Die Stärke der Pferde - Biokreis
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n_4_11.qxp 01.08.2011 10:19 Seite 40<br />
Biowelt<br />
Haus & Garten<br />
Groß und majestätisch: <strong>Die</strong> Königskerze.<br />
Ein noch heute in katholischen<br />
Gegenden gefeierter Brauch<br />
im Hochsommer ist die Kräuterweihe<br />
des Kräuterbuschen an<br />
Mariä Himmelfahrt am 15. August.<br />
Der Ursprung <strong>der</strong> Kräuterweihe<br />
allerdings reicht weit zurück in die<br />
vorchristliche Zeit und hängt eng<br />
mit <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Ernte zusammen.<br />
Im August erfolgte <strong>der</strong> erste Korn-<br />
Schnitt, Beeren und an<strong>der</strong>es Obst<br />
gab es in Hülle und Fülle zu sammeln,<br />
und viele Kräuter galten in<br />
dieser Zeit als beson<strong>der</strong>s heilkräftig.<br />
Pflanzen sollten das<br />
Bewusstsein verän<strong>der</strong>n<br />
Mit einem prächtigen Kräuterbusch<br />
wurden Ernte und Naturfeste rituell<br />
gefeiert und verschiedenen Göttern<br />
damit gehuldigt. <strong>Die</strong> Zusammenstellung<br />
eines Kräuterbuschens stellte<br />
zudem eine „Haus-Apotheke“ für die<br />
Menschen und ihre Tiere dar. <strong>Die</strong><br />
Menschen verwendeten einzelne Kräuter<br />
daraus auch zu Räucher-Ritualen<br />
etwa in den Rauhnächten, o<strong>der</strong> zu<br />
aphrodisierenden und bewusstseinsverän<strong>der</strong>nden<br />
Zwecken. Gleichfalls wurde<br />
<strong>der</strong> Buschen als Schutz gegen Hagel<br />
schlag, Feuer und sonstigen Unbill<br />
unter dem Dach o<strong>der</strong> im Stall sorgfältig<br />
aufbewahrt. Dem Saatgetreide wurde<br />
etwas davon beigegeben und den<br />
Toten einige Kräuter davon in den Sarg<br />
gelegt.<br />
Doch diese volksheilkundliche Kräuterkunde<br />
wurde von <strong>der</strong> Kirche zum<br />
Teufelswerk erklärt, sah sie doch einen<br />
engen Bezug zu „heidnischem“<br />
Brauchtum, dem größten Gegner<br />
christlicher Missionierung. <strong>Die</strong> Verfolgung<br />
weiser Frauen und Männer<br />
40 BioNachrichten 4 | August/September 2011<br />
Von Kräuterbusch<br />
und Kräuterweihe<br />
Ein Brauch und seine Geschichte<br />
Von Barbara Alt<br />
durch die Kirche ist hinlänglich<br />
bekannt. <strong>Die</strong> Synode von Liftinae, um<br />
745 n. Chr. unter dem Vorsitz des<br />
Bonifatius einberufen, listete den zu<br />
bekämpfenden heidnischen Aberglauben<br />
unter Straftaten auf. <strong>Die</strong> weitere<br />
Durchführung <strong>der</strong> Kräuterweihe<br />
wurde verboten, ebenso zum Beispiel<br />
die Verehrung <strong>der</strong> Bäume (Fällung <strong>der</strong><br />
Donar-Eiche durch Bonifazius).<br />
Kräuter für die Heilige Maria<br />
Das über lange Zeit gehegte Brauchtum<br />
und die Verbundenheit mit <strong>der</strong><br />
Natur ließen sich jedoch nicht einfach<br />
verbieten. Heilende Kräuter waren den<br />
Menschen beson<strong>der</strong>s im Winter wichtig,<br />
und schließlich verständigten sich<br />
die Verantwortlichen <strong>der</strong> katholischen<br />
Kirche darauf, die Heilkräuter <strong>der</strong> heiligen<br />
Maria zu weihen und benannten<br />
den 15. August, die Aufnahme Marias<br />
in den Himmel, gleichwohl als Festtag<br />
<strong>der</strong> Kräuterbusch-Weihe. Heutzutage<br />
findet man aufgrund <strong>der</strong> Klimaverschiebung<br />
und des Artenschwunds<br />
lei<strong>der</strong> im Spätsommer nur noch schwer<br />
alle benötigten Heilpflanzen. Lang<br />
anhaltende Trockenzeiten und eine allgemein<br />
verfrühte Blühphase tun das<br />
ihrige dazu, und schon vor dem Binden<br />
des Buschens sorgen sich die Frauen in<br />
den Frauenbünden darüber, ob sie zum<br />
15. August auch hoffentlich noch alle<br />
notwendigen Kräuter finden.<br />
Der Kräuterbusch – auch genannt<br />
Würzweih, Kräuterwisch, Würzbüschel<br />
und Weihbüschel – ist regional unterschiedlich<br />
bestückt, meistens bildet<br />
jedoch die prächtige Königskerze den<br />
Mittelpunkt. Um sie herum gruppiert<br />
werden z. B. Labkraut, Schafgarbe,<br />
Eisenkraut, Beifuß, Johanniskraut,<br />
Frauenmantel, Kamille, Thymian,<br />
Dost, Ringelblume, Klee und Mädesüß.<br />
Verschiedene Getreidearten und Gartenkräuter<br />
vervollständigen den Buschen.<br />
<strong>Die</strong> Anzahl <strong>der</strong> verschiedenen<br />
im Buschen zusammengebundenen<br />
Pflanzen ist ebenfalls von Region zu<br />
Region zahlensymbolisch unterschiedlich:<br />
Man verwendet zwischen sieben<br />
(Schöpfungstage) und 99 verschiedene<br />
Kräuter.<br />
<strong>Die</strong> Autorin Barbara Alt ist<br />
Kräuterführerin und Leiterin verschiedener<br />
Kräuter-Arbeitskreise für den<br />
Bund Naturschutz im Landkreis<br />
Passau. Sie bietet außerdem Naturund<br />
Landschaftsführungen sowie Wan<strong>der</strong>ungen<br />
durch das Donautal an und<br />
arbeitet bei <strong>der</strong> Naturschutzwacht.<br />
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Bild: Kuhnt