Es war einmal.. .. eine Zelle und sie wurde nimmermehr gesehen?
LJ_16_07
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<strong>Es</strong>say<br />
Das genaue Hinsehen sollte ein ganzes Spektrum von Möglichkeiten<br />
umfassen – vom kollegialen Gespräch über Probleme,<br />
Befassung durch Ombudsgremien bis in zur rechtlichen Prüfung<br />
durch Gerichte. Das Gegenteil wäre die Anwendung <strong>eine</strong>s<br />
Zunftrechtes in Form der ‚Selbstreinigungskraft der Wissenschaft‘.<br />
Dabei wird der Öffentlichkeit<br />
weisgemacht, dass all die unschönen<br />
Dinge der schlechten wissenschaftlichen<br />
Praxis mittels wissenschaftsimmanenter<br />
Kräfte erkannt, umfänglich ermittelt <strong>und</strong><br />
angemessen geahndet werden können.<br />
(WR: „es ist daher <strong>eine</strong> beständige Aufgabe<br />
der Wissenschaft, sich im Sinne von<br />
Selbstbeobachtung <strong>und</strong> Selbstkontrolle um<br />
rahmenbedingungen <strong>und</strong> regeln zu bemühen,<br />
die wissenschaftliche redlichkeit unterstützen.“). <strong>Es</strong> schaut so<br />
aus, als wolle sich die Science Community gegen Eindringlinge<br />
schützen. Wir Wissenschaftler sind Legislative, Exekutive <strong>und</strong><br />
Judikative in <strong>eine</strong>m! Auf diese Weise entsprechen die Vorschläge<br />
des WR in gewissem Sinne tatsächlich <strong>eine</strong>r akademischen<br />
Adaptation des ‚flüssigkeitsfreien Pelzwaschens.‘<br />
So umfangreich die akademischen Untaten sind, so breit<br />
sind die Anforderungen an die Entwicklung <strong>eine</strong>s ‚Wissenschaftsrechts‘<br />
(Tab. 2) – wobei die juristischen Ansprüche auf<br />
Gr<strong>und</strong> der Nähe zu gr<strong>und</strong>gesetzlichen Vorgaben hoch sind.<br />
Dabei verbergen sich hinter den einzelnen Stichworten<br />
oft ganze Suiten von Problemen. So wäre zum Beispiel bei der<br />
Verjährung zu klären, ob überhaupt <strong>und</strong> welche Fristen sinnvoll<br />
„Ohne Strafen entspricht der<br />
Umgang mit wissenschaftlichen<br />
Fehlverhalten dem Spruch<br />
‚Wasch’ mir den Pelz, aber<br />
mach’ mich nicht nass!‘“<br />
sind. Wie soll mit dem Corpus delicti des Fehlverhaltens (etwa<br />
der Promotionsschrift) umgegangen werden? Eine Verjährung<br />
würde die Tat nicht ungeschehen machen. <strong>Es</strong> bleibt aber zu<br />
klären, wie das Fehlverhalten berichtet (Kennzeichnung der<br />
jeweiligen Fehler in Text, Bild, Zitat usw.) <strong>und</strong> der Text berichtigt<br />
werden müssen. Ebenso komplex<br />
sind Haftungsfragen <strong>und</strong> die Ahndung<br />
der Untaten bis hin zu ihrer zivil- beziehungsweise<br />
strafrechtlichen Würdigung.<br />
<strong>Es</strong> kann nicht sein, dass es mehr oder<br />
weniger nur kl<strong>eine</strong> Strafmaßvariationen<br />
(‚Akademische Todesstrafe Titelaberkennung‘<br />
oder erhobener Zeigefinger) bei der<br />
Vielzahl unterschiedlicher Taten gibt.<br />
Wissenschaftliches Fehlverhalten<br />
auszurotten ist unmöglich – ihm vorzubeugen, es zu erkennen<br />
<strong>und</strong> es zu ahnden sehr wohl! Wie beginnt die Pressemitteilung<br />
des Wissenschaftsrates zum Thema? „Wir brauchen mehr als regeln.“<br />
Ja, wir brauchen gr<strong>und</strong>gesetzfeste rechtliche Regelungen,<br />
auch in Gesetzesform samt unabhängiger Gerichte. Das heißt<br />
nicht, dass alles detailliert in Gesetze gegossen werden muss –<br />
es genügt oft, dass die Universitäten die Regelungskompetenz<br />
erhalten <strong>und</strong> wahrnehmen (müssen).<br />
Cornelius Frömmel <strong>war</strong> bis 2012 dekan des fachbereichs<br />
Humanmedizin sowie Vorstandssprecher der Universitätsmedizin<br />
Göttingen. im April 2012 übernahm er dort auf eigenen Wunsch<br />
die Gründungprofessur orthobionik.<br />
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7-8/2016<br />
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