großer Beliebtheit wie die Historienbibel. In diesem Manuskript sind die Gewänderder Figuren in Grautönen gemalt, während Gesichter und Hände in Fleischtönenund mit einem Hauch von Farbe gemalt wurden. Diese Technik findet man häufig inBüchern aus dieser Epoche; sie faszinierte viele Illuminatoren vor allem während deraufeinanderfolgenden Regentschaften von König Johannes dem Guten (1350-1364)und Karl V. (1364 -1380). Die kräftig gemusterten Hintergründe der Miniaturenverstärken die Dreid<strong>im</strong>ensionalität der fein gezeichneten, blaß kolorierten Figuren.Bibeln und Historienbibeln waren oftmals mit einer großen Zahl Illuminationengeschmückt. Das zweibändige Exemplar <strong>im</strong> <strong>Getty</strong>-<strong>Museum</strong> enthält dreiundsiebzigMiniaturen, deren Sujets hauptsächlich aus dem Alten Testament stammen. Die erstenbeiden, die hier gezeigt werden, stellen Szenen aus dem Buch Genesis dar - die Geburtvon Esau und Jakob sowie Joseph, der von seinen Brüdern in einen Brunnen geworfenwird. Die beiden nächsten illustrieren die Psalmen. Zu Beginn der Psalmen malten dieKünstler häufig den Harfe spielenden König David. Der von einem Dämon verspotteteTor illustriert Psalm 52, der folgendermaßen beginnt: "In seinem Herzen redet der Tor:Es gibt keinen Gott".TKILLUMINIERTE HANDSCHRIFTEN 61
25 MissaleBologna, zwischen 1389und 1404277 Blatt, 33 x 24 cmMs. 34; 88.MG.71Tafel: Meister der Brüsseler Initialen,Die Berufung der Heiligen Petrus undAndreas, Initiale D mit dem HeiligenAndreas und Initiale Q mit demHeiligen Petrus, Fol. 172aEin Missale enthält die Texte für die Messe, in deren Mittelpunkt die Kommunionsteht. Das Buch ist in verschiedene Abschnitte unterteilt. Messen, die an Sonn- undFesttagen die Erinnerung an Ereignisse <strong>im</strong> Leben Christi feiern, sind <strong>im</strong> Propriumde Tempore zusammengefaßt. Die besonderen Messen zu den Heiligenfesten stehen<strong>im</strong> Proprium de Sanctis. Letzterer Teil beginnt mit dem Fest des Heiligen Andreas(30. November) und wird hier mit der Berufung der Heiligen Petrus und Andreasillustriert. Christus beobachtet die beiden Männer, wie sie ihre Netze <strong>im</strong> galiläischenSee auswerfen. Sie schließen sich ihm an und werden die ersten Apostel. Die InitialenD und Q zeigen jeweils den Heiligen Andreas, der das Kreuz hält, an dem er gekreuzigtwurde, und den Heiligen Petrus, der den Schlüssel zum H<strong>im</strong>melreich trägt.Die Illumination von <strong>Handschriften</strong> blühte in Bologna während des 13. und 14.Jahrhunderts, was teilweise auf den Anstieg des Buchhandels in den Universitätsstädtenzurückzuführen ist. Der anonyme Illuminator dieses Buches, der Meister der BrüsselerInitialen, war ein Schüler von Niccolò da Bologna (ca. 1330-1403/4), einem derbesten italienischen Illuminatoren des 14. Jahrhunderts. Die starken Lokalfarben, dieIntensität des Blickes der Heiligen und ihre massigen Gewänder spiegeln wahrscheinlichNiccolòs Einfluß wider. Andererseits ist die aus Unmengen von Drolerien, Tieren undAkanthusblättern zusammengesetzte Bordüre eine ureigene Erfindung dieses Meisters.Innerhalb eines Jahrzehnts, nachdem er dieses Missale gemalt hatte, zog der Meisterder Brüsseler Initialen nach Paris, wo er eine der wichtigsten Persönlichkeiten für denfranzösischen Internationalen Stil der Buchmalerei wurde. Sein charakteristischer Stilder Schmuckbordüre wurde dort häufig <strong>im</strong>itiert.Kardinal Cos<strong>im</strong>o de' Migliorati (ca. 1336-1406) bestellte dieses Buch vor seinerWahl zum Papst Innozenz VII. <strong>im</strong> Jahre 1404. Sein Wappen am unteren Rand wurdemit der päpstlichen Tiara und dem Wappen des Gegenpapstes Johannes XXIII. (gest.1419) übermalt, der <strong>im</strong> Jahre 1410 zum Papst gewählt und 1415 abgesetzt wurde.Beide bekleideten das Papstamt während des großen Schisma des Westens (1378-1417),als ein zweiter Papst gleichzeitig in Avignon residierte.TKILLUMINIERTE HANDSCHRIFTEN 62
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Meisterwerkeim J. Paul Getty Museum
- Seite 10 und 11:
HINWEIS AN DEN LESERDie folgenden A
- Seite 14 und 15: 2 Zwei Blätter aus einemEvangeliar
- Seite 18: 4 BenediktionaleRegensburg, ca. 103
- Seite 26: 7 Neues TestamentKonstantinopel, 11
- Seite 33 und 34: 10 Kanontafeln aus dem Zeyt c un-Ev
- Seite 38: 12 Zwei Miniaturen aus einemPsalter
- Seite 42: 14 Wenzeslaus-PsalterParis, ca. 125
- Seite 46: folgt den Worten (ad verbum) des Ps
- Seite 50 und 51: 18 BestiariumFlandern, ca. 1270102
- Seite 54 und 55: 20 EvangeliarNicäa oder Nicomedia,
- Seite 58: 2 Vidal MayorNordost-Spanien,ca. 12
- Seite 61: 24 Guiart des Moulins,Bible histori
- Seite 68: 27 Rudolf von Ems, WeltchronikRegen
- Seite 74 und 75: 29 Missale aus dem CollegiumDucaleW
- Seite 77: 31 StundenbuchParis, ca. 1415-14202
- Seite 82 und 83: 33 Stundenbuch des Simonde VarieTou
- Seite 86 und 87: 35 Les Visions du chevalier TondalG
- Seite 91 und 92: 37 StundenbuchVermutlich Gent,ca. 1
- Seite 95: 39 Fünfzehn Blätter aus DavidAube
- Seite 99: 41 Miniatur aus Valerius Maximus,Fa
- Seite 104: 43 Jean Froissart, Chroniques,3. Bu
- Seite 108: 45 Historisierte Initialeaus einem
- Seite 111 und 112: 47 Gualenghi-d'Este-StundenbuchFerr
- Seite 113:
48 GradualeRom, Ende 15. oderAnfang
- Seite 118:
50 Spinola-StundenbuchGent oder Mec
- Seite 123 und 124:
52 Miniatur aus einemStundenbuchVer
- Seite 127 und 128:
GLOSSARApokryphenDie Apokryphen des
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VERZEICHNISDie Zahlenangaben verwei