Die Stärke der Pferde - Biokreis
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bn_4_11.qxp 01.08.2011 10:17 Seite 37<br />
Sogar einen echten Trauerzug haben<br />
wir auf beson<strong>der</strong>e Anfrage mal gefahren.<br />
(Ehefrau Marlies lacht: „Du<br />
machst uns noch zum Bestattungsunternehmen!“).<br />
Bei <strong>der</strong> Weltmeisterschaft<br />
<strong>der</strong> Viererfahrer in Riesenbeck<br />
(Münsterland) und bei <strong>der</strong> Equitana<br />
sind wir aufgetreten, mal als Feuerwehrgespann,<br />
als Bauernhochzeit o<strong>der</strong><br />
als Ernteumzug. Dabei wurde von einbis<br />
elfspännig (!) gefahren. Im Elferzug<br />
liefen seinerzeit nur Braunschimmelstuten<br />
– ein einmaliger und<br />
unvergessener Anblick. Kritisch wurde<br />
es einmal beim Kölner Karneval, als<br />
mir ein fremdes Gespann beinahe richtig<br />
durchgegangen wäre – da sind wir<br />
später auch nicht mehr mitgefahren.<br />
Und was hat es mit dem legendären<br />
Rennen in Frankreich auf sich?<br />
Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre haben wir zwei<br />
Mal an <strong>der</strong> „ Route du Poisson“ teilgenommen.<br />
Das ist ein Rennen, bei dem<br />
von Bologne sur Mer nach Paris 320<br />
Kilometer in 24 Stunden entlang <strong>der</strong><br />
alten „Fischstraße“ zurückgelegt werden.<br />
Wir waren allein in unserem Team<br />
mit zehn Kaltblutgespannen vor Ort,<br />
neun kamen zum Einsatz und sind<br />
jeweils drei Etappen gefahren.<br />
Und das Ganze mit einer Handvoll<br />
<strong>Pferde</strong>begeisterter?<br />
Eine Handvoll (lacht)? 40 Mann waren<br />
dabei, und mitten drin unsere <strong>Biokreis</strong>ler<br />
Gottfried Erves, Jürgen Schulte<br />
und Egon Berg. Wir sind 1991 und<br />
1993 mitgefahren und beim zweiten<br />
Mal, dank besserer Planung, auch im<br />
vor<strong>der</strong>en Mittelfeld ins Ziel gekommen.<br />
<strong>Die</strong> Franzosen passen schon auf,<br />
Im Umgang mit <strong>Pferde</strong>n strahlt Josef Heer Ruhe<br />
aus. <strong>Die</strong> Arbeit mit ihnen liegt ihm im Blut.<br />
dass man nicht gewinnt… Aber die<br />
begeisterten Menschen nachts an den<br />
Straßen stehen zu sehen und am Ziel<br />
erschöpft über die Champs Elysées zu<br />
fahren – das kann man sich heute gar<br />
nicht mehr vorstellen…(strahlt).<br />
Hat sich dein „<strong>Pferde</strong>feuer“ auf den<br />
Nachwuchs übertragen?<br />
Zum Teil – unser ältester Sohn Peter<br />
(34) ist immer gern geritten und wird<br />
Fachtierarzt für <strong>Pferde</strong>. Ein paar Mal<br />
hat er sogar den schnellsten Dicken auf<br />
<strong>der</strong> Schwartmecke gestellt. Auf <strong>der</strong><br />
Schwartmecke (Kleine Siedlung an <strong>der</strong><br />
B 55 zwischen Lennestadt und Meschede)<br />
findet jährlich eine Hengstschau für<br />
Kaltblüter mit rund 20 Zuchthengsten<br />
statt. Im Rahmenprogramm gibt es ein<br />
Rennen für die Dicken und unser<br />
„Napoleon“ war lange ungeschlagener<br />
Champion im Sauerland. Zwei Rennen<br />
auf dem breiten Rücken eines<br />
Kaltblüters – und du kannst nicht mehr<br />
laufen!<br />
An die Zucht im großen Stil hast du<br />
im <strong>Pferde</strong>- und Rin<strong>der</strong>bereich nie<br />
gedacht?<br />
Nein. Sicher haben wir inzwischen ein<br />
paar Staatsprämienstuten hervorgebracht.<br />
Aber <strong>der</strong> große (Selbst-) Darsteller<br />
auf den Zuchtschauen wollte ich<br />
nie sein – we<strong>der</strong> bei Rin<strong>der</strong>n noch bei<br />
den Kaltblütern.<br />
<strong>Pferde</strong> und Biobetrieb – passt das für<br />
Dich gut zusammen?<br />
Ja, sehr. Im Wald sind die <strong>Pferde</strong> sehr<br />
beweglich, und Rückeschäden durch<br />
schwere Maschinen können wir gut<br />
vermeiden. Auch auf dem Grünland<br />
Leute Titel<br />
würde ich gerne mehr Arbeiten, zum<br />
Beispiel das Abschleppen von Wiesen<br />
o<strong>der</strong> Kalkstreuen mit <strong>Pferde</strong>n machen,<br />
aber dafür fehlt mir die Zeit o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
rüstige Altenteiler. Mit einem Vor<strong>der</strong>wagen<br />
könnte man einiges tun, gerade<br />
an Stellen, an die man aufgrund <strong>der</strong><br />
starken Hangneigung mit dem<br />
Schlepper nicht mehr hinkommt. Und<br />
in <strong>der</strong> Fütterung kommt bei uns eh nur<br />
ökologisches Grundfutter und ein<br />
wenig Biohafer zum Einsatz.<br />
Ihr habt aktuell ein Demonstrationsprojekt<br />
begonnen…<br />
Ja. Um die <strong>Pferde</strong> ein bisschen zu trainieren<br />
und um für die lokale Bevölkerung,<br />
Schulen und Kin<strong>der</strong>garten<br />
etwas zu bieten, haben wir seit diesem<br />
Jahr einen knappen Hektar Acker unter<br />
nahezu reine <strong>Pferde</strong>bewirtschaftung<br />
gestellt. Dort wird geeggt, es werden<br />
Kartoffeln gesetzt, es wird gehäufelt<br />
und Zwischenfrucht gesät. Reihe für<br />
Reihe mit den <strong>Pferde</strong>n abzulaufen –<br />
das sind viele Kilometer und reichlich<br />
Staub.<br />
Wie sieht die <strong>Pferde</strong>zukunft auf dem<br />
Hof Heer aus?<br />
So lange ich da bin, bleiben die <strong>Pferde</strong><br />
auf dem Betrieb. Danach muss man<br />
sehen. Mein jüngster Sohn Andreas<br />
(32) ist forstwirtschaftlich auf dem Hof<br />
aktiv und wird vielleicht die Landwirtschaft<br />
weiterführen. Perspektiven<br />
dafür wären auf jeden Fall vorhanden.<br />
Bleibt die Option des rüstigen Altenteilers<br />
auf dem Vor<strong>der</strong>wagen – wir<br />
bedanken uns für das Gespräch!<br />
Das Interview führte Jörn Ben<strong>der</strong>.<br />
Bild: Jörn Ben<strong>der</strong> Bild: Heer<br />
Knapp einen Hekar Acker bewirtschaftet Josef Heer im Rahmen eines Demonstrationsprojektes nahezu<br />
ausschließlich mit <strong>Pferde</strong>n. Er arbeitet dabei mit alten Geräten.<br />
BioNachrichten 4 | August/September 2011 37