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Die „Marie Antoinette“ - Roland Verlag GmbH

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28 BUCH UND MUSIK Nach dem Schlussakkord<br />

KUNST DES<br />

AUFHÖRENS<br />

Text: Simon Neubauer<br />

Klavierdeckel zu und alle Fragen offen?<br />

– Keineswegs, denn der Weltklasse-Pianist<br />

Alfred Brendel begab<br />

sich ja nicht in die Reihe der „großen<br />

Schweiger“, als er sich vom Konzertpodium<br />

verabschiedete. Zwar tritt er, wie ausdrücklichbekun-<br />

det, nicht mehr<br />

öffentlich auf, aber<br />

er hält Vorträge,<br />

schreibt Gedichte, sinniert, da oft bedrängt,<br />

über die „Kunst des Aufhörens“<br />

nach – sowohl bei den Studien bestimmter<br />

Werke als auch über das Ende überhaupt.<br />

„Es wird, solange ich lebe, hoffentlich keine<br />

Biografie von mir geben und gewiss keine<br />

Autobiografie.“ <strong>Die</strong>ser Satz steht unmissverständlich<br />

gleich im Vorwort des<br />

Bändchens „Nach dem Schlussakkord“.<br />

Muss man also die Sehnsucht unterdrücken,<br />

viel des Ungesagten, des Ungefragten<br />

im Leben des Menschen und vor allem<br />

des großen Künstlers Alfred Brendel erfahren<br />

zu können? Ganz und gar nicht, denn<br />

gerade diese Neuerscheinung gibt reich-<br />

lich Auskunft, zum Teil in eigenen Äußerungen,<br />

in außerordentlichen, weil tief<br />

in die Substanz dringenden Interviews<br />

und Gesprächen, die Martin Meyer 2006<br />

über „Gedanken zu Leben und Kunst“ und<br />

dann 2008 Andreas Dorschel unter dem Ti-<br />

„Es wird, solange ich lebe, hoffentlich keine Biografie<br />

von mir geben und gewiss keine Autobiografie.“<br />

tel „<strong>Die</strong> Coda ist entzückt“ geführt haben,<br />

sehr fesselnde „Mitteilungen“, die schließlich<br />

Peter Hamm unter dem Thema „Untröstlichkeit<br />

und Trost“ im Nachwort zusammengefasst<br />

hat.<br />

Aber natürlich gibt Brendel, oft gepriesen<br />

als „Philosoph am Flügel“, nicht nur<br />

als „Antwortgeber“ viel sagende Auskunft.<br />

Das Buch enthält Artikel etwa über das<br />

„Hören“, „Erinnerungen eines Musikers an<br />

Isaiah Berlin“ und vor allem etliche seiner<br />

Gedichte, oft skurrile, in Rhythmen gefasste<br />

Absichten, die nicht zuletzt eine total<br />

unvermutete Seite in Brendels Charakter<br />

offenbaren: seine Lust am Witz, zum Ab-<br />

surden, zu Dada. Und wenn er Zeit hat,<br />

schaut er sich gerne die besten Filme von<br />

Buñuel und Chaplin an.<br />

Aber am schönsten für seine unzähligen<br />

Verehrer in aller Welt sind doch Alfred<br />

Brendels Äußerungen über die<br />

Komponisten, über Schubert<br />

zumal, über die späten Sonaten<br />

Beethovens, über die lange<br />

schlummernde Liebe zu Haydn und immer<br />

wieder über Mozart, dessen „Sonaten gut<br />

zu spielen immer noch das Schwierigste<br />

(für Künstler) ist“. Und noch ein Satz, den<br />

sich mancher Kollege ins Stammbuch<br />

schreiben sollte: „Kein Kritiker hat das<br />

Recht, arrogant zu sein.“<br />

Alfred Brendel „Nach dem Schlussakkord“.<br />

Hanser <strong>Verlag</strong> München. 108 Seiten,<br />

12,90 Euro.

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