Es war einmal.. .. eine Zelle und sie wurde nimmermehr gesehen?
LJ_16_07
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<strong>Es</strong>say<br />
Labor arbeiten; schließlich <strong>war</strong>en wir selbst<br />
da ja wohl lange genug tätig... Da kommt<br />
dann aber schon das nächste Problem: die<br />
heutige Generation der Studierenden. Diese<br />
nennt sich Generation Y (= Why?), weil<br />
<strong>sie</strong> alles hinterfragt <strong>und</strong> – wie mir kürzlich<br />
ein Student<br />
sagte – nach <strong>eine</strong>r<br />
„Work-Life-Balance“<br />
sucht. Aha,<br />
„Work-Life-Balance“.<br />
Erzählen Sie<br />
das mal jemand<br />
in Oxford, Cambridge,<br />
am MIT, in Berekley, an der ETH<br />
Zürich, etc.... Die erklären ihn gleich mal<br />
was „Work-Life-Balance“ ist: nämlich viel<br />
„Work“ <strong>und</strong> wenig „Balance“.<br />
Das heißt nicht, dass alle Studentinnen<br />
<strong>und</strong> Studenten faul, unfähig <strong>und</strong> dumm<br />
wären – im Gegenteil, da gibt’s viele, die<br />
hochmotiviert sind. Aber m<strong>eine</strong> Kollegen<br />
<strong>und</strong> ich beobachten immer mehr Studentinnen<br />
<strong>und</strong> Studenten, für die Wissenschaft<br />
auf die gleiche Art gemacht wird, wie wenn<br />
man als Fleischerei-Fachverkäufer arbeiten<br />
würde. Nichts gegen Fleischerei-Fachverkäufer,<br />
das ist ein sehr ehrbarer Beruf;<br />
„Was mir fehlt, ist diese emotionale<br />
Binding der Generation Y<br />
an die wissenschaftlichen Projekte,<br />
an denen <strong>sie</strong> arbeiten.“<br />
was mir aber fehlt, ist diese emotionale<br />
Binding der Generation Y an die wissenschaftlichen<br />
Projekte, an denen <strong>sie</strong> arbeiten<br />
– die schlaflosen Nächte, in denen man<br />
sich überlegt, <strong>war</strong>um ein Experiment nicht<br />
funktioniert oder wie man das Experiment<br />
besser machen<br />
könnte.<br />
Zugleich haben<br />
wir uns in den letzten<br />
zwanzig Jahren<br />
von <strong>eine</strong>r Ordinarien-Universität<br />
(nicht gut!) zu <strong>eine</strong>r<br />
Studenten-Universität hinbewegt (auch<br />
nicht gut!). Das heißt, m<strong>eine</strong> Studenten<br />
teilen mir jetzt mit, wann <strong>sie</strong> am liebsten<br />
Prüfungen machen wollen (am liebsten natürlich<br />
gar nicht) – ja sogar welches für <strong>sie</strong><br />
die beste Zeit für <strong>eine</strong> Vorlesung ist. Kürzlich<br />
fragte mich beispielsweise ein Student,<br />
ob er wegen <strong>eine</strong>s Kletterwettkampfes in<br />
Mumbai (Indien) zwei von sechs Praktikumstagen<br />
versäumen könnte, weil er eben<br />
beides machen wollte – Klettern <strong>und</strong> Studium;<br />
alternativ könnte ich für ihn persönlich<br />
ein zusätzliches Praktikum anbieten,<br />
in dem er die verlorenen Tage nachholen<br />
könnte. Ich glaube, hier läuft irgendetwas<br />
wirklich ganz, ganz falsch. Aber ist es „politically<br />
correct“, das auch mal so auszusprechen?<br />
Man ist ja sonst wieder gleich<br />
der autoritäre Ordinarius aus der Vorzeit.<br />
Von daher mache ich jetzt Schluss mit<br />
dem ganzen Gejammer, liebes Laborjournal.<br />
Vermutlich ist das alles nur ein Zeichen,<br />
dass ich mich langsam aber sicher auf<br />
m<strong>eine</strong> Pensionierung zubewege <strong>und</strong> viele<br />
Dinge viel zu sch<strong>war</strong>z sehe. Wie Ihr aber<br />
seht, gibt’s für Euch auch künftig weiterhin<br />
viele Agenden zu behandeln. Bleibt also<br />
weiterhin dran, Missstände in der europäischen<br />
Forschungslandschaft aufzudecken<br />
<strong>und</strong> nicht unter den Tisch zu kehren. Vermutlich<br />
werden es Euch die kommenden<br />
Generationen von Wissenschaftlerinnen<br />
<strong>und</strong> Wissenschaftlern danken. Und vermutlich<br />
werdet Ihr auch weiterhin wenig Beifall<br />
von den Fördergremien bekommen. Aber,<br />
who cares? Daher: Weiter so!<br />
Alexander Hüttenhofer ist Professor für<br />
Molekularbiologie am Biozentrum der Medizinischen<br />
Universität innsbruck <strong>und</strong> leitet<br />
dort das institut für Genomik <strong>und</strong> rnomik.<br />
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Laborjournal<br />
7-8/2016<br />
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