Die „Marie Antoinette“ - Roland Verlag GmbH
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wohnt und selten sind, dass mit Schlagzeilen<br />
und direkten Reaktionen von Politikern<br />
auf sie reagiert wird, sind Todesfälle<br />
aus Kriegseinsätzen in den USA längst alltäglich.<br />
Dort werden Soldaten extra dazu<br />
abgestellt, den Familien der Opfer persönlich<br />
die Nachricht zu überbringen. Von<br />
zwei dieser Boten erzählt dieser Film, in<br />
dem die ganz persönlichen Verluste, die<br />
in den Familien durch den Einsatz im Irak<br />
entstehen, so eindrucksvoll wie selten vorher<br />
gezeigt werden. Und dies gerade, weil<br />
der Film ganz auf Bilder vom Krieg selber<br />
verzichtet, und die Kamera nur diese beiden<br />
Männer begleitet, die in den Vororten<br />
vom Amerika an den Türen klingeln und<br />
den Menschen dort ihre verheerende Botschaft<br />
überbringen.<br />
Eine harte, undankbare Arbeit, und so<br />
gibt der Veteran Captain Tony Stone dem<br />
Sergeanten Will Montgomery an dessen<br />
ersten Tag bei diesem Einsatz die Regeln<br />
mit auf den Weg, durch die sie auch nur<br />
halbwegs erträglich wird: „Berühre sie<br />
nicht! Umarme sie nicht! Zeige nicht dein<br />
Mitgefühl!“ <strong>Die</strong> Benachrichtigung ist wie<br />
ein sehr striktes Ritual mit festgelegten<br />
Wortwendungen und Gesten.<br />
Im Laufe des Films werden die beiden Boten<br />
sechsmal solch eine Nachricht über-<br />
bringen, und die Reaktionen sind eine Bestätigung<br />
von Tolstois berühmten Duktus,<br />
dass alle Menschen im Glück gleich<br />
und im Unglück verschieden sind. Der eine<br />
bricht weinend zusammen, der andere beginnt<br />
zu schreien, einer klammert sich an<br />
die Hoffnung, dass alles nur ein Irrtum ist<br />
und noch ein anderer bittet die beiden höflich<br />
ins Haus und tut so, als sei nichts passiert.<br />
<strong>Die</strong>se Szenen des Schmerzes und der<br />
Verzweiflung haben nichts voyeuristisches<br />
an sich, denn der israelitische Filmemacher<br />
Oren Moverman erzählt zusammen<br />
mit dem italienischen Drehbuchschreiber<br />
Alessandro Camon so empathisch und nuancenreich,<br />
dass der Film ganz ohne melodramatische<br />
Effekte auskommt und dennoch<br />
sehr berührend wirkt.<br />
Aber das Regiedebüt von Moverman ist<br />
auch so einfühlsam inszeniert, dass der<br />
Film der moralischen Komplexität des<br />
Dramas gerecht wird. Jeder Filmfigur wird<br />
genügend Raum gegeben, damit sie auf<br />
der Leinwand lebendig wird, und dies gilt<br />
nicht nur für die inspiriert spielenden Protagonisten<br />
Woody Harrelson und Ben Foster.<br />
Und so ist der Film trotz des grausamen<br />
Themas so vielschichtig, dass er<br />
auch Platz für überraschend komische Momente<br />
bietet.<br />
Kinostart: 3. Juni<br />
Demnächst im Kino:<br />
KINO The Messenger 65<br />
Manchmal ist der Titel schon ein sarkastischer<br />
Kommentar: „Versailles“ (Kinostart:<br />
27. Mai) erzählt keine aristokratische<br />
Geschichte, sondern von den wilden<br />
Nachbarn des Prachtschlosses nahe Paris.<br />
In den Wäldern lebt dort ein extremer<br />
Außenseiter in einer Holzhütte ohne Elektrizität,<br />
und ausgerechnet diesem modernen<br />
Einsiedler überlässt eine hilflose Mutter<br />
ihren kleinen Sohn. Der bei den Filmfestspielen<br />
in Cannes hoch gelobte Film<br />
von Pierre Schöller ist die Studie eines radikal<br />
alternativen Lebens, das durch die<br />
Menschlichkeit und Solidarität seiner Protagonisten<br />
überzeugt.<br />
„Forgetting Dad“ (3. Juni) wirkt über weite<br />
Strecken wie eine filmische Psychotherapie.<br />
Rick Minnich untersucht in dieser<br />
Dokumentation sein schwieriges Verhältnis<br />
zu seinem Vater, der nach einem Autounfall<br />
sein Gedächtnis verloren hat. Oder<br />
sollte er diese Amnesie nur vorgetäuscht<br />
haben, um sich von der ihm lästigen Familie<br />
zu trennen? Der Filmemacher scheint<br />
ihm dies durchaus zuzutrauen, und so<br />
wird der Film zu einer eigentümlichen<br />
Spurensuche, bei der man letztlich mehr<br />
über Minnich selber als über seinen Vater<br />
erfährt.<br />
Inzwischen gibt es ja schon das Subgenre<br />
der „Globalisierungsfilme“, in denen verschiedene<br />
Erzählstränge in möglichst weit<br />
entfernten Ländern sich gegenseitig beeinflussen<br />
und bedingen. „Mammoth“<br />
(10. Juni) von Lukas Moodyson ist ein typisches<br />
Beispiel für diesen Trend. Ein erfolgreiches<br />
Paar lässt seine Tochter in New<br />
York von dem philippinischen <strong>Die</strong>nstmädchen<br />
aufziehen, dieses hat Schwierigkeiten<br />
mit seiner Familie in Manilla, und<br />
der Amerikaner wird zudem noch in Thailand<br />
in die Probleme eines Barmädchens<br />
verwickelt. Leider wirkt dies genauso konstruiert<br />
wie es sich liest und die antiglobalistische<br />
Botschaft wird mit dramaturgischen<br />
Holzhämmern eingeschlagen.<br />
In dem Antikriegsfilm „Lebanon“ (15. Juli)<br />
des israelischen Regisseurs Samuel Maoz<br />
stranden vier Soldaten während des Feldzugs<br />
des Jahres 1982 in einem Panzer im<br />
feindlichen Libanon. Der in Venedig mit<br />
dem Golden Löwen ausgezeichnete Film<br />
wird wegen seiner klaustrophobischen<br />
Verengung auf den Panzer als Schauplatz<br />
mit Wolfgang Petersens „Das Boot“ verglichen.