M Maas - Mylius - der Landesbibliothek Oldenburg
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468 Mitscherlich<br />
hier dem erst Vierundzwanzigjährigen mit<br />
<strong>der</strong> Entdeckung des Gesetzes <strong>der</strong> Isomorphie<br />
eine <strong>der</strong> folgenreichsten wissenschaftlichen<br />
Leistungen in seiner Disziplin<br />
während <strong>der</strong> ersten Hälfte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />
Denn <strong>der</strong> Isomorphismus, also<br />
<strong>der</strong> Tatbestand, daß innerhalb bestimmter<br />
Gruppen natürlich verwandter Elemente<br />
Verbindungen von analoger Zusammensetzung<br />
die gleiche Kristallform zeigen, erlaubte<br />
es endlich, Äquivalentzahlen von<br />
Elementen und Verbindungsgruppen zu<br />
ermitteln, ohne die sich seitdem Chemie<br />
nicht mehr betreiben ließ. M.s Arbeiten erregten<br />
die Aufmerksamkeit des schwedischen<br />
Chemikers Berzelius, <strong>der</strong> 1819 dem<br />
preußischen Unterrichtsminister Altenstein<br />
M. als Nachfolger für den verstorbenen<br />
Ordinarius Klaproth empfahl. Die Ernennung<br />
erfolgte zwar nicht gleich, doch<br />
erhielt M. ein staatliches Stipendium für<br />
eine zweijährige Studienreise nach Stockholm<br />
Dieser Aufenthalt führte ihn nach<br />
eingehenden Untersuchungen <strong>der</strong> Schlak-<br />
kenbestandteile in den Halden schwedischer<br />
Kupferhütten zu erfolgreichen Versuchen,<br />
Mineralien künstlich herzustellen.<br />
Nach seiner Rückkehr wurde er 1822<br />
außerordentlicher und 1825 ordentlicher<br />
Professor in Berlin. Später erweiterte sich<br />
sein Wirkungskreis, da er zum Professor<br />
<strong>der</strong> Physik und Chemie an <strong>der</strong> Militärakademie<br />
Berlin und zum Mitglied zahlreicher<br />
Kommissionen ernannt wurde.<br />
Während seiner gesamten Lehrtätigkeit sicherten<br />
ihm seine Vorlesungen über Experimentalchemie<br />
einen beständigen Kreis<br />
begeisterter Schüler, besaß M. doch jene<br />
Genauigkeit und jenen Überblick zum<br />
Einordnen, die den Gelehrten im besten<br />
Sinne ausmachen. So weit <strong>der</strong> Rahmen,<br />
den er für seine Forschungen spannte - er<br />
entdeckte u. a. den Dimorphismus, erklärte<br />
das Phänomen <strong>der</strong> Manganatlösun-<br />
gen und synthetisierte den Ausgangsstoff<br />
<strong>der</strong> Anilinfabrikation, das Nitrobenzol - so<br />
groß auch seine Wirksamkeit als Universitätslehrer.<br />
Das von ihm herausgegebene<br />
zweibändige „Lehrbuch <strong>der</strong> Chemie" erschien<br />
seit 1829 in vier Auflagen und<br />
wurde ins Französische sowie ins Schwedische<br />
übersetzt. Trotz langjähriger Vorbereitungen<br />
und ausgedehnter Erkundungen<br />
in den vulkanischen Gebieten Frankreichs,<br />
Italiens und Deutschlands blieb ein<br />
geplantes Werk über eine allgemeine<br />
Theorie <strong>der</strong> Vulkane nur Fragment, war<br />
aber auch durch seinen Umfang von einem<br />
einzelnen kaum zu bewältigen. Die letzten<br />
Lebensjahre M.s wurden durch schwere<br />
körperliche Leiden überschattet, die nicht<br />
zuletzt durch das Einatmen von Quecksilberdämpfen<br />
bei seinen ausgedehnten Laborarbeiten<br />
verursacht wurden. M. wurde<br />
mit den Orden Pour le mérite für Wissenschaften<br />
und dem gleichwertigen bayerischen<br />
Maximilians-Orden ausgezeichnet<br />
und zum Mitglied vieler wissenschaftlicher<br />
Vereinigungen ernannt, u. a. <strong>der</strong><br />
Royal Society in London und <strong>der</strong> Preußischen<br />
Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften in<br />
Berlin. Seine Schüler errichteten ihm anläßlich<br />
seines hun<strong>der</strong>tsten Geburtstages in<br />
<strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Universität Berlin ein Denkmal.<br />
Zwei Jahre später, 1896, wurde auch<br />
in Jever ein Mitscherlich-Denkmal festlich<br />
enthüllt.<br />
Der Ehe M.s mit <strong>der</strong> Königsberger Kaufmannstochter<br />
Laura Amanda Meier<br />
(19. 10. 1803 - 24. 6. 1881) entsprangen<br />
vier Söhne, die alle ein Universitätsstudium<br />
absolvierten, und zwei Töchter, von<br />
denen die eine einen Leipziger Physiker,<br />
die an<strong>der</strong>e einen Bonner Chirurgen heiratete.<br />
W:<br />
Lehrbuch <strong>der</strong> Chemie, 2 Bde., Berlin 1837-<br />
1840; Über die vulkanischen Erscheinungen in<br />
<strong>der</strong> Eifel, Berlin 1865; Gesammelte Schriften<br />
von Eilhard Mitscherlich. Lebensbild, Briefwechsel<br />
und Abhandlungen, hg. von Alexan<strong>der</strong><br />
Mitscherlich, Berlin 1896; Über das Benzin<br />
und die Verbindungen desselben, Leipzig<br />
1898.<br />
L:<br />
ADB, Bd. 22, S. 15-22; Gesammelte Schriften<br />
von Eilhard Mitscherlich, Lebensbild, Briefwechsel<br />
und Abhandlungen, hg. von Alexan<strong>der</strong><br />
Mitscherlich, Berlin 1896, S. 1-26; Richard<br />
Kissling, Eilhard Mitscherlich 1794-<br />
1863, in: Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen<br />
Vereins zu Bremen, Bd. 19, Bremen<br />
1909, S. 413-417; Karl Peters, Eilhard Mitscherlich<br />
und sein Geschlecht. Mit einem Beitrag<br />
von Rudolf Wun<strong>der</strong>lich, Jever 1951; Günther<br />
Bugge (Hg.), Das Buch <strong>der</strong> großen Chemiker,<br />
Bd. 1, Weinheim/Bergstraße 1965, S. 450-<br />
457 (unverän<strong>der</strong>ter Nachdruck von 1929); Hermann<br />
Schelenz, Geschichte <strong>der</strong> Pharmazie,<br />
Hildesheim 1965, S. 608-609; Deutsches Museum<br />
(Hg.), Eilhard Mitscherlich und die Isomorphie,<br />
München 1973; Bernhard Schönbohm<br />
(Hg.), Bekannte und berühmte Jeverlän<strong>der</strong>,<br />
Jever 1981, S. 98-105.<br />
Peter Haupt