2 Zwei Blätter aus einemEvangeliarCanterbury (?), ca. 100031,3 x 20,2 cmMs. 9; 85.MS.79Tafel: Das Wunder des Zinsgroschens,Blatt 2Die beiden angelsächsischen Blätter des <strong>Museum</strong>s stammen aus einem illuminiertenEvangeliar (ein Buch, das die von den Heiligen Matthäus, Markus, Lukas und Johannesverfaßten Berichte über das Leben Christi enthält). Sie enthalten drei ganzseitigeMiniaturen, die jeweils Episoden der Wundertaten und des Wirkens Jesu Christidarstellen, die in der Kunst des frühen Mittelalters nur selten anzutreffen sind.Die Geschichte des Zinsgroschens wird kurz <strong>im</strong> Matthäusevangelium erwähnt(Matthäus 17,26): In Kapernaum wies Jesus den Heiligen Petrus an, an den Seezu gehen und seine Angel auszuwerfen, damit er <strong>im</strong> Maul des ersten gefangenenFisches eine Münze (einen Stater) fände, mit dem er eine Steuer bezahlen sollte. Derangelsächsische Illuminator hat die Geschichte in zwei Szenen dargestellt, die dreiEpisoden der Geschichte abbilden (Blatt 2). Die obenstehende Szene scheint sowohldarzustellen, wie Jesus Petrus Anweisungen gibt - an der Gestik Jesu abzulesen,als auch die Rückkehr Petri mit dem Zinsgroschen, während die untenstehendeSzene darstellt, wie Petrus den Fisch fängt. Damit setzt der Illuminator unsererErwartungshaltung, daß die Szenen von oben nach unten zu lesen seien, einegewitzte Antwort entgegen, indem er eine Erzählung präsentiert, die von deroberen Szene zur unteren Szene wechselt und wieder zurück.Die visuelle Besonderheit der Miniatur wird durch den lebendigen Zeichenstildes Illuminators verstärkt, ein Stil, der in der späten angelsächsischen Buchmalereibevorzugt wurde. Diese Technik stammt aus dem Impressionismus der antikenrömischen Malerei, aber die angelsächsischen Künstler nutzten ihr expressivesPotential stärker als ihre antiken Vorgänger. Die unruhige Zeichnung wirkt besonderseffektvoll bei der Darstellung der Wasseroberfläche und dem zappelnden Fisch amHaken des Petrus'.ECTILLUMINIERTE HANDSCHRIFTEN 13
3 SakramentarFleury, erstes Viertel des11. Jahrhunderts10 Blatt, 23,2 x 17,8 cmMs. Ludwig V 1; 83.MF.76Tafel: Nivardus aus Mailandzugeschrieben, verzierte Initiale Dmit kletternden Figuren, Fol. 9Ein Sakramentar ist ein Buch, das die Gebete enthält, die bei der Meßfeier - einchristliches Ritual, bei dem Brot und Wein geweiht und geteilt werden - von demzelebrierenden Priester gesprochen werden. Da Sakramentare während der MeßfeierTeil des Altarschmucks waren, wurden sie <strong>im</strong> frühen Mittelalter oft illuminiert,insbesondere, wenn sie mächtigen politischen oder kirchlichen Würdenträgerngeschenkt werden sollten.Dieses Sakramentar, von dem nur ein Fragment erhalten blieb, wurdemöglicherweise für Robert den Frommen, König von Frankreich (996-1031),angefertigt, vielleicht auf Geheiß des Bischofs von Beauvais, der Robert <strong>im</strong> Jahre1017 krönte. Die Handschrift und die Illumination werden Nivardus zugeschrieben,einem italienischen Künstler, der <strong>im</strong> Benediktinerkloster Saint-Benoît-sur-Loire<strong>im</strong> französischen Fleury arbeitete. Als Vorlage für seine Gold- und Silberinitialendienten Nivardus die Initialen, die von den in den Klöstern Sankt Gallen undReichenau (vgl. Nr. 1) tätigen Illuminatoren geschaffen wurden, aber seine Initialenheben sich durch das üppige Flechtwerk von den Vorlagen ab. Durch diese Fülle anVerzierung werden zuweilen die Formen der Buchstaben verdeckt.Die Initiale D, die die Ostergebete (Fol. 9) einleitet, wird von einem Paar umrankterSäulen eingerahmt. Diese Ranken nehmen das Blattwerk des Initialkörpers wieder auf.Die Seite wird weiterhin durch ein Paar kletternder Figuren geschmückt, deren Posenund Farben der Gewänder zu der lebendigen und meisterhaft abgest<strong>im</strong>mten Gestaltungder Seite insgesamt beitragen.ECT14 ILLUMINIERTE HANDSCHRIFTEN
- Seite 2: Meisterwerkeim J. Paul Getty Museum
- Seite 10 und 11: HINWEIS AN DEN LESERDie folgenden A
- Seite 18: 4 BenediktionaleRegensburg, ca. 103
- Seite 26: 7 Neues TestamentKonstantinopel, 11
- Seite 33 und 34: 10 Kanontafeln aus dem Zeyt c un-Ev
- Seite 38: 12 Zwei Miniaturen aus einemPsalter
- Seite 42: 14 Wenzeslaus-PsalterParis, ca. 125
- Seite 46: folgt den Worten (ad verbum) des Ps
- Seite 50 und 51: 18 BestiariumFlandern, ca. 1270102
- Seite 54 und 55: 20 EvangeliarNicäa oder Nicomedia,
- Seite 58: 2 Vidal MayorNordost-Spanien,ca. 12
- Seite 61 und 62: 24 Guiart des Moulins,Bible histori
- Seite 63:
25 MissaleBologna, zwischen 1389und
- Seite 68:
27 Rudolf von Ems, WeltchronikRegen
- Seite 74 und 75:
29 Missale aus dem CollegiumDucaleW
- Seite 77:
31 StundenbuchParis, ca. 1415-14202
- Seite 82 und 83:
33 Stundenbuch des Simonde VarieTou
- Seite 86 und 87:
35 Les Visions du chevalier TondalG
- Seite 91 und 92:
37 StundenbuchVermutlich Gent,ca. 1
- Seite 95:
39 Fünfzehn Blätter aus DavidAube
- Seite 99:
41 Miniatur aus Valerius Maximus,Fa
- Seite 104:
43 Jean Froissart, Chroniques,3. Bu
- Seite 108:
45 Historisierte Initialeaus einem
- Seite 111 und 112:
47 Gualenghi-d'Este-StundenbuchFerr
- Seite 113:
48 GradualeRom, Ende 15. oderAnfang
- Seite 118:
50 Spinola-StundenbuchGent oder Mec
- Seite 123 und 124:
52 Miniatur aus einemStundenbuchVer
- Seite 127 und 128:
GLOSSARApokryphenDie Apokryphen des
- Seite 129:
VERZEICHNISDie Zahlenangaben verwei