Es war einmal.. .. eine Zelle und sie wurde nimmermehr gesehen?
LJ_16_07
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<strong>Es</strong>say<br />
JIF <strong>und</strong> h-Index handelt es sich jedoch nicht<br />
um normierte Indikatoren, weshalb dem<br />
Einsatz beider Indikatoren sehr enge Grenzen<br />
gesetzt sind. (1) Die Anzahl der Zitierungen<br />
für <strong>eine</strong> Publikation steigt mit der<br />
Zeit an. Um die Wirkung von Publikationen<br />
aus unterschiedlichen Jahren miteinander<br />
vergleichen zu können, ist deshalb <strong>eine</strong><br />
Normierung auf das Publikationsjahr notwendig.<br />
(2) Eine große Anzahl an bibliometrischen<br />
Studien konnte zeigen, dass in<br />
den Fächern <strong>eine</strong> unterschiedliche Anzahl<br />
an Zitierungen zu er<strong>war</strong>ten ist. So kann<br />
man beispielsweise in der Biologie deutlich<br />
mehr Zitierungen als in der Mathematik<br />
er<strong>war</strong>ten. Auch innerhalb <strong>eine</strong>s Faches sind<br />
zwischen den einzelnen Gebieten deutliche<br />
Unterschiede bei den mittleren Zitierungen<br />
zu beobachten. Bibliometriker normieren<br />
deshalb, wenn <strong>sie</strong> in <strong>eine</strong> Studie Publikationen<br />
aus unterschiedlichen Fächern <strong>und</strong><br />
Jahren einbeziehen (beispielsweise bei<br />
<strong>eine</strong>m Vergleich von Universitäten), die<br />
Zitierungen der Publikationen im Hinblick<br />
auf das Publikationsjahr <strong>und</strong> das Fach, in<br />
dem <strong>sie</strong> publiziert <strong>wurde</strong>n.<br />
Bei den normierten Indikatoren kann<br />
man grob zwischen den „Cited-Side“- <strong>und</strong><br />
den „Citing-Side“-Indikatoren unterscheiden.<br />
Der „Mean-Normalized Citation<br />
Score“ (MNCS) ist der wichtigste „Cited-Side“-Indikator.<br />
Um die Wirkung <strong>eine</strong>r Publikation<br />
im Hinblick auf das Fach <strong>und</strong> das<br />
Publikationsjahr zu normieren, werden die<br />
38<br />
Illustration: Fotolia / freshidea<br />
Zitierungen der betreffenden Publikation<br />
durch die mittlere Anzahl der Zitierungen<br />
von denjenigen Publikationen geteilt, die<br />
im gleichen Publikationsjahr <strong>und</strong> im gleichen<br />
Fach veröffentlicht <strong>wurde</strong>n (dem so<br />
genannten Referenzset). Dabei ergeben<br />
sich Werte über 1 (die Publikation hat in<br />
diesem Fall <strong>eine</strong> überdurchschnittliche<br />
Wirkung) oder unter 1. Um die Publikationen<br />
einzelnen Fächern (beziehungsweise<br />
Referenzsets) zuzuordnen, werden (1)<br />
die publizierenden Zeitschriften fachlich<br />
gruppiert, (2) Publikationen von Experten<br />
für Fachdatenbanken (wie zum Beispiel<br />
Chemical Abstracts) klassifiziert, oder (3)<br />
Algorithmen verwendet, die Publikationen<br />
mit Hilfe von Zitationsdaten klassifizieren.<br />
Im „Leiden Ranking“ (www.leidenranking.<br />
com), das zu <strong>eine</strong>r größeren Anzahl von<br />
Universitäten verschiedene Indikatorwerte<br />
anbietet, findet sich beispielsweise<br />
der MNCS für<br />
jede Universität.<br />
Da der MNCS auf der<br />
Basis von mittleren Zitierhäufigkeiten<br />
berechnet<br />
wird (<strong>und</strong> der arithmetische Mittelwert<br />
nicht bei Daten verwendet werden sollte,<br />
die schief verteilt sind), sind in der Bibliometrie<br />
Zitationsperzentile als weitere<br />
Möglichkeit vorgeschlagen worden, die<br />
Wirkung von Publikationen auf der „Cited-Side“<br />
zu normieren. Perzentile geben<br />
zu jeder Publikation in <strong>eine</strong>m Referenzset<br />
den Anteil von Publikationen an, die genauso<br />
häufig zitiert <strong>wurde</strong>n oder weniger<br />
Zitierungen erhalten haben. Da Zitationsperzentile<br />
auf das Publikationsjahr <strong>und</strong> das<br />
Fach normiert sind, kann damit die Wirkung<br />
von Publikationen aus unterschiedlichen<br />
Fächern <strong>und</strong> Publikationsjahren<br />
miteinander verglichen werden. Zu den<br />
Perzentil-ba<strong>sie</strong>rten Indikatoren gehören<br />
auch die Indikatoren, die die Anzahl oder<br />
den Anteil derjenigen Publikationen (etwa<br />
<strong>eine</strong>s Wissenschaftlers) angeben, die zu<br />
den x Prozent meist-zitierten Publikationen<br />
in <strong>eine</strong>m Fach beziehungsweise Publikationsjahr<br />
gehören. Diese Indikatoren werden<br />
beispielsweise im kürzlich veröffentlichten<br />
Leiden Manifest zur Bibliometrie (Hicks et<br />
al., Nature 520: 429-31) als die Indikatoren<br />
bezeichnet, die besonders robuste Ergebnisse<br />
liefern. In den meisten Fällen beziehen<br />
sich diese Indikatoren auf die fünfzig,<br />
zehn <strong>und</strong> ein Prozent meist-zitierten Publikationen.<br />
Zur Gruppe der „Cited-Side“-Indikatoren<br />
gehört auch ein Indikator, der kürzlich<br />
von Autoren vorgeschlagen <strong>wurde</strong>,<br />
die bei den National Institutes of Health<br />
(NIH) arbeiten. Die so genannte Relative<br />
Citation Ratio (RCR) <strong>wurde</strong> vor allem vor<br />
dem Hintergr<strong>und</strong> entwickelt, <strong>eine</strong> bessere<br />
Alternative für die Messung der Wirkung<br />
von Publikationen in der Biomedizin zu<br />
haben als den JIF. Um die Referenzsets für<br />
die Berechnung des RCR zusammenzustellen,<br />
wird – <strong>und</strong> das ist das neuartige<br />
an diesem Indikator – das bibliometrische<br />
Verfahren der Ko-Zitationsanalyse verwendet.<br />
<strong>Es</strong> werden alle Publikationen in ein Referenzset<br />
einbezogen, die gemeinsam mit<br />
der betreffenden Publikation in anderen<br />
Veröffentlichungen zitiert <strong>wurde</strong>n. Auch<br />
wenn der Ansatz, auf diese Art <strong>und</strong> Weise<br />
das Referenzset zu bilden, interessant ist,<br />
konnte Ludo Waltman vom CWTS zeigen,<br />
dass <strong>eine</strong> Zitierung der betreffenden Publikation<br />
aus ganz bestimmten Fächern zu<br />
<strong>eine</strong>r Verringerung des RCR führen kann.<br />
Damit verletzt der Indikator ein gr<strong>und</strong>legendes<br />
Prinzip in der bibliometrischen<br />
Indikatorik: Wenn <strong>eine</strong><br />
„Zitierzahlen müssen Publikation weitere Zitierungen<br />
erhält, sollte sich<br />
jeweils nach Fach <strong>und</strong><br />
die zusätzliche Wirkung<br />
Zeit normiert werden.“ in den normierten Indikatoren<br />
entsprechend<br />
widerspiegeln. Ich konnte gemeinsam mit<br />
Robin Haunschild vom Max Planck Institut<br />
für Festkörperforschung (<strong>sie</strong>he <strong>Es</strong>say<br />
S. 40-43) in <strong>eine</strong>r empirischen Studie zeigen,<br />
dass der RCR-Indikator sehr hoch mit<br />
etablierten normierten Indikatoren in der<br />
Bibliometrie korreliert. Auf der Basis dieses<br />
Ergebnisses könnte man deshalb argumen-<br />
7-8/2016 Laborjournal