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Es war einmal.. .. eine Zelle und sie wurde nimmermehr gesehen?

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<strong>Es</strong>say<br />

ren – was in einigen Fällen zu ernsthaften<br />

Fehldarstellungen der Daten führte (10).<br />

Fest steht, dass in Biologie <strong>und</strong> Medizin<br />

die methodische <strong>und</strong> statistische Ausbildung<br />

in der Doktorandenphase deutlich<br />

mehr Aufmerksamkeit bekommen muss<br />

– angefangen bei der klassischen Deskriptiven<br />

<strong>und</strong> Inferenzstatistik bis hin zu <strong>eine</strong>r<br />

Einführung in die Bayes-Statistik. Die meisten<br />

Originalarbeiten in<br />

den Neurowissenschaften<br />

setzen irgend<strong>eine</strong><br />

Form von Statistik ein, so<br />

dass deren Verständnis von entscheidender<br />

Bedeutung ist, um die Literatur verstehend<br />

zu lesen, beschriebene Effekte adäquat zu<br />

bewerten <strong>und</strong> sich Klarheit über die eigenen<br />

Ergebnisse zu verschaffen. <strong>Es</strong> kann daher<br />

nur helfen, Statistik als akademische<br />

Kern-Fertigkeit anzusehen, <strong>und</strong> nicht nur<br />

als Soft Skill wie etwa Antragschreiben,<br />

Management oder Präsentation.<br />

Dummerweise erfordert das Lernen von<br />

Methodik <strong>und</strong> Statistik, zusätzlich zum Erlernen<br />

der experimentellen Techniken des<br />

jeweiligen Feldes sowie dem Entwickeln<br />

von Arbeitshypothesen, schlichtweg Zeit<br />

<strong>und</strong> kann nicht immer in ein Master-Studium<br />

oder die frühe Doktorandenphase eingepasst<br />

werden. Jedoch kann <strong>eine</strong> unzureichende<br />

statistische Ausbildung – wie etwa<br />

ein zweitägiger Workshop in irgend<strong>eine</strong>m<br />

statistischen Programm, mit dem man H<strong>und</strong>erte<br />

von bivariaten Korrelationen durchklicken<br />

<strong>und</strong> erzeugen kann, ohne etwa das<br />

multiple Testproblem tatsächlich zu verstehen<br />

–, das Falsch-Positive-Problem am Ende<br />

sogar stärker verschlimmern als gar k<strong>eine</strong><br />

statistische Ausbildung. Denn schließlich<br />

ruft man im letzteren Fall in<br />

aller Regel <strong>eine</strong>n erfahrenen<br />

Statistiker um Hilfe.<br />

Allerdings muss es auch<br />

nicht zwingend die beste<br />

Lösung sein, das „Problem“<br />

an Statistiker outzusourcen <strong>und</strong> sich von<br />

diesen beispielsweise bei den Power-Analysen<br />

helfen zu lassen. Schließlich arbeiten<br />

Statistiker in aller Regel nicht im Labor.<br />

Folglich können <strong>sie</strong> um Rat gefragt werden<br />

oder nicht, <strong>sie</strong> können angehört werden<br />

oder auch nicht – aber <strong>sie</strong> können ganz sicher<br />

nicht <strong>eine</strong>n PI überstimmen, wenn die<br />

betreffenden Ergebnisse z<strong>war</strong> allzu schön,<br />

aber wahrscheinlich falsch sind.<br />

Alternativ könnte <strong>eine</strong> direkte statistische<br />

Beratung natürlich während des<br />

Review-Prozesses <strong>eine</strong>r Zeitschrift stattfinden.<br />

Allerdings ist leider unwahrscheinlich,<br />

dass Zeitschriften für Dienstleistungen bezahlen,<br />

die ansonsten <strong>eine</strong>r der Gutachter<br />

oftmals umsonst liefert. Zumal <strong>sie</strong> diese<br />

womöglich dazu zwingen würden, mehr<br />

Laborjournal<br />

7-8/2016<br />

„K<strong>eine</strong> Ausbildung ist besser<br />

als <strong>eine</strong> schlechte.“<br />

„Strengere Schwellen<br />

würden überzeugendere<br />

Daten liefern.“<br />

wirklich solide <strong>und</strong> weniger „spannende“<br />

Ergebnisse zu publizieren.<br />

Wie also können wir letztlich wahre<br />

Signale gegenüber dem belanglosen Rauschen<br />

in Forschungspublikationen verstärken?<br />

Natürlich durch <strong>eine</strong> bessere Ausbildung<br />

<strong>und</strong> mehr Verständnis in Statistik,<br />

durch höhere statistische Power in den<br />

Untersuchungen, indem wir zweifelhafte<br />

Arbeiten nicht zitieren,<br />

indem wir Doktoranden<br />

<strong>eine</strong>n t-Test wenigstens<br />

<strong>einmal</strong> von Hand machen<br />

lassen, indem wir Konfidenz- <strong>und</strong><br />

Vertrauensintervalle mit veröffentlichen,...<br />

<strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>und</strong>. Allerdings kann es Jahre,<br />

wenn nicht Jahrzehnte dauern, bis die<br />

Mehrheit endlich den bequemen Weg verlässt,<br />

auf dem Wissenschaft innerhalb des<br />

derzeitigen Belohnungssystems betrieben<br />

wird. Schließlich juckt es ja nicht, wenn<br />

man „Lärm“ erzeugt – solange man dafür<br />

belohnt wird.<br />

Dabei hat zumindest <strong>eine</strong> neue Analyse<br />

prinzipiell gezeigt, dass es gar nicht<br />

schwer sein muss, das derzeitige „Falsch-Positiv“-System<br />

zu verändern. Wir müssen<br />

einfach nur strikter sein.<br />

Valen Johnson von der Texas A & M University<br />

entwickelte <strong>eine</strong>n Weg, klassische<br />

p-Wert-Tests (auch als frequentistischer<br />

Ansatz bezeichnet, da der Fokus auf der<br />

Wahrscheinlichkeit <strong>eine</strong>s gegebenen Testergebnisses<br />

liegt) mit Bayes’schen Faktoren<br />

zu vergleichen. Dabei stellte er fest,<br />

dass ein p-Wert von etwa 0,05 <strong>eine</strong>m Bayes-Faktor<br />

zwischen 3 <strong>und</strong> 5 entspricht (11)<br />

– was in der Regel als schwacher Hinweis<br />

dafür an<strong>gesehen</strong> wird, dass <strong>eine</strong> gegebene<br />

Hypothese stärker als <strong>eine</strong><br />

andere gestützt wird. Auch<br />

Johnson <strong>sie</strong>ht darin das<br />

Hauptproblem dafür, dass<br />

man viele unreproduzierbare<br />

Ergebnisse erhält – <strong>und</strong><br />

folgert, dass man es zuerst durch das Anlegen<br />

strengerer statistischer Schwellen lösen<br />

könnte, wie beispielsweise p

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