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Subsidiarität - Münchner Trichter

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Die Kunst der <strong>Subsidiarität</strong>Nackt und unbewaffnet, so fand Prometheus dasGeschlecht der Menschen vor. Sein Bruder Epimetheushatte seine gesamten Kräfte auf dieSchaffung der unvernünftigen Tiere vergeudet. Und danichts mehr zum Verteilen an die Menschen übrig war,musste Prometheus dem Hephaistos und der Athenewichtige Survivaltechnologien wie Kunstfertigkeit, Klugheitsowie das Feuer stehlen und sie den Menschen schenken.So erzählt es Protagoras in Platons gleichnamigemDialog. Der Mensch benötigt also Kulturgüter zur Kompensationseiner Benachteiligung gegenüber den Tieren.Zum Überleben reicht das aber noch nicht aus. Wir brauchendie Anderen. Mit unseren ersten Lebenssignalen –mit einem Schrei – fordern wir Hilfe. Als Mängelwesensind wir von Beginn auf Hilfe angewiesen, und wechselseitigeUnterstützung ist die Basis menschlicher Existenz.Eben aus diesem Grund leben und organisieren wir uns inGemeinschaften: in Familien, Freundschaften, in Kulten,Institutionen sowie Rechts- und Staatsverhältnissen. Wirschließen uns allerdings nicht nur zum Zweck der gegenseitigenUnterstützung zusammen, meint Aristoteles. Wirtun es vor allem mit dem Ziel der individuellen Selbstverwirklichung.Diese ist wiederum nur in Gemeinschaftenmöglich. Das ideale Ziel dieser Gesellschaftsformen ist es,den Mitgliedern ein gelungenes Leben zu ermöglichen.Und hier kommt die Kunst der <strong>Subsidiarität</strong> ins Spiel.Auf Grund der Verschiedenheit verbinden sich z. B. Mannund Frau, Kinder und Eltern oder Menschen unterschiedlicherBegabung. Alle tun es, um das gemeinsame Lebenzu gestalten und um sich gegenseitig dabei zu unterstützen.Hieraus folgt, dass die gemeinsam entwickelten Systeme– z. B. die Rechts- und Staatsverhältnisse der Hilfeund Unterstützung – in erster Linie dienende Funktionengegenüber dem Einzelnen haben.Der Mensch ist also ein soziales, auf Gemeinschaft angelegtesund Gemeinschaft bildendes Lebewesen und seinHandeln zielt auf Selbstverwirklichung. Insofern brauchtdie notwendige gegenseitige Unterstützung Regeln. DieHilfe muss so nah wie möglich und so weit entfernt wienötig sein, sie muss die Autonomie des Einzelnen respektierensowie das Interesse der Gemeinschaft an gleichwertigenMitgliedern berücksichtigen und sie muss vor allemdie Selbstständigkeit fördern und einen Beitrag zur (solidarischen)Selbsthilfe leisten. Genau das ist die Kunst der<strong>Subsidiarität</strong>! Sie folgt keiner allgemeinen Regel, sie mussjeweils neu justiert und angeboten werden.Bleibt noch die Frage: Wie finden wir die jeweils geeignetePraxis? Eigentlich ganz einfach: Wir sprechen miteinanderund hören uns gegenseitig dabei zu. Wir erzählen unsunsere Geschichten. Als Gattung leben wir in und von unserenGeschichten. Denn unsere Geschichten habenimmer etwas mit der Vergangenheit zu tun und deshalbsind wir diese Geschichten. Sie stützen unsere Erinne-56

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