Es war einmal.. .. eine Zelle und sie wurde nimmermehr gesehen?
LJ_16_07
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<strong>Es</strong>say<br />
Analytics <strong>und</strong> Impact Story) sammeln die<br />
Nennungen von wissenschaftlichen Artikeln<br />
in diversen Quellen <strong>und</strong> aggregieren<br />
diese auf Artikelbasis. Daher gehören die<br />
alternativen Metriken zur Klasse der Artikel-Level-Metriken<br />
– auch wenn <strong>sie</strong> oftmals<br />
höher aggregiert ausgewertet werden, wie<br />
etwa auf der Ebene von Fachzeitschriften,<br />
Universitäten oder Ländern.<br />
Altmetric bietet nicht nur die aggregierten<br />
Daten in den einzelnen Quellen an, sondern<br />
erzeugt auch ein Altmetric-Score für<br />
alle wissenschaftlichen Artikel. 3 Hierbei<br />
kommt <strong>eine</strong> recht willkürliche Formel zum<br />
Einsatz, in der Nennungen in Nachrichtenmedien<br />
mehr zählen als Nennungen<br />
in Blogs oder Tweets. Zum Teil wird auch<br />
innerhalb der einzelnen Quellen unterschieden.<br />
Beispielsweise zählt der Tweet<br />
<strong>eine</strong>s bekannten Wissenschaftlers (etwa<br />
Richard Dawkins) unabhängig vom Fachgebiet<br />
mehr als der Tweet <strong>eine</strong>s unbekannten<br />
Twitter-Nutzers.<br />
Eine wichtigere Differenzierung wäre<br />
inhaltlicher Natur: Hat der Twitter-Nutzer<br />
„nur“ den Link zum wissenschaftlichen<br />
Artikel, gegebenenfalls mit Autorennamen<br />
<strong>und</strong> Titel, getwittert? Ein solcher<br />
Tweet lässt nicht auf <strong>eine</strong> detaillierte<br />
Beschäftigung mit dem wissenschaftlichen<br />
Artikel schließen. Wenn<br />
ein Twitter-Nutzer jedoch<br />
<strong>eine</strong>n für ihn wichtigen<br />
Teil des Artikels in den<br />
140 Zeichen des Tweets<br />
unterbringt, deutet dies<br />
auf <strong>eine</strong> deutlich intensivere Beschäftigung<br />
mit dem Artikel hin. In <strong>eine</strong>m Tweet, <strong>eine</strong>m<br />
Facebook- oder Blog-Eintrag könnte auch<br />
<strong>eine</strong> inhaltliche Stellungnahme zu <strong>eine</strong>m<br />
wissenschaftlichen Artikel stehen (beispielsweise<br />
„gute Studie“ oder „nicht-reproduzierbarer<br />
Mist“). Angesichts der<br />
jüngsten Fortschritte in der automati<strong>sie</strong>rten<br />
Textanalyse lässt sich erahnen, dass bei<br />
alternativen Metriken künftig mehr in diese<br />
Richtungen differenziert werden wird.<br />
Man erhofft sich von alternativen Metriken<br />
vieles, vielleicht zu viel. Zum <strong>eine</strong>n<br />
er<strong>war</strong>tet man <strong>eine</strong> schnellere Wirkungsmessung,<br />
als <strong>sie</strong> mit Zitaten möglich ist.<br />
<strong>Es</strong> ist bekannt, dass die Zitat-ba<strong>sie</strong>rte Wirkungsmessung<br />
träge <strong>und</strong> langsam ist: Nach<br />
„Man erhofft sich von<br />
alternativen Metriken<br />
vieles, vielleicht zu viel.“<br />
der Publikation muss ein wissenschaftlicher<br />
Artikel zunächst gef<strong>und</strong>en, gelesen<br />
<strong>und</strong> verstanden werden, bevor er zitiert<br />
werden kann. Diese Schritte (zumindest<br />
das Finden) müssen z<strong>war</strong> auch bei alternativen<br />
Metriken stattfinden, dann kann<br />
das Feuerwerk der alternativen Metriken<br />
„Ist der Artikel gef<strong>und</strong>en, gelesen<br />
<strong>und</strong> verstanden, kann das<br />
Feuerwerk der alternativen<br />
Metriken unmittelbar starten.“<br />
allerdings unmittelbar<br />
starten. Bis<br />
dagegen die ersten<br />
Zitate eintrudeln,<br />
dauert es meist Monate<br />
bis Jahre, weil<br />
üblicherweise erst<br />
ein Forschungsprojekt durchgeführt <strong>und</strong><br />
ein Manuskript geschrieben werden muss.<br />
Dieses Manuskript wird bei <strong>eine</strong>r Fachzeitschrift<br />
eingereicht <strong>und</strong> begutachtet.<br />
Allein dies kann je nach Fachgebiet bisweilen<br />
plusminus ein Jahr dauern. Wird<br />
das Manuskript dann zur Publikation in<br />
<strong>eine</strong>r Fachzeitschrift akzeptiert, dauert es<br />
üblicherweise noch einige Monate, bis sich<br />
die Referenzen als Zitate in Literaturdatenbanken<br />
widerspiegeln.<br />
Anhand dieses Zeitverlaufs wird aber<br />
auch klar erkennbar, dass alternative Metriken<br />
<strong>eine</strong> andere Bedeutung haben müssen<br />
als Zitate, weil meistens ein bedeutender<br />
Teil des Prozesses der Referenzierung fehlt:<br />
sowohl die neue Forschung,<br />
die auf dem referenzierten<br />
Artikel aufbaut,<br />
als auch der Begutachtungsprozess<br />
gehen<br />
den meisten Beiträgen in<br />
den Quellen alternativer Metriken ab (etwa<br />
in Twitter, Facebook <strong>und</strong> Blogs). Nur die<br />
politikrelevanten Dokumente haben sich<br />
als noch träger <strong>und</strong> langsamer als Zitate<br />
erwiesen. Das hängt damit zusammen, dass<br />
Berichte (etwa des IPCC oder der WHO)<br />
deutlich seltener als wissenschaftliche Artikel<br />
ersch<strong>eine</strong>n <strong>und</strong> es bei politikrelevanten<br />
Dokumenten zudem <strong>eine</strong>n Qualitätssicherungsprozess<br />
ähnlich wie beim Peer-Review-Verfahren<br />
gibt. Außerdem dauert die<br />
Akzeptanz wissenschaftlicher Erkenntnisse<br />
in politisch aktiven Organisationen zum<br />
Teil recht lange.<br />
Berechnet man Korrelationen zwischen<br />
alternativen Metriken <strong>und</strong> Zitaten, <strong>sie</strong>ht<br />
das Bild ernüchternd aus: Signifikante Korrelationen<br />
mit Zitaten zeigen sich nur bei<br />
F1000Prime-Empfehlungen <strong>und</strong> Leserzählungen<br />
bei Online-Referenzenmanagern<br />
(insbesondere Mendeley). Die Korrelationen<br />
zwischen Zitaten <strong>und</strong> anderen Quellen<br />
alternativer Metriken sind verschwindend<br />
gering. Hieraus folgt aber, dass <strong>eine</strong> Hoffnung,<br />
die mit alternativen<br />
Metriken<br />
verb<strong>und</strong>en wird, womöglich<br />
tatsächlich<br />
verwirklicht werden<br />
könnte: In den ersten<br />
paar Jahren nach Publikation<br />
könnte die Wirkung von wissenschaftlichen<br />
Artikeln auf die Wissenschaft<br />
über Daten aus Online-Referenzmanagern<br />
bestimmt werden. Für ältere Publikationen<br />
sind Zitatdaten dagegen zuverlässiger für<br />
die Forschungsbewertung.<br />
Bei Quellen wie Twitter kann man derzeit<br />
nur aussagen, dass die Nennung <strong>eine</strong>s<br />
wissenschaftlichen Artikels auf Twitter<br />
lediglich die Wirkung widerspiegelt, die<br />
dieser Artikel auf Twitter-Nutzer hat. Ähnliches<br />
lässt sich für Facebook, Nachrichtenportale,<br />
LinkedIn <strong>und</strong> andere Quellen<br />
formulieren. Weitere Forschung auf diesem<br />
Gebiet ist notwendig, um diesen Quellen<br />
später vielleicht <strong>einmal</strong> weitergehende Bedeutung<br />
zusprechen zu können.<br />
Die alternativen Metriken werden<br />
oft im Zusammenhang mit der Messung<br />
gesellschaftlicher Wirkung von wissenschaftlichen<br />
Artikeln <strong>gesehen</strong>, weil man bei<br />
alternativen Metriken zum Teil die Nutzergruppen<br />
unterscheiden kann. In der Bibliometrie<br />
ist man sich einig, dass durch Zitate<br />
die Wirkung von Wissenschaft auf die Wissenschaft<br />
gemessen wird. Bei Twitter <strong>und</strong><br />
Facebook können die Selbstbeschreibungen<br />
der Nutzer ausgewertet werden. Anhand<br />
bestimmter Suchbegriffe werden Nutzer<br />
als Wissenschaftler, Fachmann, Wissenschaftsvermittler<br />
<strong>und</strong> Teil der allgem<strong>eine</strong>n<br />
Gesellschaft eingeteilt. Bei Mendeley<br />
müssen Nutzer angeben, zu welcher akademischen<br />
Nutzerkategorie (etwa Student,<br />
Professor oder Bibliothekar) <strong>sie</strong> gehören.<br />
Mit Hilfe solcher Zuordnungen kann man<br />
zielgerichteter als mit Zitaten die Wirkung<br />
von wissenschaftlichen Artikeln auf die<br />
Gesellschaft messen. Dazu kommen noch<br />
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Laborjournal<br />
7-8/2016<br />
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