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Es war einmal.. .. eine Zelle und sie wurde nimmermehr gesehen?

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Wirtschaft<br />

Produktübersicht: High-Content-Screening-Systeme<br />

Akribische Datensammler<br />

Mikroskopische Aufnahmen<br />

von <strong>Zelle</strong>n liefern <strong>eine</strong> schier<br />

unendliche Fülle biologischer<br />

Informationen. Heben lässt sich<br />

dieser Datenschatz jedoch nur<br />

mit automatischen Systemen,<br />

die ganz genau hingucken.<br />

62<br />

Foto: Wikipedia<br />

Ob das italienische Universalgenie Galileo<br />

Galilei Anfang des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts das<br />

erste Mikroskop zusammenbastelte oder<br />

der Holländische Brillenmacher Zacharias<br />

Jansen, ist unter Wissenschaftshistorikern<br />

umstritten. Ziemlich sicher ist jedoch, dass<br />

Galileos Landsmann Francesco Stelluti,<br />

der wie Galileo dem römischen Naturforscher-Verein<br />

„Accademia dei<br />

Lincei“ angehörte, die ersten<br />

Zeichnungen von mikroskopierten<br />

Objekten anfertigte.<br />

Bereits im Jahr 1625 veröffentlichte<br />

er ein Flugblatt mit<br />

Mikroskop-Bildern von Bienen,<br />

die er mit <strong>eine</strong>m von Galileo<br />

konstruierten Mikroskop<br />

untersucht hatte. Noch heute<br />

erstaunt der hohe Informationsgehalt<br />

der Bienen-Darstellungen<br />

auf denen jede Kleinigkeit<br />

der Bienen-Anatomie<br />

sowie viele phänotypische<br />

Details des Bienenkörpers,<br />

etwa von Facettenaugen, Kauwerkzeugen<br />

(Mandibeln), Antennen oder Flügeln zu<br />

sehen sind (<strong>sie</strong>he Abbildung).<br />

Auch lange Zeit nach Stelluti <strong>war</strong>en<br />

Mikroskopiker auf die Schärfe ihrer Augen<br />

<strong>und</strong> die Fähigkeit ihres Gehirns, Bilddaten<br />

exakt einzuordnen, angewiesen. Und bis<br />

heute sind das Auge <strong>und</strong> die Erfahrung<br />

<strong>eine</strong>s Experten bei der Analyse einzelner<br />

Zellparameter, etwa der Morphologie,<br />

schwer zu toppen. Schwierig wird es, wenn<br />

der Betrachter sehr viele einzelne Zelldetails<br />

gleichzeitig erfassen, beurteilen sowie<br />

speichern muss – <strong>und</strong> dies nicht nur bei<br />

einigen wenigen Mikroskopaufnahmen,<br />

sondern bei vielen tausenden. Diese Herkules-Aufgabe<br />

überlassen Forscher lieber<br />

automatischen Mikroskopkameras <strong>und</strong><br />

Bildanalyseprogrammen in sogenannten<br />

High-Content-Screening (HCS)-Systemen<br />

(synonym mit High-Content-Imaging oder<br />

Analyse-System).<br />

Bildba<strong>sie</strong>rte HCS-Systeme lehnen sich<br />

entweder an klassische Weitfeld- sowie<br />

konfokale Fluoreszenzmikroskope an, die<br />

mit zusätzlichen Modulen für die automatische<br />

Bildaufnahme <strong>und</strong> -auswertung fit<br />

gemacht <strong>wurde</strong>n; oder kommen als spezielle<br />

HCS-Geräte daher, die auf den ersten<br />

Blick nicht als Mikroskope zu erkennen<br />

sind. Die optische Einheit versteckt sich<br />

hier hinter <strong>eine</strong>m Blechgehäuse, das die<br />

Instrumente wie überdimensionale<br />

Scanner aussehen lässt.<br />

Beide Spielarten sind jedoch<br />

nach dem gleichen Prinzip<br />

aufgebaut <strong>und</strong> enthalten<br />

vier wesentliche Baust<strong>eine</strong>:<br />

ein optisches System, <strong>eine</strong>n<br />

automatisch angetriebenen,<br />

präzise gesteuerten Objekttisch,<br />

<strong>eine</strong> Kamera, welche die<br />

Bildsignale empfängt, sowie<br />

ein intelligentes Bildverarbeitungsprogramm,<br />

das aus<br />

dem Wirr<strong>war</strong>r der Bilddaten<br />

die relevanten Informationen<br />

heraus pickt.<br />

In den optischen Systemen dienen<br />

Laser, verschiedenfarbige LED-Lampen<br />

oder Quecksilberlampen, die ein kontinuierliches<br />

Spektrum abstrahlen, als Lichtquellen.<br />

Die Lichtstrahlen pas<strong>sie</strong>ren in<br />

Spinnig-Disc-HCS-Geräten zunächst die<br />

spiralförmig angeordneten Löcher <strong>eine</strong>r<br />

mit hoher Geschwindigkeit rotierenden<br />

Nipkow-Scheibe, bevor <strong>sie</strong> auf die Proben<br />

treffen. Wie bei der konfokalen Fluoreszenzmikroskopie<br />

blockieren die kl<strong>eine</strong>n<br />

Löcher störendes Streulicht <strong>und</strong> konzentrieren<br />

die hindurchtretenden Strahlen auf<br />

die Fokusebene des Objekts.<br />

Im Gegensatz zu klassischen konfokalen<br />

Mikroskopen, bei denen ein einzelner<br />

Lichtstrahl Punkt für Punkt über die<br />

Probe geführt wird, fallen durch die Nipkow-Scheibe<br />

jedoch viele einzelne Spots<br />

gleichzeitig auf die Probe. Dies ermöglicht<br />

nicht nur schnelle Bildfrequenzen von über<br />

tausend Bildern pro Sek<strong>und</strong>e <strong>und</strong> damit<br />

verkürzte Aufnahmezeiten. Auch die Strahlenbelastung<br />

ist deutlich geringer, weil die<br />

Intensität des Lichts kl<strong>eine</strong>r <strong>und</strong> die Belichtungsdauer<br />

kürzer ist.<br />

Rasend schnelle Bildfrequenzen<br />

In HCS-Mikroskopen sind in der Regel<br />

Objektive mit hoher numerischer<br />

Apertur eingebaut, die für <strong>eine</strong> maximale<br />

Lichausbeute sorgen. Auch auf den<br />

Öl-Immersions-Trick, mit dem sich der<br />

Brechungsindex des Mediums <strong>und</strong> damit<br />

die Auflösung des Mikroskops erhöhen<br />

lässt, verzichten die wenigsten Hersteller.<br />

Die üblichen in Standardmikroskopen verwendeten<br />

Mineralöle sind für HCS-Mikroskope<br />

jedoch ungeeignet. Sie würden ein<br />

ziemliches Geschmiere verursachen, wenn<br />

die Mikrotiterplatten auf dem Objekttisch<br />

automatisch von <strong>eine</strong>m Well zum nächsten<br />

verschoben werden. HCS-Geräte sind<br />

deshalb meist mit Immersions-Objektiven<br />

ausgerüstet, die auf Silikonöl oder Wasser<br />

abgestimmt sind.<br />

Die Objekttische von HCS-Instrumenten<br />

sind für die Aufnahme klassischer<br />

Objektträger sowie Mikrotiterplatten mit<br />

unterschiedlichsten Bodenformen sowie<br />

Well-Anzahlen ausgelegt. Ein automatischer<br />

Nanopositionierer verschiebt die<br />

Mikrotiterplatten nanometergenau in alle<br />

drei Raumrichtungen. Die exakte Fokus<strong>sie</strong>rung<br />

des Objekts erledigt entweder ein<br />

lasergesteuertes Autofokussystem, das<br />

die Reflexion <strong>eine</strong>s Laserstrahls am Boden<br />

der Mikrotiterplatte ausnützt oder<br />

ein soft<strong>war</strong>egesteuertes, Bild-ba<strong>sie</strong>rtes<br />

7-8/2016 Laborjournal

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