M Maas - Mylius - der Landesbibliothek Oldenburg
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sie sich ihrer Untertanen weitgehend sicher<br />
sein; doch die andauernde, auch mit<br />
friesischen Einheitsparolen operierende<br />
ostfriesische Sympathiewerbung zeitigte<br />
im Jeverland durchaus auch Wirkungen;<br />
entsprechend sorgte sich Maria zeitlebens<br />
und nicht ohne Grund vor verräterischen<br />
Umtrieben. Größten Verdruß bereiteten ihr<br />
- wie schon ihrem Vater - die Herren von<br />
Kniphausen und ihre Lehnsbindung an die<br />
ostfriesischen Grafen. Fulf von Kniphausen<br />
warf sie vor, er habe 1530, als Rat Graf<br />
Ennos II., ihre mögliche Verheiratung mit<br />
dem Grafen von Regenstein wegen <strong>der</strong> zu<br />
hohen Mitgift hintertrieben; Tido von<br />
Kniphausen, Fulfs Sohn, blieb in <strong>der</strong> ostfriesischen<br />
Spur seines Vaters und dachte<br />
nicht daran, Hoheitsrechte Marias über<br />
Kniphausen und Inhausen anzuerkennen.<br />
Auch ihre Klage beim Reichskammerge-<br />
richt in dieser Sache (1548) än<strong>der</strong>te daran<br />
nichts.<br />
Selbstbehauptung gegen Ostfriesland war<br />
<strong>der</strong> durchgehende Grundzug ihrer politischen<br />
Existenz. Ängstliche Vorsorge gegen<br />
die ostfriesischen Grafen bewirkte 1536<br />
die - noch von Boing von Ol<strong>der</strong>sum inspirierte<br />
- Befestigung des Fleckens Jever mit<br />
Wall und Graben; sie sollte das Schloß Je <br />
ver gegen die mögliche Wie<strong>der</strong>holung ostfriesischer<br />
Angriffe verstärken und wurde<br />
darüber zur Voraussetzung <strong>der</strong> „Begnadung"<br />
Jevers mit städtischen Rechten.<br />
Auch <strong>der</strong> großzügigere Ausbau des Schlosses<br />
in den späteren Jahren Marias, nach<br />
1560, als das „Fräulein" nach <strong>der</strong> wirtschaftlich<br />
bedrückenden Anfangszeit ihrer<br />
politischen Eigenständigkeit in soli<strong>der</strong>e finanzielle<br />
Verhältnisse gediehen war, so<br />
zumal die Ausstattung ihres repräsentativen<br />
Saales mit <strong>der</strong> kostbaren Kassettendecke,<br />
folgte dem Bedürfnis, dynastischen<br />
Stolz zu demonstrieren. Und so erst recht<br />
das Grabdenkmal, das sie, gut ein halbes<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t nach seinem Tode, ihrem Vater<br />
Edo Wiemken errichten ließ: sie ehrte<br />
mit ihm zugleich ihre dynastische Herkunft<br />
und Selbstbehauptung, gleichsam in<br />
einer späten Antwort auf das steinerne Gedenken,<br />
das Anna von <strong>Oldenburg</strong>, die<br />
Witwe Ennos II. von Ostfriesland, ihrem<br />
1540 verstorbenen Manne in <strong>der</strong> Großen<br />
Kirche zu Emden gestiftet hatte.<br />
Da Maria ohne legitimen Leibeserben<br />
blieb, zog die Gräfin Anna aus dem Vertrag<br />
von Östringfelde Hoffnung auf eine<br />
ostfriesische Herrschaftsnachfolge in J e <br />
Maria<br />
441<br />
ver. Aber Maria versicherte schon 1550, sie<br />
sei jenen Vertrag nur in <strong>der</strong> Bedrängnis<br />
des Krieges gegen Balthasar von Esens<br />
eingegangen und habe nie daran gedacht,<br />
ihn zu halten, und ihr lag auch - und vielleicht<br />
gerade - im Alter alles daran, die<br />
Cirksena von Jever fernzuhalten. Sie<br />
meinte, ihre „armen Untertanen" vor <strong>der</strong><br />
„Tyrannei" <strong>der</strong> „Embdischen grafen"<br />
schützen zu müssen und erbaute sich 1573<br />
an <strong>der</strong> Vorstellung, daß ihre auch in hohen<br />
Jahren gute Gesundheit ihren Feinden zu<br />
„Pein" und „Marter" gereiche. In ihrem<br />
Testament vom 22. 4. 1573 bestimmte sie<br />
den Grafen -► Johann VII. von <strong>Oldenburg</strong><br />
(1548-1603) zu ihrem Herrschaftserben<br />
und for<strong>der</strong>te ausdrücklich, das Haus<br />
<strong>Oldenburg</strong> dürfe keinen Vertrag schließen,<br />
durch den Jever jemals an die ostfriesischen<br />
Grafen kommen könne.<br />
So öffnete Marias Haß auf die Cirksena<br />
dem Jeverland eine oldenburgische Zukunft<br />
- und Graf Johann VII. beeilte sich,<br />
nach ihrem Tode (20. 2. 1575) durch rasches<br />
Erscheinen in Jever seine Nachfolge<br />
zu sichern. Daß bei den Jeverlän<strong>der</strong>n die<br />
oldenburgische Herrschaft schon bald zu<br />
Mißstimmungen führte und auch unter<br />
dem Grafen -► Anton Günther (1583-1667)<br />
nicht populär wurde, gehört zu den atmosphärischen<br />
Voraussetzungen <strong>der</strong> Sage,<br />
„Fräulein" Maria sei gar nicht wirklich gestorben,<br />
son<strong>der</strong>n nur auf Zeit entrückt; sie<br />
werde eines Tages zum Wohle ihres Landes<br />
zurückkehren. Das anhaltende jeverländische<br />
Eigenständigkeitsbewußtsein<br />
projizierte seine Hoffnungen und Vorstellungen<br />
auf Maria und erhob sie zur Symbolgestalt<br />
jeverscher Regionalidentität -<br />
und vielleicht wurde sie in ihrem Nachleben<br />
volkstümlicher, als sie zu ihren Lebzeiten<br />
in Jever je gewesen war.<br />
L:<br />
NDB, Bd. 16, 1990; OUB, Bd. 6; Ernst Gramberg,<br />
Das Jeverland unter dem Drosten<br />
Boynck von Ol<strong>der</strong>sum in den Jahren 1527-<br />
1540, Diss. Marburg 1898; Wolfgang Sello, Die<br />
Häuptlinge von Jever, in: OJb, 26, 1919/1920,<br />
S. 1-67; Hellmut Rogowski, Verfassung und<br />
Verwaltung <strong>der</strong> Herrschaft und Stadt Jever<br />
von den Anfängen bis zum Jahre 1807, <strong>Oldenburg</strong><br />
1967; Heinrich Schmidt, Maria von Jever<br />
- Persönlichkeit und Bedeutung, in: Em<strong>der</strong><br />
Jahrbuch, 55, 1975, S. 31-45; Grete Zwitters,<br />
Das Edo-Wiemken-Denkmal in Jever, in: Ein<br />
Blick zurück. Beiträge zur Geschichte des J e <br />
verlandes, Jever 1986, S. 24-40.<br />
Heinrich Schmidt