Die „Marie Antoinette“ - Roland Verlag GmbH
Die „Marie Antoinette“ - Roland Verlag GmbH
Die „Marie Antoinette“ - Roland Verlag GmbH
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
64 KINO Das Lied von den zwei Pferden<br />
KINOTIPPS<br />
Eine mongolische Odyssee<br />
„Das Lied von den zwei Pferden“ von<br />
Byambasuren Davaa<br />
Von der mongolischen Steppe und ihren<br />
nomadischen Hirtenvölkern hat es in den<br />
vergangenen Jahren schon einige Filme<br />
gegeben, denn sie zählen zu den wenigen<br />
noch halbwegs intakten Urlandschaften<br />
und traditionellen Kulturen. Den westlichtouristischen<br />
Blick können die Filmemacher<br />
aus Europa dabei trotz der besten Absichten<br />
nicht vermeiden, und so schwelgte<br />
auch ein Volker Schlöndorff in „Ulzhan“<br />
zu sehr in elegischen Stimmungsbildern.<br />
Ideal wären dagegen Heimatfilme aus dieser<br />
Region, und genau diese macht Byambasuren<br />
Davaa, die in der Mongolei geboren<br />
und aufgewachsen ist, dann aber<br />
in Deutschland das Filmemachen studierte.<br />
Ihr international gefeiertes Debüt<br />
war „<strong>Die</strong> Geschichte vom weinenden<br />
Kamel“, und dies ist nun schon der dritte<br />
Film, den sie nach der gleichen Methode<br />
in ihrem Mutterland inszeniert. Dabei<br />
werden die Grenzen zwischen Dokumentar-<br />
und Spielfilm verwischt, denn Davaa<br />
zeigt zwar, wie die Menschen in den<br />
archaischen Landschaften leben und ihre<br />
Kultur pflegen, aber ihre Protagonisten<br />
sind Darsteller und es gibt ein Drehbuch,<br />
Text: Wilfried Hippen<br />
in dem die Erzählstränge und Dialoge<br />
vorgegeben werden.<br />
So wird in „Das Lied von den zwei Pferden“<br />
die Geschichte der Sängerin Urna erzählt,<br />
die ihrer Großmutter an deren Sterbebett<br />
das Versprechen gab, das Familienheiligtum<br />
restaurieren zu lassen. <strong>Die</strong>s ist<br />
eine Pferdekopfgeige, die während der chinesischen<br />
Kulturrevolution zerstört wurde.<br />
Am Hals waren die Strophen des uralten<br />
Volkslieds „<strong>Die</strong> zwei Pferde von Dschingis<br />
Kahn“ eingraviert, doch Teile davon<br />
sind nicht mehr zu entziffern, und der Text<br />
scheint vergessen. Urna macht sich nun auf<br />
die Suche nach diesem Lied und reist dabei<br />
sowohl durch die schon sehr verstädterte<br />
innere Mongolei wie auch durch die noch<br />
viel ursprünglichere äußere Mongolei. Dabei<br />
trifft sie Hirten, Sänger und Schamanen,<br />
von denen sie hofft, dass sie das uralte<br />
Lied kennen und ihr vorsingen.<br />
<strong>Die</strong>se Dramaturgie von der Suche nach<br />
einem alten, verlorenen Schatz ist nicht<br />
umsonst seit Jasons goldenem Vlies und<br />
dem heiligen Gral von König Arthur nie<br />
aus der Mode gekommen, denn so lässt<br />
es sich spannend von einer Reise erzählen<br />
und ansonsten unzusammenhängende<br />
Abenteuer und Begegnungen sinnvoll<br />
aneinanderreihen. Davaa nutzt die-<br />
sen altgedienten Trick, um ein Panorama<br />
des Lebens der Menschen in der Mongolei<br />
von heute zu zeigen. Dabei zeigt sie aber<br />
eben nicht nur das noch unversehrte Alte,<br />
sondern auch die Müllberge und Plattenbauten<br />
der Hauptstadt Ulan Bator, wo die<br />
chinesische Regierung versucht, die traditionelle<br />
Kultur zu zerstören.<br />
Natürlich wird in einem Film, bei dem es<br />
um ein Lied geht, viel gesungen, und die<br />
Hauptdarstellerin ist die in der Mongolei<br />
berühmte Musikerin Urna Chahar-Tugchi.<br />
Wie wichtig dieser Film auch als das Dokument<br />
einer bedrohten Kultur ist, wird<br />
dadurch deutlich, dass wenige Tage nach<br />
den Dreharbeiten bei politischen Unruhen<br />
einige der wertvollsten Instrumente<br />
und Schriften, die im Film zu sehen sind,<br />
in einem Kulturzentrum zerstört wurden.<br />
So erzählt Davaa auch davon, wie schwer<br />
der Verlust auch nur eines einzigen Liedes<br />
wiegen kann.<br />
Kinostart: 3. Juni<br />
Schlechte Nachrichten<br />
vom Krieg<br />
„The Messenger“ von Oren Moverman<br />
Während in Deutschland die in Afghanistan<br />
gefallenen Soldaten noch so unge-