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Meisterwerke im J. Paul Getty Museum - Illuminierte Handschriften

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18 BestiariumFlandern, ca. 1270102 Blatt, 19 x 14,4 cmMs. Ludwig XV 3; 83.MR.173Tafel: Zwei Fischer glauben sich anLand und schlagen ihr Lager auf demRücken eines Meerestieres aufFol. 89vDas Bestiarium oder "Buch der Tiere" war eines der beliebtesten Bücher des 12. und13. Jahrhunderts. In jener Zeit wurde ihm eine große Menge Text hinzugefügt, es wurdein verschiedene Volkssprachen übersetzt und reichhaltig illustriert. Diese allegorischeInterpretation der wirklichen und der Phantasie-Tierwelt beruhte hauptsächlich aufdem Physiologusy einer griechischen Schrift, die in den ersten Jahrhunderten derchristlichen Ära verfaßt und <strong>im</strong> 4. Jahrhundert ins Lateinische übersetzt wurde.Von je her waren solche Werke keine wissenschaftlichen Arbeiten <strong>im</strong>modernen Sinne des Wortes. Es ging vielmehr darum, moralische Lektionen zuerteilen, anstatt objektive Forschungsergebnisse vorzulegen. Getreu der Philosophie,daß die Beobachtung der dinglichen Welt zum Verständnis der h<strong>im</strong>mlischen Vorgängeführe, präsentierte der Physiologus heidnisches Material auf erfinderische Weise, dievon christlichen Interpretationen gefärbt war. Das Bestiarium, das am Ende des12. Jahrhunderts Form annahm, bezog viele andere frühmittelalterliche Quellenin sein Schriftgut mit ein, vor allem Material aus der Enzyklopädie des BischofsIsidor von Sevilla aus dem 7. Jahrhundert.Die Behandlung des großen Meerestieres mit dem Namen Aspidocheloneist charakteristisch. Ein Merkmal dieses Tieres ist, daß das Tier über lange Zeithinweg regungslos <strong>im</strong> Wasser treibt, wobei sein großer Rücken aus den Wellen schaut.Nachdem sich dort Sand angesammelt hat und eine Vegetation entstanden ist, haltenSeeleute das Tier fälschlicherweise für eine Insel und ziehen dort ihre Schiffe "an Land".Als die Seeleute ihr Lagerfeuer anzünden, spürt das Ungeheuer die Hitze und tauchtplötzlich in die Tiefen des Meeres ab. In dieser Miniatur fängt der Künstler prägnantdas dramatische Potential der Erzählung ein. Die Seeleute reagieren panisch auf dasAbtauchen des großen Tieres, ein Opfer stürzt in den sicheren Tod, das Schicksal desMannes, der sich schwach an das Boot klammert, hängt in der Schwebe.Aspidochelone dient als Allegorie des listigen Teufels, der Sünder täuscht und sie indas Höllenfeuer stürzt. Ebenso steht der kleine Fisch, der, angezogen von dem süßenAtem, in den Mund der Kreatur schw<strong>im</strong>mt, für diejenigen, die leicht in Versuchung zuführen sind und so vom Teufel verschlungen werden. Diese Art des Moralisierens warbei den Bestiarien und damit verwandten Texten üblich. Viele dieser Bücher wurdenvon Mönchen und für Mönche geschrieben.ASC49 ILLUMINIERTE HANDSCHRIFTEN

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