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5. Keine Veränderung<br />
Mein Physiotherapeut Friedrich gab sich alle Mühe und versuchte<br />
es mit immer anderen Behandlungsmethoden. Wir waren uns einig,<br />
meine Beschwerden mussten in einer mechanischen Ursache begründet<br />
sein. Nach wie vor kamen die Schmerzattacken im Sitzen, Stehen<br />
und beim langsamen Gehen. Selbst der Schlingentisch, in dem ich<br />
regelmäßig lag, brachte, so kann ich es heute beurteilen, absolut keine<br />
Erleichterung. Es ging mir hinterher nicht besser als vorher. Friedrich<br />
ermutigte mich, andere Wege zu bedenken, wie etwa die Vorstellung<br />
bei einem Chiropraktiker oder einem Neurochirurgen.<br />
Insgesamt muss ich festzustellen, dass eine Krankheit Geduld und vor<br />
allem Zeit bedeutet, und das musste ich erst erlernen. Ich habe die<br />
Erfahrung gemacht, dass ein Patient anscheinend immer Zeit zu haben<br />
hat, egal ob beim Vereinbaren von Terminen, bei denen man in<br />
einer Telefonschleife Minuten mit Warten verbringen muss, oder mit<br />
immer neuen Versuchen Kontakt mit einer Arztpraxis aufzunehmen,<br />
weil am anderen Ende der Leitung trotz Einhaltung der Sprechzeiten<br />
einfach niemand abnehmen will. Vereinbarte Termine finden dann irgendwann<br />
Wochen später statt. Von überfüllten Wartezimmern und<br />
den damit verbundenen Wartezeiten ganz zu schweigen.<br />
Alles geht seinen Gang, langsam und mäßig. Die Frage ist, ob jeder<br />
Arbeitgeber diese Einstellung teilt. Wobei ich mich absolut nicht beschweren<br />
darf: Ich habe einen sehr geduldigen Arbeitgeber, eine verständnisvolle<br />
Chefin und einfühlsame Kolleginnen, was ich sehr zu<br />
schätzen gelernt habe und wofür ich sehr dankbar bin. Sie erkundigen<br />
sich in gewissen Zeitabständen nach mir und meinem Gesundheitszustand,<br />
lassen mich in ihren Erzählungen an alltäglichen beruflichen<br />
Situationen und Ereignissen teilhaben und versuchen, mich selbst jetzt<br />
nach inzwischen drei Jahren, trotz meiner Abwesenheit stets auf ihre<br />
Art zu integrieren. Das längere „Kranksein“ bedeutet die stetige Entfernung<br />
von bis dahin Alltäglichem. Man entwickelt seinen eigenen<br />
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