Es war einmal.. .. eine Zelle und sie wurde nimmermehr gesehen?
LJ_16_07
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<strong>Es</strong>say<br />
Illustration: Fotolia / freshideas<br />
Das „Hammer-Prinzip“<br />
Von Nero Bliss<br />
Auch Forscher machen<br />
Fehler. Doch Hadern <strong>und</strong> vor<br />
allem Beschweren bringt nichts<br />
– das zeigt schon pure Statistik.<br />
Am besten also einfach<br />
korrigieren <strong>und</strong> weitermachen!<br />
Beschwerden haben mir jahrzehntelang<br />
schlaflose Nächte verursacht, weil ich sehr<br />
harmoniebedürftig bin <strong>und</strong> alles richtig<br />
machen will. Sie werden zu m<strong>eine</strong>m persönlichen<br />
Problem, wenn ich tatsächlich<br />
oder ex officio für die entsprechenden Ursachen<br />
verantwortlich bin. Dabei macht doch<br />
jeder Fehler. Und genau deshalb bin auch<br />
ich immer wieder das direkte Ziel von Beschwerden:<br />
Beim Einkaufen den Puderzucker<br />
vergessen, das Fenster offen gelassen,<br />
den Autoschlüssel nicht ans Schlüsselbrett<br />
zurückgehängt... Oder bei der Arbeit: Nicht<br />
rechtzeitig alle Beteiligten informiert, in<br />
Eile <strong>und</strong> daher intransparent entschieden,<br />
wichtige Angelegenheiten verzögert oder<br />
vergessen ... Ich bin kein schlechter Mensch<br />
<strong>und</strong> mache all das nicht absichtlich. <strong>Es</strong> pas<strong>sie</strong>rt<br />
einfach. All das sind menschliche Fehler,<br />
finde ich – <strong>und</strong> ich kann <strong>sie</strong> meistens<br />
wieder gerade biegen.<br />
24<br />
Komplizierter <strong>und</strong> weitaus vielfältiger<br />
wird die Angelegenheit bei Beschwerden<br />
über Probleme, die ich ex officio zu verantworten<br />
habe oder lösen muss. Hier reicht<br />
das Spektrum von nicht sauber hinterlassenen<br />
Toiletten [sic!] über unzureichend<br />
gereinigte Büros <strong>und</strong> Schreibtische bis zu<br />
Versäumnissen bei der Ankündigung von<br />
Baumaßnahmen. Und es fällt mir gelegentlich<br />
wirklich schwer, nicht von <strong>eine</strong>m<br />
überhöhten Anspruchsdenken auszugehen,<br />
das unsere insgesamt exzellenten Beschäftigungs-<br />
<strong>und</strong> Arbeitsbedingungen vollkommen<br />
außer Acht lässt.<br />
Im Labor führen zu entsprechenden<br />
Schwierigkeiten <strong>und</strong> Beschwerden typischerweise<br />
aufgebrauchte Reagenzien, die<br />
nicht wiederbestellt <strong>wurde</strong>n, oder unordentlich<br />
zurück gelassene<br />
Instrumente <strong>und</strong><br />
Arbeitsplätze. Natürlich<br />
ist das ärgerlich.<br />
Und entsprechend<br />
kommt es in solchen<br />
Fällen bei unseren<br />
wöchentlichen Laborkonferenzen<br />
immer<br />
wieder zu langwierigen Diskussionen.<br />
Weil aber offenbar die gegenseitige Loyalität<br />
unter den Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen zu<br />
groß ist, finde ich jedoch nie heraus, wer<br />
„Die Frequenz des Fehlverhaltens<br />
<strong>und</strong> der Beschwerden<br />
bleibt relativ konstant:<br />
Drei- bis fünfmal im Jahr<br />
kommt es zu <strong>Es</strong>kalationen.“<br />
wirklich die Schuld trägt. Die Leute halten<br />
dicht – <strong>und</strong> es <strong>sie</strong>ht nicht so aus, als seien<br />
immer wieder dieselben sch<strong>war</strong>zen Schafe<br />
für das Chaos verantwortlich.<br />
In der Regel folgen auf solche Diskussionen<br />
ernsthafte Aufforderungen zur Besserung<br />
<strong>und</strong> die Implementation von Gegenmaßnahmen.<br />
Aber es ändert sich nichts.<br />
Die Frequenz des Fehlverhaltens <strong>und</strong> der<br />
entsprechenden Beschwerden bleibt relativ<br />
konstant: Etwa drei- bis fünfmal im Jahr<br />
kommt es zu <strong>Es</strong>kalationen. Und weil sich<br />
nichts ändert, ist die Stimmung bei der Erörterung<br />
solcher Probleme zumeist extrem<br />
gereizt <strong>und</strong> hoffnungslos – als hätten wir<br />
es mit lauter unverbesserlichen, kritikresistenten,<br />
gedankenlosen <strong>und</strong> egoistischen<br />
Schmutzfinken zu tun.<br />
Dass das wahrscheinlich<br />
nicht der<br />
Fall ist <strong>und</strong> unsere<br />
Schwierigkeiten mit<br />
aufgebrauchten Reagenzien<br />
<strong>und</strong> verdreckten<br />
Arbeitsplätzen<br />
möglicherweise<br />
naturgegeben sein<br />
könnten, ging mir nach <strong>eine</strong>m Kommentar<br />
m<strong>eine</strong>s Kollegen Henry Marteau auf. Während<br />
<strong>eine</strong>r besonders hitzigen Diskussion<br />
meinte er, dass wir ganz auf Beschwerden<br />
7-8/2016 Laborjournal