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3-2016

Fachzeitschrift für Hochfrequenz- und Mikrowellentechnik

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EMV<br />

Schutz vor elektromagnetischen Feldern<br />

Richtlinie 2013/35/<br />

EU muss bis 1. Juli<br />

<strong>2016</strong> in nationales<br />

Recht umgesetzt<br />

sein. Arbeitgeber<br />

müssen dann für<br />

jeden Arbeitsplatz<br />

eine Risikobewertung<br />

durchführen. Geeignete<br />

Messtechnik gibt es<br />

schon jetzt.<br />

Bild 1: Roboterschweißgeräte<br />

Die Frist läuft. Bis zum 1. Juli<br />

<strong>2016</strong> müssen alle EU-Staaten die<br />

Richtlinie 2013/35/EU, bekannt<br />

als EMF-Richtlinie, in nationales<br />

Recht umgesetzt haben. Damit<br />

kommen auf die Arbeitgeber<br />

neue Herausforderungen zu: Sie<br />

müssen jetzt für alle Arbeitsplätze<br />

eine Risikobewertung<br />

durchführen und das Ergebnis<br />

dokumentieren. Mit Spannung<br />

werden deshalb zum Jahresende<br />

2015 die ergänzenden Leitfäden<br />

der EU-Kommission erwartet,<br />

die nähere Ausführungshilfen<br />

enthalten. Doch die Mindestvorschriften<br />

zum Schutz von<br />

Sicherheit und Gesundheit der<br />

Arbeitnehmer vor der Gefährdung<br />

durch physikalische Einwirkungen<br />

(elektromagnetische<br />

Felder), so der Original-Titel der<br />

Richtlinie, sind seit der Veröffentlichung<br />

in Kraft. Arbeitgeber<br />

können also schon jetzt tätig<br />

werden.<br />

Die Richtlinie 2013/35/EU, veröffentlicht<br />

am 29. Juni 2013, hob<br />

nicht nur ihre Vorgängerrichtlinie<br />

2004/40/EG auf. Sie wird auch<br />

nationale Vorschriften ersetzen.<br />

Denn ein Ziel der EU ist die Vereinheitlichung<br />

des Arbeitsschutzes,<br />

um Wettbewerbsverzerrungen<br />

zwischen den Mitgliedstaaten<br />

zu mindern. In Deutschland<br />

wird eine neue Arbeitsschutzverordnung<br />

die EMF-Richtlinie<br />

umsetzen und damit die bekannte<br />

ehemalige Unfallverhütungsvorschrift<br />

BGV B11, jetzt geführt<br />

unter der Bezeichnung DGUV<br />

15, aufheben. Die Inhalte der<br />

erwarteten Leitfäden werden in<br />

ein Technisches Regelwerk einfließen<br />

und so die Ausführungsregeln<br />

BGR B11, jetzt DGUV<br />

Regel 103-013, ersetzen.<br />

Grenzwerte und<br />

Auslöseschwellen<br />

Neu an der EMF-Richtlinie sind<br />

u. a. die Grenzwerte im unteren<br />

Frequenzbereich bis 10 MHz,<br />

die sich im Wesentlichen auf<br />

die Empfehlungen der ICNIRP<br />

(International Commission on<br />

Non-Ionizing Radiation Protection)<br />

von 2010 beziehen, während<br />

der Vorgängerrichtlinie<br />

2004/40EG die ICNIRP-Empfehlungen<br />

von 1998 zugrunde<br />

lagen. Die Grenzen für elektrische<br />

Feldstärken sind jetzt teilweise<br />

strenger gefasst. Dagegen<br />

wurden für magnetische Felder<br />

im niederfrequenten Bereich<br />

wesentlich großzügigere Werte<br />

zugelassen. Neueste Studien und<br />

wissenschaftliche Erkenntnisse<br />

hatten die ICNIRP zur Anpassung<br />

ihrer Grenzwertempfehlungen<br />

veranlasst.<br />

Die EMF-Richtlinie berücksichtigt<br />

zwei Arten von direkten<br />

biophysikalischen Wirkungen,<br />

die durch elektromagnetische<br />

Felder hervorgerufen werden.<br />

Einerseits sind es thermische<br />

Effekte wie Gewebeerwärmung<br />

durch Energieabsorption, die<br />

bei hohen Frequenzen auftreten.<br />

Starke hochfrequente Felder<br />

können zu inneren Verbrennungen<br />

führen; im Extremfall kann<br />

man beispielsweise erblinden.<br />

Andererseits zieht die EMF-<br />

Richtlinie Stimulationen von<br />

Muskeln, Nerven und Sinnesorganen<br />

in Betracht, die durch<br />

niedrige Frequenzen ausgelöst<br />

werden. Sie können beispielsweise<br />

zu optischen Sinnestäuschungen<br />

führen. Dabei betont<br />

die Richtlinie, dass sich die<br />

Definition der Grenzwerte ausschließlich<br />

auf wissenschaftlich<br />

nachgewiesene direkte Kurzzeitwirkungen<br />

stützt. Eventuell<br />

vermutete Langzeitwirkungen<br />

werden nicht berücksichtigt, da<br />

der Nachweis kausaler Zusammenhänge<br />

bisher fehlt.<br />

Darüber hinaus berücksichtigt<br />

die EMF-Richtlinie indirekte<br />

Effekte wie Funkenentladung<br />

und Kontaktströme, die durch<br />

elektromagnetische Felder induziert<br />

sind, Störungen von Herzschrittmachern<br />

oder metallischen<br />

Implantaten sowie die Wirkung<br />

auf ferromagnetische Gegenstände:<br />

In starken statischen<br />

Magnetfeldern wird selbst eine<br />

Büroklammer zum Geschoss.<br />

Verbindlich für den Schutz vor<br />

biophysikalischen Wirkungen<br />

sind die Expositionsgrenzwerte<br />

(Exposure Level Values), die<br />

sich auf die tatsächlichen Feldstärken<br />

im menschlichen Körper<br />

beziehen. Sie lassen sich jedoch<br />

in der Praxis nicht messen. Deshalb<br />

definiert die EMF-Richtlinie<br />

sogenannte Auslöseschwellen<br />

(Action Levels), die sich außerhalb<br />

des Körpers messen lassen.<br />

Um die Sicherheit von Personen<br />

nachzuweisen, reicht es, wenn<br />

die Auslöseschwellen nicht überschritten<br />

werden. Die Expositionsgrenzwerte<br />

gelten dann automatisch<br />

als eingehalten.<br />

Auslöseschwellen –<br />

wie messen, wann<br />

agieren?<br />

Hier unterscheidet die EMF-<br />

Richtlinie zwischen thermischen<br />

und nichtthermischen Wirkungen.<br />

Thermische Wirkungen<br />

hängen nicht allein von der Feldstärke,<br />

sondern auch von der Frequenz<br />

ab. Deshalb definiert die<br />

Richtlinie frequenzabhängige<br />

Auslöseschwellen im Bereich<br />

von 100 kHz bis 300 GHz.<br />

Bei ihrer Überschreitung sind<br />

Schutzmaßnahmen nötig. Messgeräte<br />

müssen die Feldstärken<br />

also frequenzrichtig bewerten<br />

und die Einzeleinflüsse korrekt<br />

summieren. Denn im Hochfrequenzbereich<br />

– wie z.B. in der<br />

Umgebung von Sendeanlagen<br />

– sind in der Regel viele Frequenzen<br />

„in der Luft“. Persönliche<br />

Feldmonitore, am Körper<br />

getragen, können in solchen Fällen<br />

das Personal vor zu hohen<br />

Feldstärken warnen.<br />

Auch nichtthermische Wirkungen<br />

sind frequenzabhängig. Die<br />

EMF-Richtlinie definiert deshalb<br />

frequenzabhängige Auslöseschwellen<br />

für den Frequenzbereich<br />

von 1 Hz bis 10 MHz:<br />

Niedrige Auslöseschwellen,<br />

oberhalb derer sensorische Wirkungen<br />

– vorübergehende Störung<br />

der Sinnesempfindungen<br />

– auftreten können, und hohe<br />

Auslöseschwellen, oberhalb<br />

derer gesundheitsschädliche<br />

Wirkungen zu erwarten sind.<br />

Bereits bei Überschreitung der<br />

niedrigen Auslöseschwellen<br />

sind Schutzmaßnahmen nötig;<br />

die Überschreitung der hohen<br />

Auslöseschwellen muss durch<br />

Präventivmaßnahmen unterbunden<br />

werden.<br />

Typische niederfrequente Felder<br />

treten vor allem in der Industrie<br />

auf und sind oft pulsartig. Die<br />

38<br />

hf-praxis 3/<strong>2016</strong>

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