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Traditionen produzierten einige<br />
Winzer, auch solche die aus Norditalien<br />
kamen, an sich gute<br />
Weine. Das milde mediterrane<br />
Klima, die fetten Böden, die «Nettigkeit»<br />
der Natur und die südliche<br />
Mentalität standen Pate. Doch<br />
wäre Merlot wahrscheinlich ein<br />
einfacher Landwein geblieben,<br />
hätten sich nicht Reformen rund<br />
um den Weinbau angekündigt.<br />
Reformen kommen meist aus<br />
dem Norden, da kühleres Klima,<br />
magere Böden und kapriziöse Launen<br />
der Natur die Winzer stärker<br />
herausfordern und von ihnen mehr<br />
abverlangt. Einige Deutschschwei-<br />
Weinbaukanton Tessin<br />
Mit viel Hintergrundwissen<br />
stellt Urs Mäder den Weinbaukanton<br />
und die mitgebrachten<br />
Weine vor. Mit 1’040ha Rebfläche<br />
ist der Kanton Tessin<br />
schweizweit der viertgrösste<br />
Weinbaukanton. Die Hauptrebsorte<br />
ist mit 86% eindeutig<br />
Merlot, die restlichen 14% sind<br />
diverse Rot- und Weisswein-<br />
Sorten , wie Pinot Noir, Gamaret,<br />
Cabernet Sauvignon, Syrah,<br />
Cabernet Franc,<br />
Chardonnay, Chasselas, Sauvignon,<br />
Sémillon sowie die heimischen<br />
Bondola, Americana<br />
(Chatzeseikeler) und weitere.<br />
Im Tessin gibt es ungefähr 30<br />
hauptberufliche und 3’500 nebenberufliche<br />
Winzer, die letzteren<br />
haben durch das Römische<br />
Erbrecht von Generation<br />
zu Generation ein Stück des<br />
Familien-Rebberges geerbt.<br />
Diese Zerstückelung bringt<br />
auch grosse Nachteile, denn<br />
mit ein paar Quadratmetern<br />
Rebfläche lässt sich kaum ein<br />
eigener Wein bereiten. Dazu<br />
kommt, dass die Kellerei-Einrichtungen<br />
eine kostspielige<br />
Angelegenheit ist, so dass die<br />
meisten nebenberuflichen Winzer<br />
ihre Trauben einem hauptberuflichen<br />
verkaufen.<br />
Ami du Vin 3/10<br />
zer Oenologen sind denn auch in<br />
den 80er Jahren ins Tessin gezogen<br />
und haben, wie die Stuckis,<br />
Hubers, Kaufmanns, Zündels und<br />
weitere, die guten Bedingungen<br />
genutzt um noch gehaltvollere,<br />
noch elegantere Weine zu produzieren,<br />
was bei den Einheimischen<br />
nicht nur helle Begeisterung auslöste.<br />
Zahlreiche Querelen waren<br />
die Folge. Doch heute gibt ihnen<br />
der grosse Erfolg recht, und vorzügliche<br />
Weine werden im stilvollen<br />
Kristallglas serviert. Tessiner<br />
Weine sind wieder Weltklasse!<br />
«Bianco di Merlot»<br />
Etwas über zwanzig Jahre ist es<br />
her, als findige Köpfe den «Bianco<br />
di Merlot» erfunden haben, welcher<br />
nicht mit dem Merlot Bianco<br />
(Rebsorte) zu verwechseln ist. Die<br />
Trauben von jungen Reben (bis 7<br />
jährige), die an sich «dünne»<br />
Weine ergeben, sowie eine Frühlese<br />
an alten Rebstöcken bewirken,<br />
dass in der letzten Phase der<br />
Reife die Rebstöcke einerseits<br />
entlastet und die Rotweine andererseits<br />
dann gehaltvoller werden<br />
lässt. Die so gewonnenen blauen<br />
Trauben werden wie Weissweine<br />
gekeltert. Es entsteht der Bianco<br />
di Merlot, ein filigraner süffiger<br />
trockener Weisswein, der inzwischen<br />
viele Liebhaber im In- und<br />
La vie de l’<strong>ANAV</strong><br />
Merlot seit über 100 Jahren Hauptsorte<br />
Die Merlot-Traube hat eine ganz besondere Geschichte im Tessin. Wie aus<br />
Handelsdokumenten in Venedig ersichtlich ist, genossen die Weine aus<br />
dem Tessin bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Weltruf. Aber<br />
als im Jahr 1876 die Reblaus die Reben zerstörte, lag der Weinbau völlig<br />
danieder. 1901 beschloss dann der Grosse Rat des Kantons Tessin, dass im<br />
Weinbau mehr Forschung betrieben und neue Rebsorten angepflanzt werden<br />
sollen. Ein Dottore Alderige Fantuzzi hatte in Mezzana diese Forschungsarbeiten<br />
zu leiten, um die besten Rebsorten zu evaluieren. Fantuzzi<br />
und seine Leute hatten festgestellt, dass Merlot «eindeutig und<br />
signifikant die geeignetste Rebsorte sei» und 1912 hatte der Staatsrat beschlossen,<br />
dass diese Rebsorte im Tessin angepflanzt werden soll. Ein<br />
wahrlich weiser Entscheid! Seither spielt Merlot die erste Geige im Kanton.<br />
Ausland gefunden hat. Eine geniale<br />
Erfindung mit zwei Fliegen<br />
auf einen Klatsch!<br />
Aus dem Stahltank<br />
und der Barrique<br />
Urs Mäder ist buchstäblich Feuer<br />
und Flamme für die Tessiner<br />
Weine und kennt natürlich auch<br />
die Produzenten persönlich. So<br />
zeichnete er nebst den Weinen<br />
auch immer ein erklärendes Bild<br />
der Winzer, deren Hintergrund und<br />
Werdegang. – Die sorgfältig ausgesuchten<br />
Weine waren, ausser<br />
dem Süsswein, alles DOC Ticino<br />
Weine. Die Degustation eröffnete<br />
er mit zwei Bianco di Merlot<br />
«Terre Alte» von Gialdi Vini und<br />
«Corteglia» von Mauro Ortelli.<br />
Dann folgten die Merlot del Ticino<br />
DOC «Tre Terre» von Chiodi Vini<br />
und «Beatrice» von Cormano Vini,<br />
die im Stahltank ausgebaut wurden<br />
und sehr klassisch wirkten.<br />
«Poggio del Cinghiale» von Francesco<br />
Franchini, «Muscino» von<br />
Domingo Rubio, «Terrenobili Riserva»<br />
von Tamborini Vini und<br />
«Rubro» von Valsangiacomo Vini,<br />
sind alles Merlots, welche in Barriques<br />
ausgebaut wurden und zu<br />
den Merlot superiori zählen. Diese<br />
sind allesamt sehr positiv angekommen<br />
und begeisterten echt.<br />
Gefällig auch das Cuvée «Riserva<br />
Tiziano» von Vini Delea ebenfalls<br />
in Barriques ausgebaut. Als Dessertwein<br />
wurde «Afrodite» der<br />
Aziende La Costa kredenzt, der<br />
Aufmerksame Gäste im Landhaus<br />
zu Mehlsecken.<br />
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