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04/2017

Fritz + Fränzi

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Erziehung & Schule<br />

>>> kannst auch ein Stofftier mitnehmen.»<br />

wir uns nicht anschauen», sagt Sandra<br />

eröffnet sich ein «schöpferischer<br />

Wochenlang versteckte sich das<br />

Mädchen die ganze Therapie hindurch<br />

in ihrem Haus aus Stühlen,<br />

Decken und Kissen. «Mit der Zeit<br />

gab es Kontakt von innen nach<br />

aussen: Das Mädchen hat auf der<br />

Flöte Töne gespielt, und ich habe<br />

von aussen mit einer anderen Flöte<br />

geantwortet. So hat sich langsam<br />

Kontakt angebahnt.» Daraus entwickelten<br />

Lutz Hochreutener. «Deshalb ist<br />

es auch bei verschlossenen Menschen<br />

ein effizientes Mittel. Die<br />

Schale, die rundherum ist, wird mit<br />

der Musik sanft durchbrochen.»<br />

Wie in jeder Psychotherapie gibt<br />

es auch bei der Musiktherapie eine<br />

Vielzahl von Methoden, die bei den<br />

Patienten individuell eingesetzt werden.<br />

Raum, in welchem Wandlung und<br />

Erneuerung stattfinden kann»,<br />

schreibt Sandra Lutz Hochreutener<br />

in ihrem Buch «Spiel-Musik-Therapie».<br />

Das Buch basiert auf 540 Tonprotokollen<br />

aus ihrer Praxisarbeit,<br />

welche sie analysierte. Die Fallbeispiele<br />

zeigen eindrücklich die Vielfalt<br />

und Möglichkeiten der Musiktherapie.<br />

sich instrumentale «Gesprä­<br />

Mit einem Lied in die Sprache<br />

Anders als Reden<br />

che». Es folgten gegenseitige Besuche,<br />

bis eines Tages das Mädchen berührt und Auch Lieder spielen – gerade in<br />

kommen<br />

statt der Hütte einen Platz für sie<br />

Kombination mit der Improvisation<br />

stimuliert Musik<br />

beide einrichtete. Das Dach «brauche<br />

sie nicht mehr», hätte sie beiläu­<br />

gleichzeitig te «spontane Singen mit Text» ist<br />

– eine wichtige Rolle. Das sogenannfig<br />

gesagt.<br />

eine lustvolle Form, die es Kindern<br />

mehrere Sinne.<br />

Musik hat gegenüber dem Reden<br />

erleichtert, Worte zu finden, um sich<br />

den Vorteil, dass sie mehrere Sinne<br />

gleichzeitig berührt und stimuliert.<br />

Man hört den Klang, spürt die Vi ­<br />

bration, sieht und fühlt die Instrumente<br />

in ihren unterschiedlichen<br />

Grössen und Materialien. Und<br />

Musik spricht sowohl körperlich wie<br />

auch auf der Gefühlsebene an.<br />

«Wenn ich hinten in der Ecke einen<br />

kleinen Ton spiele, ist der andere im<br />

Raum davon beeinflusst, auch wenn<br />

Zentral ist die Improvisation:<br />

das Spielen jenseits von Richtig oder<br />

Falsch. Improvisation kann helfen,<br />

Spannungen abzubauen oder Hindernisse<br />

zu überwinden. Sie wird<br />

auch eingesetzt, um sich in der Therapie<br />

einem Thema zu nähern. Oft<br />

folgen ihr auch Rollenspiele oder<br />

Gespräche. Bei der Improvisation<br />

auszudrücken.<br />

Eine Videoaufnahme zeigt ein<br />

Mädchen, welches gegenüber ihrer<br />

Therapeutin sitzt. Beide haben eine<br />

Gitarre. Die Siebenjährige schlägt<br />

rhythmisch über die Saiten. Die<br />

Therapeutin übernimmt die Bewegung<br />

genau und lässt dabei ihre<br />

Gitarre in harmonischer Abfolge<br />

klingen. Dies gibt einen musikalischen<br />

Boden. Das Mädchen singt<br />

Musiktherapie als Gewaltprävention:<br />

«TrommelPower» in Schulen<br />

Die «TrommelPower»-Methode ist ein spezifisches<br />

Konzept für die präventive Arbeit<br />

in Schulhäusern. Musiktherapeutisch geschulte<br />

Trainer besuchen Klassen, bei denen<br />

Ausgrenzung, Verweigerung, Konflikte,<br />

Unsicherheit oder Angst ein Thema<br />

sind.<br />

Entwickelt wurde die Methode von<br />

einem Team um den Münchner Kinderund<br />

Jugendpsychotherapeuten Andreas<br />

Wölfl: «Die Trommel kann sowohl Kraft<br />

und Stärke als auch Ärger und Wut ausdrücken.<br />

Im Trommelspiel können die verschiedenen<br />

Qualitäten erfahren werden<br />

und die Kinder lernen beides zu unterscheiden.»<br />

Die Grundlagen der Methode stammen<br />

aus der klinischen Arbeit mit aggressiven<br />

Jugendlichen. «In der Analyse der Biografien<br />

gewaltbereiter Jugendlicher wurde<br />

schnell deutlich, dass eine frühzeitigere<br />

Auseinandersetzung mit dem Thema bei<br />

vielen eine negative Gewaltkarriere hätte<br />

verhindern können», stellt Wölfl fest.<br />

«TrommelPower» will mit den Ressourcen<br />

und der Spielfreude der Schüler ihre Kompetenzen<br />

im Umgang mit Stress, Spannungen,<br />

Angst und Konflikten fördern.<br />

Durch das gemeinsame musikalisch-kreative<br />

Erleben entsteht häufig auch ein anderer<br />

Kontakt zwischen Lehrperson und<br />

den Schülern, der die Beziehung offener<br />

und vertrauter macht.<br />

Das Projekt wird auch in der Schweiz angeboten.<br />

Infos: www.trommelpower.org.<br />

54 April <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

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