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Amazonien: Stadt, Land, Fluss - FDCL

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Kein Zuckerrohr in <strong>Amazonien</strong>?<br />

Die Debatte um Regenwaldrodung und Zuckerrohr geht weiter<br />

- die Regierung leugnet Tatsachen<br />

Die Zuckerrohrproduktion in Brasilien erfolgt<br />

vielerorts unter sklavereiähnlichen Arbeitsbedingungen.<br />

Die Produktion in großflächigen<br />

Monokulturen erfordert massiven Pestizideinsatz.<br />

Deshalb ist die Umwelt- und<br />

Sozialbilanz von Agrartreibstoffen aus Zuckerrohr<br />

nicht so gut, wie gerne dargestellt.<br />

Dies ist nichts Neues. Aber wie stehen eigentlich<br />

Zuckerrohranbau und Regenwaldrodung<br />

in <strong>Amazonien</strong> im Zusammenhang?<br />

Am 5. Juli 2007 bekräftigte Brasiliens Präsident<br />

Luis Inácio Lula da Silva gegenüber europäischen<br />

PolitikerInnen und der Presse in Brüssel im<br />

Rahmen seines Arbeitsbesuches bei der Europäischen<br />

Kommission: „Es gibt kein Zuckerrohr in<br />

<strong>Amazonien</strong>!“ Genau zeitgleich berichteten brasilianische<br />

Zeitungen von einer Ethanolfabrik in<br />

<strong>Amazonien</strong>, auf deren Zuckerrohrfeldern 1.108<br />

Arbeitende aus sklavereiähnlichen Verhältnissen<br />

befreit worden waren. Am 29. Juli 2007 hatte<br />

auch der brasilianische Agrarminister, Reinhold<br />

Stephanes, dem Magazin O Globo erklärt: „In<br />

<strong>Amazonien</strong> gibt es kein Zuckerrohr. Wir haben<br />

keine Kenntnis über dergleichen Projekte, weder<br />

aus der jüngeren Zeit noch ältere.“ Die Böden<br />

und das Klima in <strong>Amazonien</strong> eigneten sich nicht<br />

für Zuckerrohranbau, so der Minister. O Globo<br />

ließ es sich nicht nehmen, in der gleichen Ausgabe<br />

mit Fakten aufzuwarten, die das Gegenteil<br />

belegten: Laut der damaligen Schätzung der dem<br />

Agrarministerium selbst unterstehenden Nationalen<br />

Versorgungskompanie Conab wurde für<br />

die Ernte 2007 bis 2008 allein in <strong>Amazonien</strong><br />

eine Zuckerrohrproduktion von über 19 Millionen<br />

Tonnen erwartet. O Globo zitierte auch einen<br />

Forscher des staatlichen Unternehmens für<br />

<strong>Land</strong>- und Viehwirtschaft Embrapa, Judson Ferreira,<br />

der für den Amazonasbundesstaat Acre einen<br />

mittleren Produktionsertrag von 80 bis 100<br />

Tonnen Zuckerrohr je Hektar angab - etwa die<br />

Produktivität in den klassischen Zuckerrohranbaugebieten<br />

São Paulo oder Pernambuco.<br />

Dennoch behauptete Lula noch ein Jahr später<br />

in seiner Rede im Juli 2008 vor der Nahrungs- und<br />

<strong>Land</strong>wirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen<br />

FAO in Rom erneut, in <strong>Amazonien</strong> gebe es<br />

keinen Zuckerrohranbau; deshalb könne es auch<br />

keinen Zusammenhang mit Regenwaldrodung geben.<br />

Damit versuchte Lula seinen KritikerInnen zu<br />

begegnen, die der Zucker- und Ethanolproduktion<br />

vorwarfen, die Ausweitung des Zuckerrohranbaus<br />

gehe mit Regenwaldrodung einher.<br />

Auch wenn Lula mehrfach die Unwahrheit zum<br />

Zuckerrohranbau in <strong>Amazonien</strong> gesagt hat, steckt<br />

auch ein wahrer Kern in seiner Aussage. Es trifft<br />

schon zu, dass sich die Hauptanbaugebiete von<br />

Zuckerrohr im Süden Brasiliens befinden. Doch eine<br />

neue Studie der <strong>Land</strong>pastorale CPT und der Nichtregierungsorganisation<br />

Soziales Netz für Gerechtigkeit<br />

und Menschenrechte von Oktober 2008 prangert<br />

die rasante Zunahme des Zuckerrohranbaus gerade<br />

in <strong>Amazonien</strong> an: Dort wurden 2008 tatsächlich<br />

19,3 Millionen Tonnen Zuckerrohr geerntet, so der<br />

Bericht. Und dies mit steigenden Wachstumsraten.<br />

Für den Befreiungstheologen Frei Betto wird „für das<br />

Gewinnstreben des Kapitals <strong>Amazonien</strong> geopfert“.<br />

Angesichts dieser Zahlen bemüht sich die Regierung,<br />

dem Problem anders beizukommen. Sie versucht,<br />

durch vorgegebene Zonierung der Anbauflächen<br />

in zu definierenden Regionen ein Anbauverbot<br />

für Zuckerrohr durchzusetzen. In seiner Rede auf<br />

der internationalen Konferenz zu Biokraftstoffen<br />

in São Paulo sagte Lula am 25. November letzten<br />

Jahres: „Hier in Brasilien hat mir der Agrarminister<br />

letzte Woche die agrarökologische Zonierung vorgestellt,<br />

mit der wir sicherstellen werden, dass es in<br />

der Amazonasregion kein Zuckerrohr geben wird.“<br />

Aber auch zur geplanten Zonierung hatte sich<br />

der Bericht der <strong>Land</strong>pastorale und Rede Social bereits<br />

kritisch geäußert: „Die Regierung hat nicht

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