bedingung zu verkaufen, dass es in<br />
der Erde belassen wird. Diesen Vorschlag für den<br />
Yasuní-Nationalpark durchzubringen war nicht<br />
einfach, denn wir sprechen hier von den wichtigsten<br />
Ölreserven des <strong>Land</strong>es. Zugleich war es jedoch<br />
sehr dringend, da es sich bei dem Projekt, dem so<br />
genannten Ishpingo-Tambococha-Tiputini-Projekt<br />
– kurz ITT – um ein besonders emblematisches<br />
Gebiet handelt.<br />
Die ecuadorianische Regierung nahm den<br />
Vorschlag im letzten Jahr auf. Wurde die<br />
Grundidee seitdem verändert?<br />
Der Teil des Projekts zum Klimawandel wurde im<br />
letzten Jahr sehr verändert: Bei der Suche nach Finanzierungsmechanismen<br />
wurden mit den carbon<br />
credits auf einmal neoliberale Marktmechanismen<br />
in Betracht gezogen. Diese Kommerzialisierung<br />
und generell der Verkauf von so genannten Umweltdienstleistungen<br />
treffen im <strong>Land</strong> jedoch auf<br />
eine sehr kritische Haltung. Denn diese Mechanismen<br />
stoppen keine Emissionen und verfehlen<br />
damit das zentrale Problem des Klimawandels. Es<br />
geht beim ITT-Projekt nicht darum, den Verschmutzerländern<br />
einen Freischein zu geben, damit diese<br />
weiter die Atmosphäre verschmutzen können. Die<br />
Idee soll vielmehr einen echten Versuch darstellen,<br />
den Erdölkonsum zu reduzieren. Die ursprünglichen<br />
Positionen von Präsident Correa und der Umweltministerin<br />
waren noch sehr kritisch gegenüber<br />
den Mechanismen des Kyoto-Protokolls und den<br />
carbon credits, da diese den Klimawandel zu einem<br />
Geschäft für die Verschmutzer machen. Als jedoch<br />
im Januar dieses Jahres begonnen wurde, die Finanzierungsmechanismen<br />
auszuarbeiten, verstummte<br />
diese Kritik plötzlich. Und der Vorschlag stellte<br />
sich auf einmal als Verkauf von Umweltdienstleistungen<br />
dar. Wir als VertreterInnen mehrerer NRO<br />
arbeiten jetzt daran, dass die Regierung wieder zur<br />
Ursprungsidee zurückkehrt.<br />
Seit der Bekanntmachung des Konzepts<br />
durch Rafael Correa ist mehr als ein Jahr ver-