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Abschlussbericht „Lernallianz im Ruhrgebiet ... - CBE

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gerschaftlichen Engagements.Gesellschaftstheoretisch fassen wir diese Lernschrittein der Sequenz von „Selbstgenügsamkeit“,„Selbstorganisation“ und „Selbststeuerung“.„Soziale Kreise“ als geschlossene Bindung ‚nachinnen’ (Selbstgenügsamkeit):Soziale Kreise bedeuten in ihrer Geschlossenheitsozialer Nähe und Dichte zunächst sozialen Halt inkultureller Fremde und sozialer Kälte. Halt brauchengerade die Schwachen, die nun in den Vereinen diehe<strong>im</strong>atlichen Bande ihrer Herkunft aufs Neue knüpfen.So erklärt sich die dichte Vielfalt der Vereinslandschaftdes <strong>Ruhrgebiet</strong>s aus der Suche nach sozialemHalt gegenüber einer als fremd und feindlicherfahrenen Umwelt. Man will „unter sich bleiben“,<strong>im</strong> geschlossenen Kreis „aneinander festhalten“.Dieser Halt der selbstgenügsamen Kreise gilt für diemulti-kulturellen Herkunftsvereine, wie aber auchfür manche Traditionsvereine der Einhe<strong>im</strong>ischen, diesich <strong>im</strong> kulturellen wie strukturellen Umbruchgleichfalls in ihre alten Eigenwelten zurückziehen.Die für das <strong>Ruhrgebiet</strong> lange typische „Vereinsdichte“erklärt sich aus den vielen Herkunfts- und He<strong>im</strong>atvereinen,die in der Fremde sozialen Halt bieten,indem man bewusst „unter sich bleibt“, sich gegenüberden anderen Fremden abschließt . Max Weberhatte um 1900 in einer „Soziologie des Vereinswesens“dies an den Migrantenvereinen aufzeigenkönnen. Damals waren es die deutschen Einwandererin Amerika. die sich über die ihre Herkunfts-Vereinein der Fremde eine neue He<strong>im</strong>at schaffen undschützen wollten.Das geht heute den Ausländervereinen hier <strong>im</strong><strong>Ruhrgebiet</strong> nicht anders. Und wir werden sehen,dass es gerade die ausländischen Mitbürger waren,für die unsere <strong>„Lernallianz</strong>en“ hilfreiche Brückenbauten.Der „Kreis“ – als Sozialsymbol künstlicher Nähe undEnge – markiert aber auch Probleme: Jeder Kreis hatseine inneren Mitte und seine schließende Grenze.Das gibt zwar die Chance, sich auf die eigene Mittehin zu binden – wir beschreiben dies französisch als„Milieu“. Der Preis für die „Ehre der Mitte“ ist oftaber die Verfestigung sozialer Grenzen. Das giltübrigens nicht nur für die Herkunftsvereine unsererausländischen Mitbürger, sondern auch für mancheHe<strong>im</strong>atvereine der Einhe<strong>im</strong>ischen, die sich gegenübereiner auch ihnen fremd werdenden Umweltgleichfalls einkapseln in die kleinen und heilen Weltenihrer Traditionen. Feste Einbindung muss dannbezahlt werden mit Einkreisung, Abgrenzung undAusgrenzung. So dürfen wir bei den geschlossenenKreisen nicht stehen bleiben, sondern müssen aufdie weiterführenden Perspektiven achten hin zuroffenen Gesellschaft.Heute „<strong>im</strong> Trend“ liegen zwar eher ‚kleinen und feinenKreise’, die Edel-Szenen einer konservativenoder auch alternativen Schickeria, die sich in ihrenClubs und Cliquen leicht und locker zusammenfinden.5 Hier will man gezielt „unter sich“ bleiben.Sorge macht eine dann drohende „Spaltung der Bürgergesellschaft“.Die wachsenden Aktivitäten derkleinen und feinen Kreise stehen in scharfemKontrast zur gleichzeitigen Schwäche der einst breitenwirksamenund niederschwelligen Massen-Organisationen.Diese eröffneten einmal gerade den„kleinen Leuten“ einen Einstieg in soziale Kulturender Anerkennung und der Verantwortung, heuteaber verlieren sie ihre Breiten-Basis: das gilt fürVolkskirchen und Volksparteien, für Gewerkschaftenund Wohlfahrtsverbände oder auch für Volksmusikund Volkssport – viele Menschen scheuen hieroffensichtlich die Verbindlichkeit einer dauerhafterenEinbindung in feste Mitgliedschaft.Dabei erweist sich doch gerade die Kompetenzerfahrungvon aktiver Mitgliedschaft und engagiertemEhrenamt als wichtige Basis einer heute nichtnur in der Bürgergesellschaft, sondern auch in derArbeitsgesellschaft nachdrücklich zu forderndenund nachhaltig zu fördernden „Kultur der Verantwortung“.Wir haben zu diesen Grundsatzfragen der Verbindungvon „Kultur der Anerkennung“ und „Kulturender Verantwortung“ ein Lern-Modul entwickelt (vgl.Eckart Pankoke „Kulturen der Verantwortung“), daswir auch einem Workshop zu den Spannungen undden Vermittlungen von Ehrenamt und freiem Engagementzugrunde legten.Engagement hat dann nicht mehr die stabile Statikalter Ehre, sondern gewinnt gerade <strong>im</strong> aktivenBezug auf eine sich ändernde – und zu ändernde –soziale Umwelt die Dynamik von Lernprozessen,wenn Engagement ansteckend und anstiftend seineKreise zieht.„Soziale Brücken“: kooperative Kontrakte ‚nachaußen’ (Selbstregulierung): Selbstorganisierte Solidaritätgewinnt bald noch weitere Bedeutung derVermittlung <strong>im</strong> Verhältnis zur Umwelt gesellschaftlicherFunktionssysteme und ihren Leistungen.Breitenwirksamkeit kommt nicht mehr selbstverständlichvon selbst, sondern Mitglieder wollengerufen und gepflegt werden – und das fordertschon Organisationskraft und professionelle Kompetenz<strong>im</strong> sozialen Management und sozialen Marketing,was aber gerade in den kleinen und armen Vereinenzu fehlen scheint.Eine klassische Leistung der Vereine ist ihre sozialeBrückenfunktion zu den Leistungs-Systemen derOrganisationsgesellschaft. So konnten die Ausländervereine<strong>im</strong> oft gespannten Verhältnis zwischenfremder Lebenswelt und modernen Funktionssystemen(Schul-, Gesundheits-, Beschäftigungssystem)„Brücken bauen“. Wir fassen diese beratenden,begleitenden, vermittelnden Leistungen unter demSammelbegriff der „Selbstregulierung“.Aus den Vereinen werden somit Leistungsträger,aber deren organisierte Leistungskraft muss bedient5 Die Sozialform des „Clubs“ wird für viele zur Mode. – „Clubs“ haben wirtschaftliche Konjunktur – etwa als Club-Urlaub, der für teurenEintritt ein geselliges Leben verspricht, wie man es sonst nicht mehr organisieren kann. Aber das durch Clubs organisierte Eigeninteresse,ist etwas ganz anderes als der <strong>im</strong> Vereinswesen gepflegte Gemeinnutz und Gemeinsinn.39

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