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Meisterwerke im J. Paul Getty Museum - Illuminierte Handschriften

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44 Miniatur, vielleicht aus einerHandschriftVermutlich Franken,letztes Viertel des 15.Jahrhunderts38,8 x 24,3 cmMs. 52; 93.MS.37Tafel: KreuzigungAuf dieser monumentalen Darstellung der Kreuzigung ist der tote Jesus Christusam Kreuz auf dem Kalvarienberg zu sehen. "Drei Engel - zwei davon an seinenHandgelenken, ein weiterer zu seinen Füßen - fangen sein Blut in Kelchen auf.Darunter senkt seine trauernde Mutter ihren Kopf. Sie hat ihre Augen geschlossenund ihre Arme vor der Brust gekreuzt. Ihr gegenüber steht regungslos Johannes derEvangelist, seine rechte Hand weist auf sein Herz. Der rituelle Symbolismus dieserDarstellung der Kreuzigung Jesu war um 1500 in Deutschland weit verbreitet. DasAuffangen des Blutes Jesu <strong>im</strong> Kelch der heiligen Kommunion spielt auf die Wandlungvon Brot und Wein in der Eucharistie an, dem Sakrament, das bei der Messe gefeiertwird. Be<strong>im</strong> Empfang der Kommunion nehmen die Gläubigen Brot und Wein zu sich,die der Priester am Altar gesegnet hat. Nach katholischem Glauben enthalten dieElemente der Eucharistiefeier Leib und Blut Christi.Im Hintergrund der Miniatur ist Jerusalem in Gestalt einer blühenden deutschenStadt des späten 15. Jahrhunderts zu sehen. Wenn sie auch nicht mit letzter Sicherheitidentifiziert werden kann, deutet die Lage an einem Berghang und einem Fluß daraufhin, daß der Maler von der Topographie der geschäftigen fränkischen MetropoleNürnberg inspiriert worden sein könnte. Der Totenschädel und die Gebeine am Fußdes Kreuzes spielen auf "Golgatha" an, der hebräische Namen für den Kalvarienberg,der "Schädelstätte" bedeutet. Der Schädel könnte sich auch auf Adam beziehen, vondem man annahm, daß er dort begraben liege.Eine ganzseitige Miniatur der Kreuzigung Jesu Christi stellt die wichtigste Illustrationeines Missale (Meßbuch) dar; oft ist sie auch die einzige. Sie befindet sich <strong>im</strong> Kanon derMesse, dem Hochgebet der Eucharistie. Bei einer Reihe von Meßbüchern, die zu dieserZeit in Deutschland gedruckt wurden, war der Kanon mit Holzschnitten illustriert, diein ähnlicher Weise auf die Eucharistiefeier verwiesen. In diesen Darstellungen, wie auchbei der hier abgebildeten, rührt die T-Form des Kreuzes von einer alten Tradition her,nach der es ebenfalls als Anfangsbuchstabe des Kanons diente, der mit den WortenTe igitur clementiss<strong>im</strong>e pater (Dich also, allergütigster Vater) beginnt. Diese Miniaturwurde deshalb möglicherweise für ein solches Missale gemalt. Wenn ja, dürfte dasBuch außergewöhnlich groß und beeindruckend gewesen sein.TKILLUMINIERTE HANDSCHRIFTEN 105

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