13.07.2015 Aufrufe

Meisterwerke im J. Paul Getty Museum - Illuminierte Handschriften

Meisterwerke im J. Paul Getty Museum - Illuminierte Handschriften

Meisterwerke im J. Paul Getty Museum - Illuminierte Handschriften

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

9 Gratian, DecretumSens oder Paris, ca. 1170 -1180239 Blatt, 44,2 x 29 cmMs. Ludwig XIV 2; 83.MQ.163Tafeln: Initiale I mit Szenen dersäkularen und kirchlichenGerichtsbarkeit, Fol. 1Initiale Q mit einem Abt, der einKind in Empfang n<strong>im</strong>mt, Fol. 63Als Lehrer in Bologna lenkte der Mönch Gratian das Studium des Kirchenrechtsdurch das Zusammentragen seiner Dekretales in geregelte Bahnen. Es handelt sichhier um die erste Sammlung von fast viertausend Texten, die aus frühchristlichenSchriften, päpstlichen Verkündigungen und Dekreten des Konzils stammten. Nachder Fertigstellung in der Zeit von 1139 bis 1159 (das Todesjahr Gratians) entwickeltensich die Dekretales schnell in ganz Europa zum Standardlehrbuch für das Lehrfach"Kanonisches Recht". Die Verwendung solcher standardisierter Texte wurde angesichtsder Gründung und des Aufstiegs der Universitäten zum Ende des 12. und <strong>im</strong> Laufedes 13. Jahrhunderts, vor allem in Paris, Bologna und Oxford, <strong>im</strong>mer wichtiger.In der Initiale I, die diese Handschrift eröffnet, zeigen Medallions den Königund den Bischof als Repräsentanten des weltlichen und des geistlichen Rechts undveranschaulichen gleichzeitig die Bedeutung der Gewaltenteilung. In der Initiale Qwird die S<strong>im</strong>onie dargestellt: Hier n<strong>im</strong>mt ein Abt ein Kind in das Kloster auf undempfängt gleichzeitig eine Zahlung des Vaters. Der Amterkauf und der unzulässigeHandel mit heiligen Gütern war ein wichtiges Problem, mit dem sich das Kirchenrechtbefaßte. Genannt nach S<strong>im</strong>on, dem Magier, der vom Heiligen Petrus getadelt wurde,weil er die Gabe des Heiligen Geistes kaufen wollte (Apostelgeschichte 8,9-24),bezeichnet dieser Begriff in der Regel Finanztransaktionen <strong>im</strong> Zusammenhang mit derVergabe von Kirchenämtern. Eine Vielzahl mittelalterlicher Dekrete deuten darauf hin,daß die S<strong>im</strong>onie <strong>im</strong>mer wieder die Kirchenoberen beschäftigte.Mit ihrer Kombination von phantasievollen Fabelwesen und verschlungenen Rankensind beide Initialen typische Beispiele der französischen romanischen Malerei, die starkvon der englischen Kunst beeinflußt wurde. Dies zeigt sich auch an der Kutte des Abts,denn das Gewand wird mit breiten Strichen dargestellt, unter denen die Körperformnoch erkennbar ist. Die Ausschmückung dieser Handschrift läßt auf eine Verbindungzu einer Gruppe von Büchern schließen, die für Thomas Becket, Erzbischof vonCanterbury, und seinen Sekretär, Herbert von Bosham, während ihres Exilaufenthaltsin Frankreich in den Jahren 1164 bis 1170 angefertigt wurden. Es ist jedoch nicht klar,ob die <strong>Getty</strong> <strong>Handschriften</strong> und die anderen Bücher in Sens, am Exilort Beckets, oder<strong>im</strong> nahen Paris illuminiert wurden.ASC28 ILLUMINIERTE HANDSCHRIFTEN

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!